Rz. 141

Gem. § 115 Abs. 2 S. 3 VVG tritt mit der Anmeldung des Anspruches beim Haftpflichtversicherer Hemmung der Verjährung ein. Der Direktanspruch gegen den Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer ist ebenso wie der Schadensersatzanspruch gegen den Versicherten vom Zugang der Anmeldung beim Versicherer bis zu dessen Entscheidung in Textform gehemmt.

 

Rz. 142

Eine allgemeine Anspruchsanmeldung reicht aus. Sie erstreckt sich dann im Zweifel auf alle Unfallfolgen. Die Anmeldung durch den Geschädigten erfasst hinsichtlich der Hemmung alle in Betracht kommenden Ersatzansprüche, sogar diejenigen, die evtl. bereits auf eintrittspflichtige Leistungsträger übergegangen sind (BGH zfs 1992, 162; NJW 1997, 3447). An die Anmeldung nach § 115 Abs. 2 S. 3 VVG sind geringe Anforderungen zu stellen (BGH NJW 1982, 1761). Es genügt, dass der Versicherer unterrichtet wird, dass aus dem Unfallereignis Ersatzansprüche erhoben werden. Die Hemmung bezieht sich sowohl auf Ansprüche aus dem StVG als auch auf solche aus unerlaubter Handlung, es sei denn, die Anmeldung ist ihrem Inhalt nach eindeutig auf bestimmte Ansprüche beschränkt. Dies ist aber im Zweifel nicht der Fall. Ferner wirkt die Hemmung gem. § 115 Abs. 2 S. 4 VVG auch gegenüber den ersatzpflichtigen Versicherten.

 

Rz. 143

Die Hemmung endet erst, wenn der Haftpflichtversicherer abschließend Stellung nimmt. Nur eine eindeutige und in Textform erfolgende Entscheidung beendet die Hemmung, sodass auch ein jahrelanges Ruhen der Regulierungsverhandlungen zu keiner Beendigung der Hemmung führt (OLG Oldenburg VersR 2018, 25). Nicht nur eine ablehnende, sondern auch eine positive Entscheidung des Versicherers beseitigt die Hemmung der Verjährung (BGH NJW 1991, 1945; zfs 1999, 9). So gering die Anforderungen an eine Anmeldung sind, so hoch sind die Anforderungen der Rechtsprechung an eine abschließende Stellungnahme. Eine solche Entscheidung liegt nicht bereits in einem (oder mehreren) Abrechnungsschreiben, in denen der Versicherer Zahlungsanforderungen des Geschädigten nach unten korrigiert (BGH VersR 1996, 369). Auch ist ein Schreiben des Geschädigten, in dem er eine mündliche Ablehnung durch den Versicherer bestätigt, nicht der nach § 115 Abs. 2 S. 3 VVG erforderlichen Entscheidung in Textform des Versicherers gleichzusetzen (BGH NZV 1997, 227). Eine Beendigung der Verjährungshemmung tritt nur dann ein, wenn der Anspruchsteller aufgrund der Entscheidung des Versicherers sicher sein kann, dass auch künftige Forderungen aus dem Schadensfall freiwillig bezahlt werden, sofern er die entsprechenden Schadensposten der Höhe nach ausreichend belegt. Dementsprechend muss die Erklärung zu den Ansprüchen erschöpfend, umfassend und endgültig sein (BGH r+s 1996, 90; BGH v. 14.3.2017 – VI ZR 226/16 – DAR 2017, 702; OLG Frankfurt zfs 2018, 510). Dabei ist ein in der vorbehaltlosen Ersatzleistung auf einzelne Schadenspositionen liegendes, zu einem Neubeginn der Verjährung des Gesamtanspruchs führendes Anerkenntnis i.S.d. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB einer die Verjährungshemmung des § 115 Abs. 2 S. 3 VVG beendenden Entscheidung nicht ohne weiteres gleichzusetzen; Verjährungsneubeginn und Verjährungshemmung können in entsprechenden Fällen nebeneinander treten (OLG Frankfurt zfs 2018, 510).

 

Rz. 144

Dem Erfordernis der Eindeutigkeit und Endgültigkeit einer Erklärung im Sinne des § 115 Abs. 2 S. 3 VVG ist genügt, wenn die Reaktion des Versicherers zweifelsfrei erkennen lässt, dass er gegen den Grund des Anspruchs keine Einwendungen erhebt und er auch die Höhe künftiger Forderungen gegebenenfalls dann nicht beanstanden wird, wenn sie belegt werden (OLG Rostock DAR 2002, 128; OLG Hamm DAR 2002, 127).

 

Rz. 145

Ein Abfindungsvergleich dagegen (auch einer unter Vorbehalt) beendet regelmäßig die Hemmung (BGH r+s 1999, 109; OLG Hamm r+s 1999, 105). Ein solcher Abfindungsvergleich, in dem eindeutig die Einstellung des Kfz-Versicherers zum Ausdruck kommt, dass die Schadensregulierung endgültig abgeschlossen ist, beendet die Hemmung der Verjährung gem. § 115 Abs. 2 S. 3 VVG sogar für die in diesem Vergleich vorbehaltenen Ansprüche auf Ersatz erst in Zukunft möglicher materieller Schäden, soweit diese von der Anspruchsanmeldung umfasst sind (BGH zfs 2002, 226 ff. = DAR 2002, 209; a.A. OLG Frankfurt zfs 2002, 277 ff. = DAR 2002, 267; siehe auch LG Lüneburg zfs 2002, 279 f. m. Anm. Diehl).

 

Rz. 146

Ein Zukunftsschadensvorbehalt stellt auch keinen Verzicht auf die Einrede der Verjährung dar. Hier hilft nur ein Feststellungstitel oder eine titelgleiche Erklärung des Versicherers weiter.

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