(1) Allgemeines

 

Rz. 37

Zudem wurden durch das Gesetz zum Internationalen Erbrecht und zur Änderung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften (IntErbRVG)[58] nationale Regelungen an die EU-ErbVO angepasst bzw. abgeändert,[59] denn für die Durchführung der EU-ErbVO bedurfte es weiterer nationaler Regelungen insbesondere im Bereich des nationalen Zuständigkeits- und Verfahrensrechts, die der deutsche Gesetzgeber spätestens bis zum Geltungszeitpunkt der EU-ErbVO erlassen musste. Neben umfassenden Anpassungsregelungen für den gesamten Bereich des Erbrechts sieht das Gesetz als "Herzstück" den Erlass eines eigenständigen Internationalen Erbrechtsverfahrensgesetzes (IntErbRVG) vor. In dessen Rahmen werden alle für die Durchführung der EU-ErbVO erforderlichen nationalen Bestimmungen einheitlich geregelt.

[58] Gesetz vom 29.6.2015, BGBl I 2015, 1042.
[59] Vgl. hierzu umfassend Gierl/Köhler/Kroiß/Wilsch, Internationales Erbrecht.

(2) Überblick über die Regelungen des IntErbRVG

 

Rz. 38

Die ersten beiden Abschnitte des IntErbRVG regeln zunächst den Anwendungsbereich (§ 1 IntErbRVG) sowie die örtliche Zuständigkeit für bürgerliche Streitigkeiten (§ 2 IntErbRVG). Darüber hinaus enthält es in § 34 Abs. 1 IntErbRVG eine spezielle Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit für die Erteilung des Europäischen Nachlasszeugnisses (ENZ). Zweck dieser Neuregelung ist es, bei demselben Gericht eine Zuständigkeit sowohl hinsichtlich der Erteilung eines nationalen Erbscheins als auch hinsichtlich eines Europäischen Nachlasszeugnisses zu schaffen,[60] soweit beide Zeugnisse alternativ beantragt werden können.

 

Rz. 39

Darüber hinaus sieht Abschnitt 3 (§§ 330 IntErbRVG) umfangreiche, Art. 3961 EU-ErbVO konkretisierende Regelungen hinsichtlich der Anerkennung und der Vollstreckung ausländischer Titel vor, die sich inhaltlich im Wesentlichen an den entsprechenden Vorschriften des AUG[61] als jüngstes Durchführungsgesetz der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen, teilweise aber auch an entsprechenden Vorschriften des AVAG[62] orientieren.[63] Der insoweit möglichen Regelungsalternative, eine entsprechende Anpassung des AVAG vorzunehmen, wurde eine Absage erteilt, da die Beschreitung eines solchen Weges zu einer Rechtszersplitterung führen[64] und die ohnehin schon unübersichtliche Rechtslage weiter verkomplizieren würde.

 

Rz. 40

Abschnitt 4 sieht des Weiteren spezielle Bestimmungen hinsichtlich der Entgegennahme von Erklärungen der Annahme und Ausschlagung der Erbschaft (§ 31 IntErbRVG) sowie hinsichtlich eines – erstmalig vorgesehenen – staatlichen Aneignungsrechts bei erbenlosen Nachlässen (§ 32 IntErbRVG) vor. Letzteres kann bestehende Regelungslücken im deutschen Sachrecht schließen, die bei der rechtlichen Beurteilung von erbenlosen Nachlässen aufgrund divergierender Ausgestaltung des staatlichen Erwerbs solcher Nachlässe in den einzelnen Rechtsordnungen auftreten können (vgl. hierzu Art. 33 EU-ErbVO).

Die unionsrechtlichen Vorschriften bezüglich des Europäischen Nachlasszeugnisses (Art. 6273 EU-ErbVO) konkretisierende Durchführungsbestimmungen enthält Abschnitt 5 (§§ 3344 IntErbRVG).

 

Rz. 41

Zuletzt sind Art. 59 EU-ErbVO ergänzende Vorschriften hinsichtlich der Authentizität von Urkunden in Abschnitt 6 (§§ 45 f. IntErbRVG) sowie spezielle Zuständigkeitsregelungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in § 47 IntErbRVG im 7. Abschnitt geregelt.

[60] Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, S. 1.
[61] Auslandsunterhaltsgesetz (BGBl I 2011 S. 898.).
[63] Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, S. 1, 44; vgl. im Einzelnen a.a.O. S. 44–47.
[64] So ausdrücklich der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, S. 2, 38.

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