Rz. 97

Erklärt der Beklagte nicht selbst die Hauptsache für erledigt, nachdem er etwa die Klageforderung ausgeglichen hat, muss er auf die Erledigungserklärung des Klägers hin erwägen, ob er sich dieser anschließt.

 

Rz. 98

Der Beklagte wird sich dann der Erledigungserklärung des Klägers anschließen, wenn die ursprüngliche Klage des Klägers tatsächlich zulässig und begründet war und das erledigende Ereignis nach Rechtshängigkeit eingetreten ist.

 

Rz. 99

Dagegen wird der Beklagte der Erledigungserklärung widersprechen,[91] wenn die ursprüngliche Klage des Klägers entweder unzulässig oder aber unbegründet war oder nach Auffassung des Beklagten ein erledigendes Ereignis nicht stattgefunden hat. Anderes dürfte nur dann in Betracht kommen, wenn der Kläger die Übernahme der Kosten des Rechtsstreits erklärt hat, so dass eine vereinbarte Kostenentscheidung nach § 91a ZPO ergehen kann, die dann zusätzlich die Kostenprivilegierung nach Nr. 1211 Nr. 4 KVGKG auslöst.

 

Rz. 100

Musste der Beklagte sich bis zum Inkrafttreten des Justizmodernisierungsgesetzes zumindest konkludent der Erledigungserklärung des Klägers anschließen, hat der Gesetzgeber mit dem Justizmodernisierungsgesetz in Anlehnung an die Regelung in § 269 Abs. 2 S. 4 ZPO bei der Klagerücknahme eine Zustimmungsfiktion eingeführt. Danach gilt, dass der Beklagte sich der Erledigungserklärung angeschlossen hat, wenn er nicht binnen einer Notfrist von zwei Wochen seit Zustellung der Erledigungserklärung des Klägers dieser widerspricht, soweit er auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.

 

Rz. 101

Erforderlich für die Zustimmungsfiktion nach § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO ist also

die Erklärung des Klägers, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist,
die Zustellung der Erklärung an den Beklagten,

der mit der Zustellung verbundene Hinweis auf die Zustimmungsfiktion mangels eines Widerspruchs binnen einer Notfrist von zwei Wochen,

 

Hinweis

Der BGH hat hierzu inzwischen entschieden, dass nach Fristablauf kein Raum für eine Kostenentscheidung ist, wenn der Beklagte auf die Folgen seiner mangelnden Erklärung nicht hingewiesen wurde.[92] Allerdings bleibt es auch in diesem Fall möglich, dass eine konkludente Zustimmung angenommen wird, wenn sich dies aus den Umständen ergibt.[93]

der Ablauf der Notfrist von zwei Wochen.
 

Rz. 102

Die Rechtsfolge ist mit dem Mandanten explizit zu besprechen: Während der Beklagte bei einem Widerspruch und der Umdeutung der bisherigen Leistungsklage des Klägers in eine Feststellungsklage die Möglichkeit hat, den Prozess zu gewinnen und so die volle Kostentragung des Klägers zu erreichen, läuft er bei einer Entscheidung nach § 91a ZPO Gefahr, zumindest einen Teil der Kosten tragen zu müssen, weil das Gericht vor einer Beweisaufnahme keine abschließende Prognose über den Ausgang des Verfahrens abgeben kann.

 

Rz. 103

 

Hinweis

Da es sich nach § 91a Abs. 1 S. 2 ZPO um eine Notfrist handelt und diese nach § 224 ZPO nicht verlängert werden kann, hilft in diesem Fall nur ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand,[94] soweit das Fristversäumnis weder auf ein Verschulden der Partei selbst noch auf ein der Partei nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden des Bevollmächtigten zurückgeht.

 

Rz. 104

 

Tipp

Voraussetzung für einen Wiedereinsetzungsantrag ist in jedem Fall, dass die Frist auch tatsächlich versäumt wurde. Wurde die Frist erst gar nicht in Gang gesetzt, weil etwa die Erledigungserklärung

nicht zugestellt wurde,
nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde,
ohne die Belehrung über die Folgen der Fristversäumung zugestellt wurde,

so muss dies gesondert geltend gemacht werden. Dies sollte dann lediglich hilfsweise mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verbunden werden. Soweit das Gericht bereits nach § 91a ZPO über die Kosten des Rechtsstreits entschieden hat, muss dies mit der sofortigen Beschwerde nach § 91a Abs. 2 ZPO verbunden werden.

 

Rz. 105

Widerspricht der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers, so muss dieser erneut prüfen, ob die Klage ursprünglich tatsächlich zulässig und begründet war und die Erledigung der Hauptsache nach Rechtshängigkeit eingetreten ist.

 

Rz. 106

Ist dies der Fall, muss der Kläger seine Klage auf eine Feststellungsklage dahin umstellen,[95] dass das erkennende Gericht nunmehr feststellt, dass die Hauptsache der zuvor zulässigen und begründeten Klage erledigt ist.

[91] Muster eines Widerspruchs des Beklagten gegenüber der Erledigungserklärung des Klägers unter Rdn 648.
[94] Muster hierzu unter Rdn 647.
[95] Muster einer Klageumstellung des Klägers nach dem Widerspruch des Beklagten gegenüber der Erledigungserklärung unter Rdn 649.

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