a) Grundlagen

 

Rz. 197

Es handelt sich hierbei um eine Verletzung, bei der die tragende, in der Horizontalebene stehende, Gelenkfläche der Tibia betroffen ist. Ursächlich ist häufig ein Sturz, aber auch ein Auffahrunfall im Straßenverkehr. Aufgrund des geringen Weichteilmantels handelt es sich in ca. einem Viertel der Fälle um offene Frakturen. Generell kann gesagt werden, dass dies eine der schwierigsten und komplikationsreichsten Verletzungen überhaupt ist. Aus ärztlicher und arzthaftungsrechtlicher Sicht sind das Sprungbein und das Fersenbein zu prüfen. Es sind in der Regel sehr viele Operationen notwendig. Auch erfahrene Unfallchirurgen tun sich mit derartigen Verletzungen schwer. Es kommt sehr häufig zu Einschränkungen der Belastbarkeit und Funktion des Gelenks. Ferner ist die Prognose natürlich abhängig von der Zerstörung der Gelenksfläche. Insgesamt handelt es sich um eine sehr komplizierte Fraktur.

b) Arztkontakt/Rücksprache

 

Rz. 198

Hier sind Unfallchirurg, Orthopäde und/oder Physiotherapeut zu kontaktieren.

c) Komplikationen, Spätfolgen und Risiken

 

Rz. 199

Die Prognose hängt davon ab, inwieweit es zu Zerstörungen der Gelenksfläche und Beschädigungen der Weichteile gekommen ist und ob es sich um Mehrfachverletzungen handelt. Es kann zu Wundheilstörungen kommen, zu starken Infektionen, zu Pseudarthrosen (siehe Rdn 293), zu Thrombosen (siehe Rdn 298 f.), zum Kompartmentsyndrom (siehe Rdn 266 f.), zu Nervenverletzungen und Verletzungen von Blutgefäßen. Es gibt bei derartigen Frakturen auch eine lange Schwellneigung mit erheblichen Schmerzen. Mitunter kann es auch zu chronischen Schwellneigungen des Beins kommen.

All diese Komplikationen sind im Rahmen einer eventuellen Abfindungserklärung bei Unterschenkelfrakturen und Sprunggelenksfrakturen immer mit zu berücksichtigen.

 

Rz. 200

Es bestehen natürlich auch die allgemeinen Operationsrisiken wie Thrombose, Nervenschädigungen, Infektionen und Embolie (siehe Rdn 299, 298, 264, 253).

 

Rz. 201

Da die Prognose bei derartigen Frakturen oftmals schlecht ist, sind auch der Beruf und das soziale Umfeld des Geschädigten zu überprüfen und festzustellen, ob beruflich eventuell eine starke Belastbarkeit des Beines notwendig ist. Muss der Geschädigte lange stehen oder viel laufen, so ist dies in die Überlegung bei Abfindungserklärungen mit einzubeziehen, da der Geschädigte dann mitunter später seinen Beruf nicht mehr ausüben kann und er bei einer vorbehaltlosen Abfindung keinen Gehaltsdifferenzschaden oder Erwerbsschaden mehr geltend machen kann.

 

Rz. 202

Insofern haben Unterschenkelfrakturen und Sprunggelenksfrakturen fast immer Auswirkungen auf den Beruf und die Haushaltsführung, da sie häufig hochgradig instabile Frakturen sind. Schließlich kann es auch zur sog. Arthrodese, d.h. zur operativen Versteifung des Gelenks kommen. Auch dies bedeutet eine erneute Operation mit den sich ergebenden Risiken und natürlich die mögliche Komplikation einer Versteifung eines Gelenks.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge