Rz. 10

Ein Verhandlungsgehilfe (Vertreter, Vermittler, Sachwalter) kann wegen Verletzung vorvertraglicher Pflichten auch dann selbst haften, wenn er an dem angestrebten Geschäft ein unmittelbares eigenes wirtschaftliches Interesse hat, das so stark ist, dass es demjenigen des Geschäftsherrn vergleichbar ist, sodass der Gehilfe aus wirtschaftlicher Sicht gleichsam in eigener Sache verhandelt hat.[23]

 

Rz. 11

Dafür reicht das normale Geschäfts-, Entgelt- oder Provisionsinteresse eines Angestellten, Prokuristen, Handelsvertreters, Geschäftsführers oder Gesellschafters einer GmbH oder eines Versicherungsagenten, das nur ein mittelbares Interesse am Verhandlungserfolg begründet, nicht aus.[24]

Sagt dagegen der Verhandlungsgegner dem Verhandlungsführer des anderen Teils eine "Provision" ("Schmiergeld") zu für den Fall, dass es zum Vertragsschluss kommt, darf der Vertreter ohne Aufklärung des Vertretenen im Zweifel keinen Vertrag mit dem bestechenden Verhandlungspartner schließen; wird der vom bestochenen Verhandlungsvertreter ausgehandelte Vertrag nicht von diesem, sondern vom vertretenen Geschäftsherrn selbst abgeschlossen, liegt zumindest ein Verschulden bei Vertragsschluss ggü. dem Geschäftsherrn vor, dem die Schmiergeldzahlung verheimlicht wird.[25] Einer solchen Haftung kann auch ein Auftragnehmer unterliegen, der seinen Auftraggeber im Rahmen vorvertraglicher Verhandlungen nicht darüber aufklärt, dass er dem künftigen Baubetreuer des Auftraggebers eine Provision zugesagt hat.[26]

[23] BGHZ 56, 81, 83 f. = NJW 1971, 1309; BGH, NJW 1986, 180, 181 (Steuerberater); BGH, NJW 1991, 32, 33 (Rechtsanwalt); BGH, NJW-RR 1991, 1241, 1242; BGHZ 126, 181, 183 ff. = NJW 1994, 2220; BGH, NJW 1997, 1233, 1234; BGH, WM 2003, 34, 35 = NJW-RR 2002, 1309; BGHZ 159, 94, 102 = WM 2004, 1404 = NJW 2004, 2523; BGH, 11.1.2007 – III ZR 193/05, WM 2007, 585, 586, Tz. 9 = NJW-RR 2007, 1362, 1363; BGH, 2.6.2008 – II ZR 210/06, BGHZ 177, 25, 29, Tz. 12 = WM 2008, 1545, 1546.
[24] BGHZ 56, 81, 84 = NJW 1971, 1309; BGHZ 88, 67, 70 = NJW 1983, 2696; BGHZ 126, 181, 183 ff. = NJW 1994, 2220; BGH, NJW 1986, 586, 587 f.; BGH, NJW 1990, 506; BGH, NJW-RR 1991, 1241, 1242; BGH, NJW 1997, 1233 = WM 1997, 1431, 1432; BGH, WM 2003, 34, 35 = NJW-RR 2002, 1309; BGH, 19.10.2006 – III ZR 122/05, WM 2006, 2301, 2303, Tz. 14 = NJW-RR 2007, 348; OLG Koblenz, NJW-RR 2003, 1198; zur Haftung eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH aus einem selbstständigen Garantieversprechen: BGH, WM 2001, 1565 = NJW-RR 2001, 1611.
[25] BGH, NJW 2001, 1065, 1066 f. = WM 2001, 457, 458 f.
[26] BGHZ 114, 87, 90 ff. = NJW 1991, 1818.

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