Rz. 215

Da es sich beim Pflichtteilsanspruch grundsätzlich um einen Zahlungsanspruch handelt, kann der Pflichtteilsberechtigte diesen durch Leistungsklage geltend machen. Der Pflichtteilsberechtigte ist zuvor nicht verpflichtet, Auskunftsklage zu erheben oder beide Ansprüche in Form einer Stufenklage miteinander zu verbinden. Liegt eine auslegungsbedürftige letztwillige Verfügung hinsichtlich der Frage, wer Erbe geworden ist, vor, bietet es sich auch an, zunächst auf Feststellung des Erbrechts und hilfsweise auf Zahlung des Pflichtteilsanspruchs zu klagen.[355]

 

Rz. 216

Eine unmittelbare Erhebung der Zahlungsklage ohne die Geltendmachung der Hilfsansprüche (Auskunft, Wertermittlung) bietet sich jedoch nur dann an, wenn der Pflichtteilsberechtigte gesicherte Kenntnis über den Umfang des Nachlasses und konkrete Anhaltspunkte über die Bewertung der einzelnen Nachlassgegenstände hat. Der Vorteil der direkten Geltendmachung des Zahlungsanspruchs liegt dann sicherlich darin, dass der Pflichtteilsberechtigte "relativ" schnell zu seinem Geld kommt.

 

Rz. 217

Ferner wird in der Praxis der Auskunftsanspruch seitens des Pflichtteilsschuldners in den meisten Fällen außergerichtlich erfüllt, ebenso der Wertermittlungsanspruch. Für ein direktes Vorgehen durch Erhebung der Zahlungsklage spricht des Weiteren, dass der Wertermittlungsanspruch i.d.R. von einem durch den Pflichtteilsschuldner beauftragten Sachverständigen erfüllt wird. Der Pflichtteilsschuldner ist dann auch Auftraggeber gegenüber dem Sachverständigen, was für ihn i.d.R. ein "positives" Ergebnis mit sich bringt.

 

Rz. 218

Der Wertermittlungsanspruch ist in der Tat lediglich zur Abschätzung des Kostenrisikos des Pflichtteilsberechtigten brauchbar.[356] Der Pflichtteilsberechtigte selbst wird daher im Rahmen der Leistungsklage für die Höhe der Bewertung der Nachlassgegenstände einen weiteren Beweisantrag bezüglich der Erstellung eines Sachverständigengutachtens stellen, dies insbesondere dann, wenn das im Rahmen des Wertermittlungsanspruchs vorgelegte Gutachten nicht nach den erforderlichen Regeln oder nicht von einem öffentlich vereidigten Sachverständigen[357] erstellt wurde.[358] Es ist daher im Vorfeld mit dem Mandanten bereits eine intensive Abwägung vorzunehmen, ob sich der Weg über die zumeist langwierige Stufenklage lohnt oder ob der Zahlungsanspruch direkt geltend gemacht werden soll.

[356] Vgl. BGHZ 107, 200; OLG Düsseldorf FamRZ 1997, 58.
[357] Vgl. Bißmaier, ZEV 1997, 149.
[358] Zu den persönlichen Voraussetzungen des Sachverständigen vgl. Staudinger/Herzog, § 2314 Rn 131.

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