aa) Anrechnungsfälle

 

Rz. 23

Die Beratungshilfegebühr ("Schutzgebühr") gem. Nr. 2500 VV RVG wird nicht angerechnet. Die Beratungsgebühr (Nr. 2501 VV RVG) wird gem. Anm. Abs. 2 auf Geschäfts- und Verfahrensgebühren vollständig angerechnet, auch auf eine Gebühr gem. Nr. 2503 VV RVG; die Geschäftsgebühr (Nr. 2503 VV RVG) wird gem. Anm. Abs. 2 S. 1 auf die Verfahrensgebühr zur Hälfte, gem. Anm. Abs. 2 S. 2 auf die Gebühr für die Vollstreckbarkeitserklärung (Nr. 3100 VV RVG) zu ¼ angerechnet.

bb) Anrechnung in den Fällen mit Verfahrenskostenhilfe

 

Rz. 24

Die Frage ist, ob die Beratungsgebühr Nr. 2501 VV RVG, wenn das nachfolgende Verfahren in Verfahrenskostenhilfe betrieben wird, erst auf die Verfahrenskostenhilfevergütung oder zunächst auf die (fiktive) Wahlanwaltsvergütung angerechnet wird.[17] Der gleiche Streit herrscht bzgl. der Anrechnung der Geschäftsgebühr gem. Anm. Abs. 2 zu Nr. 2503 VV RVG.

Es wird vertreten, dass – soweit angerechnet wird – zunächst auf die fiktive Wahlanwaltsgebühr anzurechnen ist;[18] nach h.M. wird aber unmittelbar auf die Verfahrenskostenhilfevergütung angerechnet.[19] Die h.M. begründet dieses Ergebnis damit, dass § 58 Abs. 2 RVG nur die Anrechnung von nach Teil 3 des VV RVG entstandenen Gebühren betrifft.

 

Rz. 25

 

Beispiel

F lässt sich wegen einer Zugewinnforderung von 8.000,00 EUR in Beratungshilfe außergerichtlich vertreten. Anschließend führt der Anwalt den Prozess für sie über diese 8.000,00 EUR in Verfahrenskostenhilfe.

 
Für die außergerichtliche Vertretung waren angefallen:  
Geschäftsgebühr Nr. 2503 VV RVG 85,00 EUR
Als Verfahrenskostenhilfevergütung fällt sodann an:  
1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG, § 49 RVG 373,10 EUR,

Auf diese sollen nach h.M. die 85,00 EUR zu ½ angerechnet werden, die Vergütung aus der Staatskasse für die Verfahrensgebühr soll also nur noch 330,60 EUR betragen.

Die gegenteilige Meinung ist darauf gestützt, dass Anm. Abs. 2 zu Nr. 2503 VV RVG die Anrechnung dem Grunde nach anordnet, das Wie der Anrechnung aber in § 58 Abs. 2 RVG geregelt ist. Nach dieser Meinung wird also wie folgt gerechnet:

 
Für die außergerichtliche Vertretung war angefallen:  
Geschäftsgebühr Nr. 2503 VV RVG   85,00 EUR
Nach dem RVG würde im Verfahren folgende Wahlanwaltsvergütung anfallen:    
Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG, § 13 RVG 592,80 EUR  
Die Verfahrenskostenhilfevergütung beträgt:    
Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG, § 49 RVG – 373,10 EUR  
Differenz   219,70 EUR
Hierauf wird die Geschäftsgebühr    
gem. Nr. 2503 VV zu ½ angerechnet   – 42,50 EUR
Gebührenaufkommen   177,20 EUR

Nachdem durch die Anrechnung der Betrag der Differenz zwischen der Verfahrenskostenhilfe- und der Wahlanwaltsvergütung nicht erreicht wird, wird nichts auf die Verfahrenskostenhilfevergütung angerechnet, diese vielmehr in voller Höhe vom Staat gefordert, also 373,10 EUR.

Für die Anrechnung der Beratungsgebühr (Anm. Abs. 2 zu Nr. 2501 VV RVG) gilt sinngemäß das Gleiche.

[17] AnwK-RVG/Fölsch, VV 2501 Rn 16 ff., 21 f.
[18] AnwK-RVG/Fölsch, VV 2503 Rn 21 f.
[19] Gerold/Schmidt/Mayer, VV 2500–2508 Rn 36; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, § 58 RVG Rn 29 ff.

cc) Gebühren, auf die angerechnet wird

 

Rz. 26

Die Anm. Abs. 2 zu Nr. 2503 VV RVG beginnt mit den Worten "auf die Gebühren für ein anschließendes gerichtliches … Verfahren". Hieraus wird verschiedentlich hergeleitet, dass nicht nur auf die Verfahrensgebühr, sondern auf jede Gebühr (zur Hälfte) angerechnet wird.[20] Der Wortlaut könnte für diese Auslegung sprechen. Gemeint ist der Fall, dass die Geschäftsgebühr gem. Nr. 2503 VV RVG höher ist als die im nachfolgenden Verfahren entstehende Verfahrensgebühr nach der Tabelle § 49 RVG. Der Rest, der nach vollständiger Anrechnung auf die Verfahrensgebühr bleibt, soll dann auf die Terminsgebühr und ggf. die Einigungsgebühr angerechnet werden (zur Hälfte).[21] M.E. sollte Abs. 2 der Anm. so verstanden werden, dass die Mehrzahl "Gebühren" gewählt ist, weil sowohl das gerichtliche als auch das behördliche Verfahren angesprochen wird. Das erscheint auch deshalb richtig, weil die Anrechnung auf Terminsgebühr und Einigungsgebühr ganz außergewöhnlich wäre und die ohnehin stark gekürzten Gebühren des Anwalts noch weiter verringert würden.

[20] Gerold/Schmidt/Mayer, VV 2500–2508 Rn 36; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, § 58 RVG Rn 31; Hansens/Braun/Schneider, Teil 7, Rn 84.
[21] Gerold/Schmidt/Mayer, VV 2500–2508 Rn 36 m.w.N.

dd) Nur teilweise Weiterbearbeitung der Gegenstände

 

Rz. 27

Wenn nur ein Teil der Gegenstände, die zunächst Gegenstand der Beratung waren und später Gegenstand der außergerichtlichen Vertretung oder eines gerichtlichen Verfahrens werden, stellt sich die Frage, ob die Beratungsgebühr/Geschäftsgebühr der Beratungshilfe vollständig oder teilweise (teilweise z.B. nach Verfahrenswerten) anzurechnen ist.

Für die Beratungsgebühr gem. Nr. 2501 VV RVG besteht Einigkeit, dass sie auch in diesen Fällen in voller Höhe auf die nachfolgende Geschäfts- oder Verfahrensgebühr angerechnet wird.[22] Für die Geschäftsgebühr (Nr. 2503 VV RVG) wird das Gleiche vertreten, indem verlangt wird, dass sich die Gegenstände im Rahmen der Beratungshilfetätigkeit und im Rahmen des anschließenden Verfahrens "zumind...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge