Rz. 30

Kommt es im Beweisverfahren zu einer Einigung, so entsteht die Einigungsgebühr grundsätzlich in Höhe von 1,5. Die Anhängigkeit im Beweisverfahren ist unerheblich (arg. e. Nr. 1003 VV).

 

Beispiel 12: Beweisverfahren mit Besprechung und Einigung

Der Anwalt führt ein Beweisverfahren über Baumängel in Höhe von 30.000,00 EUR. Nach Erhalt des Gutachtens verhandeln die Anwälte telefonisch zur Vermeidung eines Hauptsacheverfahrens und erzielen eine Einigung.

Es entsteht neben der 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV und der 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV wiederum eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 Nr. 1 VV, und zwar ebenfalls in Höhe von 1,5. Zwar ist jetzt die Sache anhängig; jedoch ist in Nr. 1003 VV die Reduzierung wegen bloßer Anhängigkeit im selbstständigen Beweisverfahren ausgeschlossen. Erst dann, wenn die Hauptsache bereits anhängig ist, reduziert sich die Einigungsgebühr.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   1.241,50 EUR
  (Wert: 30.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   1.146,00 EUR
  (Wert: 30.000,00 EUR)    
3. 1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 Nr. 1 VV   1.432,50 EUR
  (Wert: 30.000,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 3.840,00 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   729,60 EUR
Gesamt   4.569,60 EUR
 

Rz. 31

Ebenso unschädlich ist ein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das selbstständige Beweisverfahren (Anm. zu Nr. 1003 VV RVG).[6] Ist allerdings die Hauptsache schon anhängig oder hierfür bereits Prozesskostenhilfe beantragt, ist die Einigungsgebühr nach Nr. 1003 VV zu ermäßigen.

 

Beispiel 13: Beweisverfahren mit Besprechung und Einigung bei anhängigem Prozesskostenhilfeantrag für die Hauptsache

Der Anwalt führt ein Beweisverfahren mit Gegenstandswert in Höhe von 30.000,00 EUR. Nach Erhalt des Gutachtens verhandeln die Anwälte zunächst erfolglos, sodass der Antragsteller Prozesskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren beantragt. Anschließend einigen sich die Parteien doch noch im Beweisverfahren.

Abzurechnen ist zunächst wie im vorangegangenen Beispiel 12. Allerdings entsteht die Einigungsgebühr nach Nrn. 1000 Nr. 1, 1003 VV jetzt nur noch in Höhe von 1,0. Zwar steht die Anhängigkeit im Beweisverfahren einer 1,5-Gebühr nicht entgegen; da jedoch schon für die Hauptsache Prozesskostenhilfe beantragt worden ist, greift Anm. zu Nr. 1003 VV.

(Zur Abrechnung und Anrechnung im nachfolgenden Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren siehe unten Rdn 58).

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   1.241,50 EUR
  (Wert: 30.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   1.146,00 EUR
  (Wert: 30.000,00 EUR)    
3. 1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000 Nr. 1, 1003 VV   955,00 EUR
  (Wert: 30.000,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 3.362,50 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   638,88 EUR
Gesamt   4.001,38 EUR
 

Rz. 32

Die Besprechung und Einigung müssen dabei nicht mit der Gegenpartei oder deren Bevollmächtigtem erfolgen. Auch Besprechungen und Einigungen mit Dritten reichen im Rahmen der Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV aus. Solche Fälle sind etwa gegeben, wenn z.B. nach Einleitung des Beweisverfahrens der Sachbearbeiter des Haftpflicht- oder Schadensversicherers anruft, um den Schaden einvernehmlich zu regulieren oder wenn sich der Antragsteller im Bauprozess an den "falschen" Antragsgegner gewandt hat und der tatsächlich verantwortliche Unternehmer sich dann zwecks Regelung beim Antragsteller meldet.

 

Rz. 33

In Betracht kommt auch, dass im selbstständigen Beweisverfahren weitere Gegenstände in eine Einigung mit einbezogen werden. Es gilt dann das Gleiche wie im gerichtlichen Verfahren (siehe § 13 Rdn 261 ff.).

 

Beispiel 14: Beweisverfahren mit Besprechung und Einigung auch über weiter gehende Ansprüche

Der Anwalt führt ein Beweisverfahren (Gegenstandswert: 30.000,00 EUR). Nach Erhalt des Gutachtens verhandeln die Anwälte telefonisch zur Vermeidung eines Hauptsacheverfahrens und erzielen eine Einigung, in die sie weitere nicht anhängige Mängel in Höhe von 20.000,00 EUR einbeziehen.

Die 1,5-Einigungsgebühr nach Nr. 1000 Nr. 1 VV und die 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV entstehen aus dem Gesamtwert von 50.000,00 EUR. Die Verfahrensgebühr entsteht zu 1,3 aus 30.000,00 EUR (Nr. 3100 VV) und zu 0,8 aus 20.000,00 EUR (Nr. 3101 Nr. 2 VV), da sich insoweit die Sache vorzeitig erledigt hat. Zu beachten ist § 15 Abs. 3 RVG. Es darf nicht mehr als eine Gebühr nach dem höchsten Satz aus dem Gesamtwert berechnet werden.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV
  (Wert: 30.000,00 EUR) 1.241,50 EUR  
2. 0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 Nr. 2 VV
  (Wert: 20.000,00 EUR) 657,60 EUR  
  gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als   1.662,70 EUR
  1,3 aus 50.000,00 EUR    
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   1.534,80 EUR
  (Wert: 50.000,00 EUR)    
4. 1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 Nr. 1 VV   1.918,50 EUR
  (Wert: 50.000,00 EUR)    
5. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 5.136,00 EUR  
6. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   975,8...

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