Rz. 108

Der VGH Baden-Württemberg[129] führte in seinem Beschl. v. 6.11.2012 zur Zulässigkeit eines Rechtsmittels durch einen alleinigen Miterben im Wege der Notgeschäftsführung nach § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB gegen eine Baugenehmigung auf dem Nachbargrundstück Folgendes aus:

Zitat

"Die gegen das Vorliegen der inhaltlichen Voraussetzungen des Notgeschäftsführungsrechts nach § 2038 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz BGB erhobenen Einwände der Beschwerdeführer, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, greifen nicht durch. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin gehen von der Baugenehmigung nämlich nicht nur "allenfalls unbedeutende" Auswirkungen aus (so – die Notgeschäftsführungsbefugnis verneinend – VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 10.7.1991, a.a.O.). Vielmehr hat die Baugenehmigung durchaus gewichtige Nachteile für die Nutzung des Grundeigentums am Nachbargrundstück Flst.-Nr. … (W …) zur Folge (zu den Auswirkungen im Einzelnen nachfolgend). Die Antragstellerin war daher vom Standpunkt eines vernünftigen und wirtschaftlich denkenden Beurteilers (zu diesem Maßstab vgl. BVerwG, Urt. v. 7.5.1965 – IV C 24.65, NJW 1965, 1546) berechtigt, diese Nachteile ohne Mitwirkung der anderen Miterben durch Einlegung der erforderlichen Rechtsbehelfe/Rechtsmittel abzuwehren. Daraus folgt, dass die nicht klagenden Miterben – ihre Söhne – weder als Streitgenossen am Verfahren zu beteiligen noch nach § 65 VwGO beizuladen waren (BVerwG, Beschl. v. 20.10.1997 – 7 B 248.97, NJW 1998, 552 f.). Auch § 2040 Abs. 1 BGB, wonach Erben über einen Nachlassgegenstand nur gemeinschaftlich verfügen können, steht der Vorgehensweise nach § 2038 Abs. 1 S. 1, 2. Halbsatz BGB nicht entgegen, da die Anfechtung der das Grundeigentum belastenden Baugenehmigung keine "Verfügung" über einen Nachlassgegenstand im Sinne dieser Vorschrift darstellt (BVerwG, Urt. v. 27.11.1981 – 4 C 1.81, NJW 1982, 312 f.). Der Senat hat auch keinen Zweifel, dass es der Antragstellerin um den prozessstandschaftlichen Schutz des Gesamthandseigentums am Grundstück Flst.-Nr. … und nicht etwa nur um den Schutz eines "Miteigentumsanteils" an diesem Grundstück ging, zumal es einen solchen selbstständigen Miteigentümeranteil (am Grundstück als Nachlassgegenstand) vor Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft noch gar nicht gibt (vgl. § 2033 Abs. 2 BGB). Die eine Notgeschäftsführung rechtfertigende Beeinträchtigung des Grundstücks Flst.-Nr. … durch die angefochtene Baugenehmigung liegt darin, dass die Baugenehmigung es ausweichlich der genehmigten Pläne gestattet, …"

[129] VGH Baden-Württemberg NJW 2013, 889 = ZEV 2013, 96.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge