Rz. 36

Soweit ein Telearbeiter seinen Wohnsitz (§ 8 AO) oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) im Inland hat und im Ausland arbeitet, unterliegen seine Einkünfte gleichwohl nach § 1 Abs. 1 S. 1 EStG der deutschen Besteuerung. Der inländische Arbeitgeber wäre danach zur Abführung der Lohnsteuer verpflichtet.

 

Rz. 37

Besteht wegen der Tätigkeit des Telearbeiters im Ausland auch in diesem Land ein Anknüpfungspunkt für eine Besteuerung, so richtet sich die Aufteilung der Besteuerung zwischen Wohnsitz- und Tätigkeitsstaat regelmäßig nach dem jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), falls ein solches zwischen beiden Staaten abgeschlossen wurde. Da die meisten DBA in Inhalt und Aufbau dem Musterabkommen der OECD (OECD-MA) folgen, werden nachfolgend exemplarisch nur die Regelungen des OECD-MA angesprochen.

 

Rz. 38

Die Aufteilung des Besteuerungsrechts bei nichtselbstständiger Arbeit ist in Art. 15 OECD-MA geregelt. Nach Art. 15 Abs. 1 OECD-MA liegt bei der Erbringung nichtselbstständiger Arbeit das Besteuerungsrecht beim Wohnsitzstaat, es sei denn, die Tätigkeit wird in dem anderen Staat ausgeübt; in diesem Fall liegt das Besteuerungsrecht beim Tätigkeitsstaat. Als Ausnahme zu diesem Grundsatz fällt das Besteuerungsrecht gem. Art. 15 Abs. 2 OECD-MA wiederum dem Wohnsitzstaat zu, wenn der Telearbeiter nur vorübergehend im Ausland tätig wird und nicht von einem im Tätigkeitsstaat ansässigen Arbeitgeber entlohnt wird. Art. 15 Abs. 2 OECD-MA stellt hierfür drei Voraussetzungen auf:

 

Rz. 39

Der Arbeitnehmer hält sich insgesamt nicht länger als 183 Tage innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten, der während des betreffenden Steuerjahres beginnt oder endet, im Tätigkeitsstaat auf,
die Vergütung wird von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt, der nicht im Tätigkeitsstaat ansässig ist,
die Vergütung wird nicht von einer Betriebsstätte getragen, die der Arbeitgeber im Tätigkeitsstaat hat.[29]

Liegen diese Voraussetzungen vor, so liegt das Besteuerungsrecht beim Wohnsitzstaat.

 

Rz. 40

 

Beispiel

Der Telearbeiter hat seinen Wohnsitz in Deutschland und hält sich für 180 Tage im Jahr in einem ausländischen Staat auf, um von dort seiner Tätigkeit nachzugehen. Seine Vergütung erhält er unmittelbar von seinem deutschen Arbeitgeber, der die Vergütung nicht von einer im Tätigkeitsstaat errichteten Betriebsstätte zahlen lässt. Besteht mit dem ausländischen Tätigkeitsstaat ein DBA mit einer dem Art. 15 OECD-MA entsprechenden Regelung, so unterliegt die Tätigkeit der deutschen Einkommensteuer. Der Arbeitgeber ist zur Abführung der Lohnsteuer verpflichtet.

 

Rz. 41

Besteht zwischen Wohnsitz- und Tätigkeitsstaat kein DBA, ist der Arbeitgeber zum Lohnsteuerabzug verpflichtet. Einer möglichen Doppelbesteuerung kann der Telearbeiter durch die Ermäßigungsvorschrift des § 34c EStG begegnen.

[29] Einzelheiten zur 183-Tage-Regelung in BMF 3.5.2018 IV B 2 – S 1300/08/10027, BStBl I 2018, 643.

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