Rz. 196

Es sind Fälle bekannt geworden, bei denen zu lange Bedienkabel zur Anwendung kamen, die dann ab Mai 2015 entsprechend vom Hersteller gekürzt wurden oder werden sollten. Im November 2015 sind dann Fälle bekannt geworden, in denen die Monitorkabel das zulässige Maß überschritten haben.

Da die max. Kabellänge in der Bauartzulassung vorgeschrieben wurde (siehe technische Daten), handelt es sich bei der Verwendung von längeren Kabeln um einen Verstoß gegen die Bauartzulassung. Die Kabellängen sind begrenzt, da längere Kabel grundsätzlich das Empfangen von Funkstörungen ermöglichen. Je länger ein Kabel ist, desto empfänglicher ist es für Störungen. Die Kabel wurden entsprechend der angegebenen Längen auf ihre elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) geprüft. Sind die Kabel länger als dort angeben, ist der dazugehörige Prüfbericht nicht mehr anwendbar. Rein technisch gesehen ist die Verwendung von längeren Kabeln allerdings eher unproblematisch, es werden dort keine messrelevanten Daten übertragen, d.h. die Anschlüsse sind rückwirkungsfrei. Auch die Zulassungsbehörde (PTB) gab an, dass dies unproblematisch sei.

Seitens des Herstellers wurde versucht, einen Nachtrag in der Zulassung zu veranlassen. Hierzu wurde zumindest für die Bedienkabel ein EMV-Prüfbericht erstellt, der auch die längeren Kabel beinhaltet. Nachträge in der Bauartzulassung sind aber seit dem 1.1.2015 (Änderung der Gesetze, Einführung des Konformitätsbewertungsverfahrens) nicht mehr möglich, weshalb die Kabelverbindungen auf das zulässige Maß gekürzt werden mussten. Mittlerweile sollte diese Problematik keine Relevanz mehr besitzen, die entsprechenden Belege sollten aber dennoch eingesehen werden.

 

Rz. 197

Auch der Prüfling, der bei der PTB hinterlegt ist, soll diese zu langen Kabel besessen haben, weshalb von einigen Sachverständigen die generelle Zulassung des Gerätes angezweifelt wird. Demzufolge soll die PTB bzw. der Hersteller die erforderlichen EMV-Prüfungen nicht vollständig durchgeführt haben. Nach Ansicht des Autors ist dies aber eher eine rechtlich zu wertende Problematik, siehe unten Rdn 200 ff.

 

Rz. 198

Wie bereits bei den Auswerteanforderungen ausgeführt, wurde zwischenzeitlich festgestellt, dass es bei diesem Gerät unter bestimmten Umständen zu Messwertabweichungen oberhalb der Verkehrsfehlergrenzen kommen kann. Dies basierte zunächst auf einer Versuchsreihe von Sachverständigenkollegen, bei denen sich gezeigt hatte, dass es zu Messwertabweichungen kommen kann, wenn das Kennzeichen nicht oder nur zu einem geringen Anteil im Messung-Start-Bild (innerhalb des Messfeldrahmens) zu sehen ist. Dabei stellte sich heraus, dass das Messgerät anfällig für Abgleiteffekte ist, wenn das Kennzeichen zu Messbeginn nicht im Erfassungsbereich liegt. Dies sollte dann im Dezember 2020 mittels einer Ergänzung der GBA behoben werden, indem dort die Auswerteanforderungen dahingehend abgeändert wurden, dass nun das Kennzeichen in der Breite gesehen zumindest zum Teil (doppelte Kennzeichenhöhe) im Messung-Start-Bild zu sehen sein muss. Damit sollte sichergestellt werden, dass das Kennzeichen auch erfasst werden kann.

Im Rahmen einer weiteren Versuchsreihe wurde dann jedoch festgestellt, dass es trotz dieser neuen Anforderung in der GBA zu Messwertabweichungen oberhalb der Verkehrsfehlergrenzen kommen kann. Hierzu wurden zusätzliche Reflektoren am oder auch im Fahrzeug angebracht, die bewirkten, dass auch dort Abgleiteffekte (Stufenprofileffekte) auftraten. Es zeigte sich, dass dies auch dann der Fall ist, wenn das Kennzeichen im Messung-Start-Bild in ausreichendem Maß zu sehen ist. Die genannten zusätzlichen Reflektoren wurden u.a. auch im Fahrzeug positioniert, sodass diese von außen bzw. anhand der Fotos nicht zweifelsfrei erkennbar waren, z.B. in Form von Warnwesten über dem Beifahrersitz. Dies bedeutet, dass solche Reflektoren anhand des Bildmaterials nicht sicher auszumachen sind, zumal eine Warnweste auch nicht gerade unüblich ist.

Auch dies konnte die PTB dann verifizieren. Sie stellte ebenfalls Abweichungen oberhalb der Verkehrsfehlergrenzen fest. Laut PTB sollen sich diese zwar ausschließlich zugunsten der Betroffenen ausgewirkt haben, was aber technisch gesehen unerheblich ist. So müssen die Geräte die Verkehrsfehlergrenzen generell einhalten, also unabhängig davon, ob eine positive oder negative Abweichung vorlag, damit die Gerätezulassung Bestand haben kann.

Mit Schreiben vom 12.3.2021 hat der Hersteller dann die Verwender mit der Aufforderung angeschrieben, von einer weiteren Nutzung des Messgerätes abzusehen.

Seitens der PTB wurde mit Schreiben vom 1.4.2021 darauf hingewiesen, dass diese die zuständigen Behörden der Markt- und Verwendungsaufsicht sowie den Hersteller umgehend informiert hat. In einem nächsten Schritt sollte dann eine "Abstimmung über die weitere Verfahrensweise mit den hierfür zuständigen Stellen" erfolgen.

Mit Schreiben vom 9.6.2021 teilte die PTB dann mit, dass die internen Abstimmungen abgeschlossen seien.

Wie die internen Abst...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge