Rz. 35

Der privat Krankenversicherte wird in der zivilrechtlichen Schadensregulierung nicht anders als der gesetzlich Versicherte behandelt. Bei der privaten Krankenversicherung ist zunächst zu unterscheiden zwischen solchen Personen, die beihilfeberechtigt sind und daneben privat (ergänzungs-)versichert sind, und solchen, die ausschließlich privat versichert sind. Ersteres bedeutet, dass die private Krankenversicherung nur für den Teil der Heilbehandlungskosten abgeschlossen wird, für den die Beihilfestelle nicht eintritt. In diesen Fällen gilt grundsätzlich, dass Ansprüche von der Beihilfestelle reguliert werden und der private Krankenversicherer lediglich noch den ergänzenden Teil übernimmt.

 

Praxistipp

In Fällen der Beihilfeberechtigung ist bei einer Mithaftungsquote stets das beamtenrechtliche Quotenvorrecht zu beachten.

 

Rz. 36

Hinsichtlich des Anteils der privaten Krankenversicherung ist immer zu berücksichtigen, dass diese Krankenversicherung nach den Regeln des VVG abgeschlossen wird. Es handelt sich um einen privatrechtlichen Versicherungsvertrag. Damit erfolgt der Anspruchsübergang nicht nach SGB X, sondern nach § 86 VVG. Damit gilt in diesen Fällen das Familienprivileg (siehe unten Rdn 53 ff.) gemäß § 86 Abs. 3 VVG. Im Rahmen der privaten Krankenversicherung ist stets zu prüfen, welcher Versicherungsumfang vereinbart wurde. Dieser Umfang ist grundsätzlich auch in der Schadensregulierung zugrunde zu legen.

Nur wer Chefarztbehandlungen in seinem privaten Krankenversicherungsvertrag vereinbart hat, kann auch im Rahmen der zivilrechtlichen Schadensregulierung Chefarztbehandlung verlangen.

Möglich ist, dass im Rahmen der privaten Krankenversicherung, je nach Vertrag, die Hilfsmittelversorgung schlechter geregelt ist als bei der gesetzlichen Krankenversicherung. Hier ist darauf zu achten, ob für den konkreten Vertrag ein Heil- und Hilfsmittelkatalog vereinbart ist oder nicht. Einige Krankenversicherungen erstatten auch alle Hilfsmittel, die medizinisch erforderlich sind.

 

Rz. 37

Weiter ist zu berücksichtigen, dass bei der privaten Krankenversicherung im Regelfall nur die erste Rehabilitation nach der Akutversorgung, also die sog. Anschlussheilbehandlung, versichert ist. Spätere stationäre Rehabilitationsmaßnahmen (Kuren) sind im Regelfall vom Versicherungsschutz ausgenommen.

 

Rz. 38

Darüber hinaus gilt in der privaten Krankenversicherung, anders als in der gesetzlichen Krankenversicherung, kein Sachleistungsprinzip. Es gilt das Prinzip der Kostenerstattung. Das bedeutet, dass es dem Geschädigten überlassen bleibt, ob er die private Krankenversicherung tatsächlich beanspruchen möchte oder nicht.

 

Praxistipp

Besprechen Sie als Anwalt mit Ihrem Mandanten, Abrechnungen möglichst nicht selbst bei der privaten Krankenversicherung einzureichen. Vielmehr sollten Sie diese Rechnungen direkt beim Haftpflichtversicherer einreichen mit der Zusage, dass sie nicht auch noch einmal bei der privaten Krankenversicherung geltend gemacht werden. Diese Beträge fallen allesamt in den Gegenstandswert und erhöhen Ihre Gebühren.

 

Hinweis

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass an die Haftpflichtversicherung ebenso wie an die private Krankenversicherung die Originalrechnungen geschickt werden.

Die Abrechnungen erfolgen nicht nach dem EBM-System der gesetzlichen Krankenversicherung, sondern nach GOÄ bzw. GOZ (Gebührenordnung für Ärzte bzw. Gebührenordnung für Zahnärzte). Hier sind verschiedene Hebesätze vorgesehen. Im Regelfall werden Gebührensätze des 2,3-fachen Satzes problemlos akzeptiert. Bei Spezialisten, Chefärzten etc. kann bis zum 3,5-fachen Satz abgerechnet werden.

 

Rz. 39

Kann der Mandant durch den Unfall die Versicherungsprämie der privaten Krankenversicherung nicht bezahlen und diese kündigt den Vertrag, muss unbedingt sofort bei einer beliebigen anderen privaten Krankenversicherung ein Antrag auf Aufnahme in den Basistarif gestellt werden. Es besteht ein Kontrahierungszwang. Stellt der Verletzte den Antrag nicht, hat er keinen Versicherungsschutz.

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