Rz. 59

Folgende Nachteile führten zu Verbesserungsvorschlägen:[85]

Die mit dem ersten Todesfall entstehenden Vermächtnisse sind selbstständige Vermögenspositionen. Sie können daher auch an Familienfremde oder sonst nicht erwünschte Personen weitervererbt werden. Als Abhilfe wurde daher vorgeschlagen, sie auf den Eintritt des zweiten Erbfalls aufschiebend befristet zu vereinbaren und in Klarstellung zu § 2177 BGB anzuordnen, dass die Vermächtnisse nur dann anfallen, wenn die Bedachten den Zeitpunkt des Todes des letztversterbenden Elternteils auch erleben, und ihre Vererblichkeit und Übertragbarkeit auszuschließen.[86]
Verstirbt aber dann bis zum Eintritt des zweiten Erbfalls eines der loyalen Kinder, so kommt dieser Bedingungsausfall dem Nachlass des erstversterbenden Ehegatten zugute, was aber gerade wieder zur ungewollten Erhöhung des Pflichtteils des illoyalen Kindes im zweiten Erbfall führt, da ein "Abzugsposten" wegfällt. Als Ausweg wurde daher vorgeschlagen, dass die Vermächtnisse nach Höhe und Berechtigten erst im zweiten Erbfall bestimmt werden sollen.[87] Das führt zu dem "juristischen Paradoxon", dass es sich zwar um ein vom erstversterbenden Elternteil stammendes Vermächtnis handeln soll, damit es im zweiten Erbfall vorrangig bei der dann anstehenden Pflichtteilsberechnung abgezogen werden kann, seine genaue Höhe aber erst mit dem zweiten Erbfall festgelegt wird.[88]
Werden die Vermächtnisse nicht auf das begrenzt, was beim Tod des Längerlebenden aus dem Nachlass des Erstversterbenden übrig ist (Vermächtniseinsetzung auf den Überrest), können die Vermächtnisnehmer zur Sicherung ihrer bedingten Ansprüche die Anordnung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung beantragen oder Schadensersatzansprüche geltend machen.[89]
Nicht nur das den Pflichtteil fordernde Kind selbst, sondern wegen § 2069 BGB oder wegen ausdrücklich vorhandener Ersatzberufungen ist sein gesamter Stamm auf den Pflichtteil zu verweisen.[90]
Aufnahme eines Änderungsvorbehalts, wonach der Längerlebende über den durch die Pflichtteilsgeltendmachung freiwerdenden Erbteil frei verfügen kann, also die sonst eintretende Anwachsung oder Ersatzberufung ausschließen, ja u.U. sogar dem den Pflichtteil fordernden Abkömmling wieder im zweiten Erbfall etwas zuwenden darf.
Die steuerlichen Folgen werden zum Teil verkannt:[91] Das beim Tod des Längerlebenden fällig werdende und bis dahin gestundete Vermächtnis wird nach § 6 Abs. 4 ErbStG erbschaftsteuerlich in der gleichen, ungünstigen Weise behandelt wie eine Nacherbschaft.[92] Dies bedeutet, dass abweichend von den zivilrechtlichen Vorstellungen die im Rahmen des Jastrow zugewandten Vermächtnisse als Erwerb vom längerlebenden Ehegatten und nicht als ein solcher vom Erstversterbenden anzusehen sind. Es liegt daher weder beim Tod des erstversterbenden Elternteils noch beim Tod des überlebenden Elternteils eine die jeweilige erbschaftsteuerliche Bereicherung durch Erbanfall mindernde Vermächtnislast i.S.d. § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG vor.
Ist das Vermächtnis verzinslich ausgestaltet,[93] können die Zinsen einkommensteuerpflichtig werden. Werden sie erst mit der Hauptsache (also i.d.R. erst nach vielen Jahren) fällig, führt das im Einkommensteuerrecht geltende Zuflussprinzip dazu, dass dann in voller Höhe der gesamte Zinsbetrag zu versteuern ist.
[85] Dazu J. Mayer, in: Reimann/Bengel/J. Mayer, Testament und Erbvertrag, System. Teil A Rn 430.
[86] Weiss, MDR 1980, 812 f.; auch Radke, Das Berliner Testament und die gegenseitige Erbeinsetzung, S. 114 ff. betont die dringende Regelungsbedürftigkeit dieser Frage und erörtert eingehend die verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten, die sich sonst ergeben können.
[87] Strobel, MDR 1980, 343, 364.
[88] Kritisch daher J. Mayer, ZEV 1995, 13 7f.; zustimmend in diesem Punkt Seubert, Die Jastrowsche Klausel, 1999, S. 148. Bestimmt man, dass sich die Vermächtnisse nach den Verhältnissen im zweiten Erbfall richten, führt dies dazu, dass der Längerlebende bei der Berechnung der Vermächtnishöhe nicht zu berücksichtigen ist, vielmehr die Erbschaft nach dem Erstversterbenden allein auf die Abkömmlinge aufzuteilen wäre, eine Konsequenz, von der Radke (Das Berliner Testament und die gegenseitige Erbeinsetzung, S. 118) zu Recht bemerkt, dass die dadurch bewirkte Verdoppelung der Vermächtnishöhe von den Autoren dieser Formulierungsvorschläge kaum beabsichtigt sein dürfte.
[89] Siehe v. Olshausen, DNotZ 1979, 707, 714. Zu Recht weist aber Radke (Das Berliner Testament und die gegenseitige Erbeinsetzung, S. 118 f.) darauf hin, dass ein Teil der Formulare hier zu viel des Guten tun und über die zutreffende Anregung von v. Olshausen hinausgehen: Es genügt zur Erreichung des verfolgten Zwecks völlig, wenn der Vermächtnisanspruch auf den im Schlusserbfall noch vorhandenen Nachlass des Erstversterbenden beschränkt wird.
[90] Strobel, MDR 1980, 343, 364.
[91] Dazu auch Kornexl, Nachlassplanung bei Problemkindern, Rn 903.
[92] Zu den erbschaftsteuerlichen Nachteilen der V...

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