Rz. 79

Der Geschädigte muss so weit wie möglich konkrete Anhaltspunkte für die Erwerbsprognose dartun. Im Bereich der haftungsausfüllenden Kausalität kommen dem Geschädigten die Beweiserleichterungen der § 252 S. 2 BGB, § 287 ZPO zu Gute.

 

Rz. 80

Nach § 252 S. 2 BGB kommt es darauf an, welcher Gewinn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, im Besonderen nach den getroffenen Vorkehrungen und Anstalten, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Der Geschädigte muss dabei nicht zur vollen Gewissheit darlegen, dass der Gewinn auch erzielt worden wäre; es reicht vielmehr anstelle des positiven Nachweises eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Gewinnentganges. Konnte der Gewinn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden, dann ist zu vermuten, dass er auch gemacht worden wäre.[79] Volle Gewissheit, dass der Gewinn gezogen worden wäre, ist nicht erforderlich.[80]

 

Rz. 81

Der Geschädigte muss aber die Umstände darlegen und beweisen, aus denen er nach dem gewöhnlichen Verlauf oder nach den besonderen Umständen des Falles seine Gewinnerwartung herleitet.[81] Stehen diese Tatsachen dann zur Überzeugung des Gerichts fest, genügt es, wenn der Gewinn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte;[82] wobei solche Tatsachen, die selbst zum gewöhnlichen Lauf der Dinge gehören, nicht bewiesen werden brauchen.[83] Welche Tatsachen zum gewöhnlichen Lauf der Dinge gehören und welche Tatsachen so wesentlich sind, dass sie vom Kläger dargelegt und gegebenenfalls bewiesen werden müssen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und lässt sich daher nicht ein für alle Male festlegen.[84]

 

Rz. 82

Anders als beim Verdienstausfall aus abhängiger Arbeit (dort hat sich letztlich nur die Netto-Methode als brauchbar erweisen, siehe § 4 Rn 272) hat der Selbstständige Anspruch auf Ersatz der anhand des Betriebsergebnisses konkret festzustellenden Gewinnminderung,[85] wobei er sich ersparte Aufwendungen anrechnen lassen muss. Der Selbstständige kann den Verdienstausfall oder entgangenen Gewinn als Bruttobetrag fordern,[86] der dann der Einkommensteuer unterliegt.[87]

[79] BGH v. 19.10.2005 – VIII ZR 392/03 – BGHReport 2006, 163 = JR 2007, 27 (Anm. Spallino) = MDR 2006, 501 = NJW 2006, 843 (nur Ls.) = NJW-RR 2006, 243 = WM 2006, 544; BGH v. 9.6.1970 – VI ZR 155/68 – VersR 1970, 860; BGH v. 2.12.1969 – VI ZR 238/68 – VersR 1970, 256 (Arbeitgeberauskunft als Schätzungsgrundlage); BGH v. 13.6.1967 – VI ZR 12/66 – VersR 1967, 903.
[80] BGH v. 24.10.2006 – X ZR 124/03 – BauR 2007, 375 = BGHReport 2007, 190 = NJW-RR 2007, 325 = WM 2007, 303; BGH v. 26.7.2005 – X ZR 134/04 – BauR 2005, 1922 = NJW 2005, 3348 = MDR 2006, 320 = VersR 2006, 131 = WM 2005, 2303 (An das Vorbringen eines selbstständigen Unternehmers, ihm seien erwartete Gewinne entgangen, dürfen wegen der damit regelmäßig verbundenen Schwierigkeiten keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden [BGH v. 9.4.1992 – IX ZR 104/91 – NJW-RR 1992, 997]); BGH v. 2.5.2002 – III ZR 100/01 – BB 2002, 1336 = DB 2002, 1931 = MDR 2002, 892 = NJW 2002, 2556 = WM 2002, 1177 = ZIP 2002, 1586. KG v. 16.1.1997 – 12 U 6048/95 – juris.
[81] BGH v. 15.3.1988 – VI ZR 81/87 – DAR 1988, 268 = LM Nr. 38 zu § 252 BGB = MDR 1988, 849 = NJW 1988, 3016 = NZV 1988, 134 = VersR 1988, 837 = VRS 75, 161 = zfs 1988, 310 (Auch die durch § 252 BGB eingeräumte Möglichkeit, seinen Schaden nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge, also abstrakt rechnen zu können, ändert nichts daran, dass eine Berechnung des Erwerbsschadens ohne jede Berücksichtigung der konkreten Entwicklung des Unternehmens nicht zulässig ist. § 287 ZPO, § 252 BGB verlangen für die Schadensberechnung die schlüssige Darlegung von Ausgangs- bzw. Anknüpfungstatsachen. Sie sind die Grundlage, auf der das Ermessen bei einer Beweiswürdigung nach § 287 ZPO und die Wahrscheinlichkeitsprüfung nach § 252 S. 2 BGB gründen. Für die Schadensberechnung benötigt der Richter als Ausgangssituation greifbare Tatsachen, da sich nur anhand eines bestimmten Sachverhalts sagen lässt, wie die Dinge sich weiterentwickelt haben würden. Der Geschädigte muss auch bei Anwendung des § 252 BGB die Tatsachen im Einzelnen darlegen und beweisen, die seine Gewinnerwartung wahrscheinlich machen sollen.); OLG Brandenburg v. 29.4.2010 – 12 U 184/09 – SP 2010, 288; OLG München v. 4.5.2007 – 10 U 3439/05 – (BGH hat die Revision nicht angenommen, Beschl. v. 12.2.2008 – VI ZR 151/07 –).
[82] BGH v. 6.2.2001 – VI ZR 339/99 – BGHReport 2001, 376 = DAR 2001, 266 = EWiR 2001, 567 (nur Ls.) (Anm. Grunsky) = IBR 2001, 543 (nur Ls.) (Anm. Groß) = LM BGB § 252 Nr. 81 = MDR 2001, 689 = NJW 2001, 1640 = NZV 2001, 210 = PVR 2001, 243 (nur Ls.) (Anm. Halm) = r+s 2001, 285 = SP 2001, 158 = VerkMitt 2002, Nr. 1 = VRS 100, 241, BGH v. 16.3.1959 – III ZR 20/58 – BB 1959, 506 = BGHZ 29, 393 = DB 1959, 540 (nur Ls.) = MDR 1959, 557 = NJW 1959, 1079 = VersR 1959, 473 (nur Ls.); OLG München v. 4.5.2007 – 10 U 3439/05 (BGH hat d...

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