a) Bei auszugleichenden Vorempfängen ist eine Bewertung des Nachlasses erforderlich

 

Rz. 257

Bewertungen der einzelnen Nachlassgegenstände werden erst erforderlich, wenn eine Teilung in Natur wegen der Beschaffenheit der Nachlassgegenstände nicht möglich ist oder wenn Vorempfänge auszugleichen sind. Beim Vorhandensein ausgleichungspflichtiger Vorempfänge wird der Verteilerschlüssel für die Erbteilung, der sich primär nach den Erbquoten richtet, verändert. Zur Ermittlung der neuen Aufteilungsquoten ist eine Bewertung des Nachlasses vorzunehmen, weil sich anders die neuen Beteiligungsrelationen der Miterben nicht feststellen lassen.[274] Berechnungsbeispiele siehe unten Rdn 377 ff.

Der BGH führt dazu in BGHZ 96, 174, 178–180 aus:

Zitat

"Hat der Erblasser keine Anordnungen gemäß § 2048 BGB getroffen, und vereinbaren auch die Beteiligten nichts anderes, dann ist der Nachlass unter die Miterben nach den Vorschriften der §§ 2042 ff. BGB auseinanderzusetzen. Der um die Nachlassverbindlichkeiten verminderte Nachlass (§ 2046 Abs. 1 Satz 1 BGB) gebührt den Miterben dabei gemäß § 2047 Abs. 1 BGB grundsätzlich nach dem Verhältnis ihrer Erbteile. Hat dagegen eine Ausgleichung von Vorempfängen gemäß §§ 2050, 2052 BGB stattzufinden, dann ist das Verfahren zur Berechnung dessen, was auf die Miterben bei der Teilung entfällt, durch §§ 2055, 2056 BGB modifiziert. In einem solchen Falle ist nicht der reale Nettonachlass nach dem Verhältnis der Erbteile aufzuteilen, sondern gemäß § 2055 Abs. 1 Satz 2 BGB ist der Nettonachlass, soweit er ausgleichungspflichtigen Miterben zukommt, zunächst rechnerisch um die auszugleichenden Zuwendungen zu vermehren. Da die Zuwendungen dem Nachlass aber nicht wirklich zugeführt werden, ergeben sich bei der Aufteilung des so erhöhten Nachlasses nach dem Verhältnis der Erbteile überhöhte Rechnungsgrößen, die bei den mit der Ausgleichung belasteten Miterben gemäß § 2055 Abs. 1 Satz 1 BGB durch Kürzung um die auszugleichenden Zuwendungen (die sie ja schon erhalten haben) deshalb wieder zu vermindern sind. Diese Rechnung muss im allgemeinen zu einer Teilungsquote (Teilungsverhältnis) führen, die von dem Quotienten der Erbteile (Erbschaftsquoten) abweicht und im Gegensatz zu diesen die davon verschiedene wirtschaftliche (finanzielle) Beteiligung der einzelnen Miterben am Nachlass genauer widerspiegelt. ... Die nach diesen Grundsätzen ermittelte Teilungsquote ist demgemäß auch für die hier zu beurteilende Teilauseinandersetzung zugrunde zu legen. Dem steht nicht entgegen, dass es sich um einen in Natur teilbaren Posten von Inhaberaktien handelt. Soweit im Schrifttum die Auffassung vertreten wird, die infolge der Ausgleichung verschobenen Teilungsquoten seien nur oder vorzugsweise bei der Verteilung von Geld zu berücksichtigen ..., vermag der Senat dem nicht zu folgen. Für sie findet sich im Gesetz keine hinreichende Grundlage. Die §§ 2042 Abs. 2, 752 BGB schreiben für die Teilung des Nachlasses in erster Linie die Teilung in Natur vor. Diese Vorschrift lässt es nicht zu, zwischen verschiedenen Arten teilbarer Gegenstände zu differenzieren und Vorempfänge nur oder in erster Linie mit Geld auszugleichen. Einem derartigen Vorgehen steht auch entgegen, dass der Ausgleichungsberechtigte gerade keinen Geldanspruch auf Ausgleichung hat, sondern dass es sich lediglich um einen Rechnungsposten handelt ..., der der Teilung zugrunde zu legen ist ..."

[274] So auch BGHZ 96, 174, 180.

b) Die Veränderung des Verteilerschlüssels lässt die Teilungsregeln unberührt

 

Rz. 258

Alle anderen Grundsätze der Erbteilung bleiben aber auch in einem solchen Fall erhalten:

Zum einen, dass die Miterben nur den im Zeitpunkt der Erbteilung vorhandenen realen Nachlass unter Berücksichtigung aller vorgenommenen Verwaltungsmaßnahmen und Verfügungen untereinander aufteilen können (was denn auch sonst?), und
zum anderen, dass das Prinzip der Teilung in Natur unter Berücksichtigung neuer Teilungsquoten durchzuführen ist, sofern dies entsprechend der Zusammensetzung des Nachlasses möglich ist.[275]

Vgl. hierzu das obige Zitat aus BGHZ 96, 174, 178–180.

[275] BGHZ 96, 174, 181.

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