Rz. 105

Die Ausnahmeregelung greift nur dann, wenn nach einem Teilausgleich nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG noch ein Ausgleich nach der Scheidung durchgeführt werden kann. Die Ausnahmeregelung hat also zwei Voraussetzungen:

 

Rz. 106

Zum einen muss im Ausgangsverfahren ein Ausgleich nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG a.F. durchgeführt sein.[50] Dieses sog. erweiterte oder Supersplitting betraf i.d.R. betriebliche Anrechte. Es wurde dadurch bewirkt, dass ein Anrecht des Verpflichteten über die an sich höchstmögliche Quote von 50 % zum Ausgleich herangezogen wurde zum Ausgleich eines anderen, an sich auszugleichenden, (nur) dem schuldrechtlichen Ausgleich unterliegenden unverfallbaren Anrechts des Ausgleichspflichtigen.

 

Rz. 107

 

Beispiel

Mit Ehezeitende 30.6.2002 fand ein Versorgungsausgleich statt, in dem erweitert auf die Anrechte des Ehemannes aus der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgegriffen wurde. Der Mann hatte Anrechte aus der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. 500 EUR, die Frau solche i.H.v. 400 EUR. Zusätzlich hatte der Mann noch betriebliche Rentenanwartschaften i.H.v. (dynamisiert) 300 EUR. Der Ausgleich war in diesem Fall i.H.v. (800 – 400 = 400 EUR): 2 = 200 EUR zugunsten der Frau durchzuführen. Im Wege des Splitting nach § 1587b Abs. 1 BGB a.F. konnten nur 50 EUR an gesetzlichen Rentenanwartschaften auf die Frau übertragen werden, weil dann beide Seiten gesetzliche Rentenanwartschaften in gleicher Höhe (450 EUR) hatten. Damit blieben noch 150 EUR unausgeglichen. Das Gericht hat nun nochmals nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG auf die gesetzlichen Rentenanwartschaften des Mannes zugegriffen.

 

Rz. 108

Zum anderen darf der Ausgleich durch das erweiterte Splitting nicht zu einem vollständigen Ausgleich geführt haben. Das erweiterte Splitting war nur bis zu einem Höchstbetrag (2 % der Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV) möglich. In sehr vielen Fällen konnte der Ausgleich über das erweiterte Splitting deswegen nur teilweise erfolgen. Der Rest des Ausgleichs musste dem schuldrechtlichen Ausgleich vorbehalten werden. Genau diese Fälle werden durch die Ausnahmeregelung des § 51 Abs. 4 VersAusglG erfasst.

 

Rz. 109

 

Beispiel

Im Beispielbetrug die Grenze (2 % der Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV) im Jahr 2002 46,90 EUR. Nur in dieser Höhe konnte deswegen erweitert öffentlich-rechtlich ausgeglichen werden. In Höhe des Restbetrags (103,10 EUR) musste auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich verwiesen werden. Das bedeutet, dass in diesem Fall, auch dann wenn die nötigen Bewertungsdifferenzen nach § 51 Abs. 3 VersAusglG vorliegen, keine Abänderung des Alttitels über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich in Betracht kommt. Es muss noch ein schuldrechtlicher Versorgungsausgleich stattfinden, in dem dann der Restbetrag ausgeglichen wird.

[50] Vgl. BGH FamRZ 2016, 1050.

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