Rz. 253

Werden die Verhandlungen nicht vor Gericht geführt, sondern außerhalb eines gerichtlichen Termins, würde die Ermäßigung der Nr. 3101 Nr. 2 VV dem Wortlaut nach nicht greifen. Es würde dann nach dem Wortlaut die volle 1,3-Verfahrensgebühr anfallen. Aus dem Mehrwert entsteht nämlich auf jeden Fall eine Terminsgebühr. Damit wird aber das Geschäft betrieben (Vorbem. 3 Abs. 2 VV), sodass auch eine Verfahrensgebühr anfällt. Insoweit dürfte eine planwidrige Lücke vorliegen. Man wird auch auf diesen Fall den Ermäßigungstatbestand der Nr. 3101 Nr. 2 VV entsprechend anwenden müssen.

 

Beispiel 157: Verhandeln über weiter gehende nicht anhänge Ansprüche mit Mehrwert

In einem Rechtsstreit über 10.000,00 EUR verhandeln die Anwälte telefonisch über die Klageforderung und weiter gehende nicht anhängige 5.000,00 EUR. Eine Einigung kommt nicht zustande.

Aus dem Wert der anhängigen Ansprüche (10.000,00 EUR) entsteht die 1,3-Verfahrensgebühr. Aus dem Wert der nicht anhängigen Gegenstände (5.000,00 EUR) entsteht unter Beachtung des § 15 Abs. 3 RVG in entsprechender Anwendung der Nr. 3101 Nr. 2 VV nur eine 0,8-Verfahrensgebühr. Die Terminsgebühr entsteht aus dem Gesamtwert.

Abzurechnen ist wie im Beispiel 154.

Zur Anrechnung, soweit über die weiter gehenden Gegenstände ein gerichtliches Verfahren später noch anhängig wird oder soweit eine Geschäftstätigkeit nachfolgt, siehe § 14 Rdn 1 ff. und § 8 Rdn 74.

 

Rz. 254

Bloße Verhandlungen über weiter gehende nicht anhängige Gegenstände sind auch schon vor Klageerhebung möglich. Sofern bereits ein Verfahrensauftrag besteht, wird insoweit wiederum eine 0,8-Verfahrensgebühr ausgelöst (siehe Rdn 227 ff.). Da jetzt auch für die in dem Verfahren geltend zu machenden Gegenstände nur eine 0,8-Verfahrensgebühr anfällt (Nr. 3101 Nr. 1 VV), entsteht einheitlich eine 0,8-Verfahrensgebühr aus dem Gesamtwert.

Hinzu kommt eine Terminsgebühr aus dem Gesamtwert (zur Terminsgebühr bei unbedingtem Verfahrensauftrag siehe Rdn 237).

 

Beispiel 158: Vorzeitige Erledigung bei Besprechungen auch über nicht anhängige Ansprüche

Der Anwalt erhält den Auftrag für eine Klage über 10.000,00 EUR. Bevor die Klage eingereicht wird, verhandelt der Anwalt nochmals mit dem Gegner und versucht, eine Einigung über die 10.000,00 EUR sowie über weiter gehende nicht anhängige 5.000,00 EUR zu erzielen. Die Verhandlungen scheitern.

Aus dem Wert des Klageauftrags (10.000,00 EUR) entstehen eine 0,8-Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 1 VV und eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV.

Aus dem Wert der weiteren Gegenstände (5.000,00 EUR) entsteht wiederum eine 0,8-Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 2 VV. Darüber hinaus wird auch eine Terminsgebühr ausgelöst, da es für deren Entstehung nicht darauf ankommt, ob die Gegenstände, über die verhandelt oder erörtert wird, anhängig sind (arg. e Anm. Abs. 2 zu Nr. 3104 VV).[112]

 
1. 0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 Nr. 1 u. 2 VV   574,40 EUR
  (Wert: 15.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   861,60 EUR
  (Wert: 15.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.456,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   276,64 EUR
Gesamt   1.732,64 EUR

Zur Anrechnung, soweit über die weiter gehenden Gegenstände ein gerichtliches Verfahren später noch anhängig wird oder soweit eine Geschäftstätigkeit nachfolgt, siehe § 14 Rdn 1 ff. und § 8 Rdn 74.

 

Rz. 255

War eine Geschäftstätigkeit (auch) hinsichtlich der mit einbezogenen Gegenstände vorausgegangen, ist die Geschäftsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV hälftig anzurechnen.

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