Rz. 107

Wenn das Mandat von Anfang an lautet, dass ein Verfahren in Verfahrenskostenhilfe geführt werden soll, entstehen für den Anwalt zwar die Gebühren gem. Tabelle § 13 RVG, sie unterliegen aber der Sperre.[131] Es kommt aber vor, dass sich die Notwendigkeit Verfahrenskostenhilfe zu beantragen erst im Laufe des Verfahrens ergibt. Bis zur Beiordnung sind dann schon Gebühren angefallen. Es ist zu fragen, ob und unter welchen Voraussetzungen diese Gebühren vom Mandanten verlangt werden dürfen, wenn nach dem Entstehen der Gebühren die Verfahrenskostenhilfe bewilligt und die Beiordnung ausgesprochen wird. Ein ähnliches Problem entsteht, wenn der Anwalt das Verfahrenskostenhilfeverfahren durchgeführt hat und anschließend Bevollmächtigter im Hauptsacheverfahren wird und dort in Verfahrenskostenhilfe tätig ist. Die vor dem Einsetzen der Verfahrenskostenhilfe entstandenen Gebühren sind u.U. höher als die Gebühren, die in Verfahrenskostenhilfe entstehen.

 

Rz. 108

 

Beispiel

Der Anwalt führt das VKH-Verfahren über 10.000,00 EUR für den Mandanten durch und erhält die Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Er führt sodann das Hauptsacheverfahren in Verfahrenskostenhilfe durch. Sowohl im Bewilligungsverfahren als auch im Hauptsacheverfahren wird mündlich verhandelt.

Der Anwalt hat zunächst im Bewilligungsverfahren verdient:

 
1,0 Verfahrensgebühr Nr. 3335 VV RVG  
(Wert: 10.000,00 EUR) 558,00 EUR
1,2 Terminsgebühr Vorb. 3.3.6, Nr. 3100 VV RVG  
(Wert: 10.000,00 EUR) 669,60 EUR
  1.227.60

Diese Gebühren wurden nach der Tabelle nach § 13 RVG verdient.

Im anschließenden Hauptsacheverfahren über den gleichen Verfahrenswert eigentlich (d.h. nach Tabelle zu § 13 RVG):

 
1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG  
(Wert: 10.000,00 EUR) 725,40 EUR
1,2 Terminsgebühr Nr. 3104 VV RVG  
(Wert: 10.000,00 EUR) 669,60 EUR
  1.395,00 EUR

Die Verfahrenskostenhilfegebühren, die der Anwalt von der Staatskasse erhält (§ 49 RVG), betragen aber nur:

 
1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG  
(Wert: 10.000,00 EUR) 399,10 EUR
1,2 Terminsgebühr Nr. 3104 VV RVG  
(Wert: 10.000,00 EUR) 368,40 EUR
  767,50 EUR

Die Gebühren gem. Tabelle § 13 RVG im anschließenden Hauptsacheverfahren können infolge der VKH-Bewilligung nicht geltend gemacht werden. Die Gebühren nach Reichenrecht im Bewilligungsverfahren sind verdient und die Frage ist, inwieweit sie angesichts der bewilligten Verfahrenskostenhilfe geltend gemacht werden können. Im Beispiel unter Rdn 108 sind die Verfahrens- und die Terminsgebühr vor und nach der Beiordnung angefallen. Sie werden also von der Sperre erfasst und können, solange die Bewilligung besteht, nicht geltend gemacht werden.

[131] A.A. Zimmermann, S. 318 Rn 589 m.w.N.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge