Rz. 117

 

Beispiel 1

Der Antragsteller forderte 5.000,00 EUR. Er hat dem Anwalt die angefallenen 1,0 Gebühren für das VKH-Verfahren und weitere 100,00 EUR als Vorschuss bezahlt. Es wurde ihm Verfahrenskostenhilfe gegen Raten bewilligt. Der Rechtsstreit wird durchgeführt.

Es fallen folgende Gebühren an:

 
Im sogenannten Reichenrecht (Tabelle § 13 RVG) entstehen:  
1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG    
(Wert: 5.000,00 EUR)   393,90 EUR
1,2 Terminsgebühr Nr. 3104 VV RVG    
(Wert: 5.000,00 EUR)   363,60 EUR
    757,50 EUR
Die Verfahrenskostenhilfegebühren betragen nur (Tabelle § 49 RVG):
1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3335 VV RVG    
(Wert: 5.000,00 EUR) 334,10 EUR  
1,2 Terminsgebühr Vorb. 3.3.6, Nr. 3104 VV RVG  
(Wert: 5.000,00 EUR) 308,40 EUR  
  642,50 EUR  
    757,50 EUR
    – 642,50 EUR
Die weitere Vergütung (§ 50 RVG) beträgt also:   115,00 EUR

Der Mandant hat bezahlt:

 
1,0 Verfahrensgebühr Nr. 3335 VV RVG 303,00 EUR  
er hat außerdem bezahlt als Vorschuss 100,00 EUR  
  403,00 EUR  
Hieraus wird auf die weitere Vergütung verrechnet: – 115,00 EUR  
Es verbleiben: 288,00 EUR  
Die Staatskasse bezahlt auf die VKH-Vergütung statt 642,50 EUR
wegen Abzugs von   – 288,00 EUR
nur noch:   354,50 EUR
 

Rz. 118

Verständlicherweise hat sich die Frage gestellt, ob dieses Ergebnis nicht zugunsten des Mandanten änderbar ist, indem vor der Zahlung vereinbart wird, dass alles, was andernfalls der Staatskasse zugute käme, dem Mandanten zurückzubezahlen ist. Es ist umstritten, ob eine solche Vereinbarung statthaft ist. Die Interessen des Mandanten und die Interessen der Staatskasse stehen sich deutlich gegenüber. Nach h.M. sind solche Vereinbarungen wirksam.[142]

 

Beispiel 2

Über einen Wert von 15.000,00 EUR wird der Mandant zunächst außergerichtlich vertreten. Der Anwalt berechnet und erhält die Geschäftsgebühr mit 1,3. Sodann beginnt das Hauptsacheverfahren. Der Mandant erhält Verfahrenskostenhilfe. Am Ende des Verfahrens macht der Anwalt seine Gebühren bei der Staatskasse geltend und teilt mit, dass er eine 1,3 Geschäftsgebühr mit 845,00 EUR bereits vom Mandanten erhalten hat. Die Staatskasse rechnet nun gem. § 58 Abs. 2 RVG:

Unter den Voraussetzungen des § 50 i.V.m. § 13 RVG würde ein Anspruch bestehen i.H.v.:

 
1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG  
(Wert: 15.000,00 EUR) 845,00 EUR
1,2 Terminsgebühr Nr. 3104 VV RVG  
(Wert: 15.000,00 EUR) 780,00 EUR
  1.625,00 EUR

Hierauf ist die Hälfte der Geschäftsgebühr anzurechnen:

 
Anrechnung gem. Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG – 422,50 EUR
  1.202,50 EUR

Aus der Staatskasse erhält der Anwalt aber nur die Gebühren gem. Tabelle zu § 49 RVG:

 
1,3 Verfahrensgebühr  
(Wert: 15.000,00 EUR) 445,50 EUR
1,2 Terminsgebühr  
(Wert: 15.000,00 EUR) 402,00 EUR
  847,50 EUR

Trotz der Anrechnung der halben Geschäftsgebühr hat der Anwalt also immer noch nicht die volle Vergütung gem. Tabelle zu § 13 (= weitere Vergütung gem. § 50) RVG erhalten. Es wird deswegen nichts auf die VKH-Gebühren angerechnet. Eine Anrechnung auf die VKH-Gebühren findet nur statt, wenn die Reichenrechtsgebühren abzüglich der Anrechnung so viel ausmachen, dass nicht nur die Differenz zu den VKH-Gebühren davon abgedeckt ist, sondern noch ein größerer oder kleinerer Teil der VKH-Gebühren dadurch bezahlt werden kann.

[142] Für die Zulässigkeit h.M. AnwK-RVG/N. Schneider/Fölsch, § 58 RVG Rn 30 f.; ebenso Riedel/Sußbauer/Schmahl, § 58 RVG Rn 11; Hartmann, § 58 RVG Rn 12; für die Zulässigkeit auch Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, § 58 RVG Rn 13: Wenn der Mandant bestimmt hatte, dass nur auf die Differenz Wahlanwaltsvergütung/Verfahrenskostenhilfevergütung anzurechnen ist, ist dies möglich. Dann wird nicht auf die VKH-Vergütung angerechnet, sondern, wenn zu viel bezahlt wurde, wird an den Mandanten zurückvergütet.

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