Rz. 19

Die Klage muss beim zuständigen Gericht erhoben werden. Dies folgt aus der dem Grundgesetz entnommenen Verpflichtung, dass jeder nur von seinem sog. gesetzlichen Richter abgeurteilt werden darf. Unter dem gesetzlichen Richter versteht man einen solchen Richter (Einzelrichter oder aus mehreren Richtern bestehenden Spruchkörper), der nach hierfür bereits vor Entstehen des konkreten Prozessverhältnisses aufgestellten allgemeinen Regeln, die für jedermann gelten, ermittelt werden kann. Sinn ist es zu verhindern, dass jemand vor einem zu seinem Nachteil willkürlich ausgesuchten Richter erscheinen muss. Für das Zivilverfahren bedeutet dies, dass Klagen in der gesetzlichen Form bei dem nach den gesetzlichen Regelungen zuständigen Gericht anzubringen sind und bei dem jeweiligen Gericht durch den diesbezüglichen Geschäftsverteilungsplan, der genau regelt, wie konkret – bspw. nach dem Buchstaben, mit dem der Nachname des Beklagten beginnt – bei diesem Gericht die eingehenden Klagen dem jeweils hierfür zuständigen Richter zugeordnet werden.

Bei der Abgrenzung innerhalb der Zivilgerichtsbarkeit betreffend die Bestimmung des zuständigen Eingangsgerichts unterscheidet man die sachliche und die örtlicheZuständigkeit.

1. Sachliche Zuständigkeit

 

Rz. 20

Die sachlicheGerichtszuständigkeit ist im Wesentlichen im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) geregelt. Die für das Zivilverfahren erster Instanz bedeutsamen Vorschriften sind die §§ 23 ff., 71 GVG. Nach der letztgenannten Vorschrift (§ 71 Abs. 1 GVG) sind die Landgerichte insbesondere für alle Streitigkeiten zuständig, die nicht den Amtsgerichten zugewiesen sind.

 

Rz. 21

Amtsgerichtliche Zuständigkeit

Den Amtsgerichten sind nach § 23 Nr. 1 GVG sämtliche vermögensrechtlichen Streitigkeiten mit einem Wert von bis einschließlich 5.000,00 EUR zugewiesen. Darüber hinaus ist § 23 Nr. 2a GVG bedeutsam, wonach die Amtsgerichte unabhängig vom Streitwert für sämtliche Streitigkeiten aus Mietverhältnissen über Wohnraum zuständig sind. Die übrigen in § 23 GVG genannten amtsgerichtlichen Zuständigkeiten sind historischer Natur und haben heute kaum praktische Relevanz.

Die Streitwertbestimmung kann zu einigen Problemen führen, da bei nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten der Wert der Angelegenheit nur schwer abzuschätzen ist, mithin die Gefahr besteht, dass das Gericht sich wegen einer anderen Wertfestsetzung als der vom Rechtsanwalt angenommenen später für sachlich unzuständig erklärt.

Die Amtsgerichte sind im Übrigen für die in § 23a GVG genannten Kindschafts-,Unterhalts- und Ehesachen, Streitigkeiten betreffend das eheliche Güterrecht,Lebenspartnerschaftssachen sowie für die in § 23b GVG genannten Familiensachen zuständig.

 

Rz. 22

Landgerichtliche Zuständigkeit

Sofern nicht die Amtsgerichte zuständig sind, fällt die erstinstanzliche Entscheidung über eine Klage in die sachliche Zuständigkeit der Landgerichte.

2. Örtliche Zuständigkeit

 

Rz. 23

Während die sachliche Zuständigkeit regelt, welches das richtige Eingangsgericht innerhalb der Zivilgerichtsbarkeit ist, bestimmt die örtlicheZuständigkeit, an welchem Ort das betreffende Eingangsgericht anzurufen ist. Die örtliche Zuständigkeit des Gerichts richtet sich dabei nach dem sog. Gerichtsstand, der in den §§ 12 ff. ZPO geregelt ist.

 

Rz. 24

Allgemeiner Gerichtsstand

Gemäß § 12 ZPO ist grundsätzlich örtlich zuständig das Gericht, bei dem eine Person ihren sog. allgemeinen Gerichtsstand hat. Der allgemeine Gerichtsstand einer Person bestimmt sich wiederum normalerweise gem. § 13 ZPO nach deren Wohnsitz, bei natürlichen Personen ohne Wohnsitz nach dem Ort deren Aufenthalts, gibt es auch den nicht, ist maßgeblich der letzte Wohnsitz (§ 16 ZPO). Bei juristischen Personen, die keinen Wohnsitz haben können, ist gem. § 17 ZPO der sog. Sitz des Unternehmens der allgemeine Gerichtsstand. Unter dem Sitz der juristischen Person ist dabei im Regelfall der Ort zu verstehen, wo die Verwaltung des Unternehmens geführt wird (§ 17 Abs. 1 S. 2 ZPO).

 

Rz. 25

Besondere und ausschließliche Gerichtsstände

Neben allgemeinen Gerichtsständen gibt es besondere und ausschließliche Gerichtsstände. BesondereGerichtsstände sind solche, die nicht in erster Linie an die Person des Beklagten anknüpfen, sondern an ihre Tätigkeit, ihr Vermögen oder an das dem Rechtsstreit zugrunde liegende Rechtsverhältnis. Bedeutsame besondere Gerichtsstände sind der Gerichtsstand der gewerblichen Niederlassung, § 21 ZPO, der Gerichtsstand des Vermögens, § 23 ZPO, der Gerichtsstand der Erbschaft, § 27 ZPO, und – sehr häufig vorkommend – der Gerichtsstand des Erfüllungsortes, § 29 ZPO, sowie der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, § 32 ZPO. Besondere Gerichtsstände finden sich nicht nur in der ZPO, sondern auch in Spezialgesetzen, wie z.B. in § 48 Versicherungsvertragsgesetz (VVG).

 

Rz. 26

Für internationale Streitigkeiten im Rahmen der Europäischen Union existiert ein spezielles Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen, EuGVVO. Die EuGVVO ist mit Wirkung vom 10.1.2015 neugefasst worden (Verordnung (EU) Nr. 1215/2012). Dieses bestim...

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