Rz. 2

Im Bereich der Personenschäden tritt zwangsläufig die Frage nach einer privaten Unfallversicherung auf. Jeder Anwalt, der Personenschäden bearbeitet, sollte daher seinen Mandanten fragen, ob dieser über Personenversicherungen, wie z.B. die private Unfallversicherung, verfügt. In größeren Kanzleien ist es manchmal üblich, dass ein Sachbearbeiter den Bereich des Versicherungsrechts bearbeitet und der andere Sachbearbeiter den Bereich des Verkehrsrechts. Auch in diesen Fällen ist zwangsläufig eine Kommunikation der einzelnen Dezernate notwendig. Zum einen deshalb, weil die Bearbeitung der privaten Unfallversicherungsangelegenheit eine neue Sache ist und somit ein neues Mandat darstellt. Zum anderen deshalb, weil z.B. aus den Arztberichten, die in derselben Sache eingeholt werden, aber unter unterschiedlichen Gesichtspunkten Fragen beantworten, Nutzen für den Mandanten gezogen werden können. Konkret heißt dies, dass z.B. durch ärztliche Angaben bei der Begutachtung im Rahmen der privaten Unfallversicherung nützliche Informationen erlangt werden können, die für die Bearbeitung des verkehrsrechtlichen Mandates gegenüber dem gegnerischen Haftpflichtversicherer für den Mandanten von Vorteil sein können.

Von daher enthält dieses Buch auch die Basisgrundlage für die Bearbeitung eines unfallversicherungsrechtlichen Mandates und zeigt die entsprechenden Probleme auf. Naturgemäß ist z.B. bei den Ausschlüssen nicht jeder Ausschluss in den AUBs aufgezählt und behandelt, sondern nur derjenige, der bei Personenschäden von Bedeutung ist, also z.B. speziell die Bewusstseinsstörungen aufgrund von Alkoholstraftaten im Straßenverkehr oder die Problematik der ärztlichen Behandlungsfehler bei Gesundheitsschädigungen durch Heilmaßnahmen.

 

Rz. 3

Bei der privaten Unfallversicherung handelt es sich um eine Personenversicherung mit der Aufgabe, den Versicherungsnehmer vor den wirtschaftlichen Folgen zu schützen, die durch einen Unfall eintreten können. Gesetzlich geregelt ist die private Unfallversicherung seit der VVG-Reform in den §§ 179185 VVG.

 

Rz. 4

Darüber hinaus existieren verschiedene Allgemeine Unfallversicherungsbedingungen. Üblicherweise gibt es die Bedingungen AUB 61, AUB 88, AUB 94, AUB 95, AUB 99, AUB 2008 und AUB 2010. Es handelt sich hierbei um unverbindliche Musterbedingungen, die vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) empfohlen wurden. Aus Vereinfachungsgründen sind die AUB 88, AUB 94, AUB 99, AUB 2008 und AUB 2010 als Anhang abgedruckt (siehe § 14 Rdn 40 ff.). Diese Normen sind im folgenden Text erwähnt.

 

Praxistipp

Die Unverbindlichkeit der AUB bedeutet, dass der Anwalt, der einen Fall aus der privaten Unfallversicherung behandelt, nicht blind diese Musterbedingungen anwenden soll, sondern sich immer konkret die Police und deren Bedingungen von dem Mandanten aushändigen lassen muss, die dieser abgeschlossen hat. Da es sich um einen vertraglichen Anspruch handelt, sind nämlich die individuell abgeschlossenen vertraglichen Grundlagen einzig und allein von Bedeutung. Darüber hinaus ist es dringend notwendig, in der Police zu sehen, welche Leistungsarten konkret für diesen Einzelfall beim Versicherungsnehmer versichert sind.

Wenn ein versicherungsrechtliches Mandat beginnt, ist daher mit die erste Frage, die der Anwalt seinem Mandanten stellt, ob dieser ihm die Police und die entsprechenden Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB) aushändigen kann. Verfügt der Mandant nicht mehr über die Bedingungen oder hat er sogar die Police verlegt, können entsprechende Abschriften bei jedem Versicherer eingeholt werden. Ohne diese notwendigen Unterlagen kann der entsprechende Fall jedoch nicht bearbeitet werden.

 

Praxistipp

Nach Erhalt der Unterlagen und der Police empfiehlt es sich, diese quer zu lesen und insbesondere in der Police nachzusehen, welche Leistungsarten vom Versicherungsschutz umfasst sind. Mitunter gibt es, worauf wir noch einmal direkt zu sprechen kommen, kurze Fristen, die der Versicherungsnehmer zu beachten hat, um bestimmte Leistungen aus der privaten Unfallversicherung geltend zu machen bzw. als Verhaltensnorm zu beachten hat, damit der Versicherungsschutz nicht gefährdet wird.

 

Praxistipp

Es ist auch deswegen unerlässlich, sich die Bedingungen und die Police des Mandanten aushändigen zu lassen, da mitunter der Mandant Erweiterungen zu den AUBs in seinem Vertrag eingeschlossen hat und sich aus den Erweiterungen zu den AUBs z.B. ergeben kann, dass für den hier zu entscheidenden Fall vertraglich eine verbesserte Gliedertaxe Anwendung findet oder innerhalb der Progressionsstaffel positive Vereinbarungen für den Versicherungsnehmer gelten.

 

Praxistipp

Die private Unfallversicherung ist eine Summenversicherung, so dass Schadensersatzansprüche gegen den Unfallverursacher nicht nach dem alten § 67 VVG und dem neuen § 86 VVG übergehen. Der Geschädigte erhält daher die Leistungen aus der privaten Unfallversicherung, losgelöst von etwaigen Schadensersatzansprüchen, die dieser gegenüber dem gegnerisch...

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