Rz. 132

Im Rahmen eines jeden Pflichtteilsprozesses ist darauf zu achten, dass sich der Pflichtteilsanspruch durch lebzeitige Vorempfänge des Erblassers modifizieren kann, und zwar sowohl zugunsten des Pflichtteilsberechtigten, wenn z.B. seinen Geschwistern ausgleichspflichtige Zuwendungen gemacht wurden, aber auch zu seinen Lasten, wenn er selbst Vorempfänge zur Ausgleichung bringen muss, die er vom Erblasser erhalten hat, oder wenn eines seiner Geschwister Leistungen nach § 2057a BGB erbracht hat.

 

Rz. 133

Anspruchsgrundlage für den Auskunftsanspruch hinsichtlich der lebzeitigen Vorempfänge ist die Vorschrift des § 2057 BGB. Danach sind die Abkömmlinge verpflichtet, über diejenigen Zuwendungen, die sie seitens des Erblassers erhalten haben und die nach §§ 2050 ff. BGB ausgleichspflichtig sein könnten, den übrigen Abkömmlingen Auskunft zu erteilen. Zur Auskunft verpflichtet, aber auch berechtigt, sind danach grundsätzlich nur die Abkömmlinge. Dies gilt sowohl im Falle der gesetzlichen Erbfolge als auch für den Fall, dass nach § 2052 BGB eine der gesetzlichen Erbfolge quotengleiche Erbeinsetzung erfolgte. Da auch der pflichtteilsberechtigte Abkömmling, der nicht Erbe geworden ist, auf die Kenntnis der ausgleichungspflichtigen Vorempfänge angewiesen ist, steht ihm ebenfalls ein Auskunftsanspruch nach § 2057 BGB zu.[236]

 

Rz. 134

Inhaltlich erfasst der Anspruch nach § 2057 BGB auch die Angabe eines Wertes des empfangenen Gegenstands, des Zeitpunkts der Zuwendung und möglicher Anordnungen des Erblassers, die im Zusammenhang mit der Übertragung erfolgten.[237]

 

Rz. 135

Auch im Rahmen des Ausgleichsanspruchs nach § 2057 BGB kann im Wege einer Stufenklage vorgegangen werden. So kann z.B. zur Vorbereitung des Pflichtteilsanspruchs in der ersten Stufe ein Auskunftsbegehren hinsichtlich der ausgleichungspflichtigen Vorempfänge und in der zweiten Stufe der Antrag auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung erfolgen. Ferner bietet es sich an, ein Zahlungsbegehren zu stellen, wenn außer den streitigen Vorempfängen die sonstigen Voraussetzungen des Pflichtteils geklärt sind.

 

Rz. 136

Muster 14.2: Auskunftsklage hinsichtlich ausgleichungspflichtiger Vorempfänge

 

Muster 14.2: Auskunftsklage hinsichtlich ausgleichungspflichtiger Vorempfänge

An das Landgericht _________________________

Klage

des _________________________, wohnhaft in _________________________

– Kläger –

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt _________________________

gegen

_________________________, wohnhaft in _________________________

– Beklagter –

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt _________________________

wegen Auskunft und eidesstattlicher Versicherung

Vorläufiger Streitwert: _________________________ EUR

Namens und in Vollmacht des von uns vertretenen Klägers werden wir im Termin zur mündlichen Verhandlung was folgt beantragen:

1. Der Beklagte wird verurteilt, Auskunft zu erteilen über alle ihm vom Erblasser _________________________ zu dessen Lebzeiten zugewandten Vorempfänge, die eine Ausgleichungspflicht nach den §§ 2050, 2316 ff. BGB begründen können.
2. Für den Fall, dass die Auskunft nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt worden sein sollte, wird der Beklagte weiter verurteilt, zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Angaben so vollständig gemacht hat, wie er dazu imstande war.

Begründung:

Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage Auskunft über Vorempfänge, die der Beklagte zu Lebzeiten vom Erblasser erhalten hat.

Der Beklagte und der Kläger sind die einzigen Abkömmlinge des am _________________________ in _________________________ verstorbenen Erblassers _________________________ Der Beklagte ist durch letztwillige Verfügung vom _________________________ zum Alleinerben des Erblassers bestimmt worden. Er hat die Erbschaft angenommen. Mit Datum vom _________________________ wurde dem Beklagten ein Erbschein ausgestellt.

Beweis: Erbschein des Amtsgerichts – Nachlassgericht _________________________

Der Nachlass des Erblassers besteht aus einem Hausanwesen in _________________________, eingetragen im Grundbuch von _________________________, Band _________________________, Flur-Nr. _________________________, und einem Barvermögen i.H.v. _________________________ EUR.

Beweis: Schreiben des gegnerischen Prozessbevollmächtigten einschließlich vorgelegten Nachlassverzeichnisses

Der Kläger begehrt nunmehr Auskunft darüber, ob der Beklagte Vorempfänge seitens des Erblassers zu dessen Lebzeiten erhalten hat, die er nach den Vorschriften der §§ 2050 ff. BGB unter Abkömmlingen zur Ausgleichung zu bringen hat. Der Auskunftsanspruch begründet sich auf § 2057 BGB.

Dem pflichtteilsberechtigten Abkömmling steht der Auskunftsanspruch nach § 2057 BGB zu, auch wenn er nicht Erbe geworden ist, da er für die Berechnung seines Pflichtteilsanspruchs nach § 2316 BGB auf die Kenntnis der ausgleichungspflichtigen Vorempfänge angewiesen ist (MüKo-BGB/Ann, § 2057 Rn 3).

Der Beklagte hat eine Auskunftserteilung hinsichtlich der Vorempfänge abgelehnt. Ins...

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