Rz. 239

Vorsatz setzt einen bewussten und gewollten Pflichtverstoß voraus. Dabei genügt es, dass der Verkäufer das Vorhandensein eines Mangels und dessen Relevanz für den Käufer billigend in Kauf nimmt. Es genügt nicht, dass er eines der beiden Merkmale nur für möglich hält, jedoch für eher unwahrscheinlich, also die innere Haltung "wird schon gut gehen" einnimmt. Dann liegt nur grobe Fahrlässigkeit vor. Da beide Schuldformen zu den gleichen Haftungskonsequenzen führen, bedarf es einer Abgrenzung im Einzelfall in der Regel nicht, sondern nur, wenn es um die Frage der Zulässigkeit des Haftungsausschlusses geht, der für vorsätzliches Handeln generell unzulässig ist (§ 276 Abs. 3 BGB).

 

Rz. 240

Vorsatz ist begrifflich nicht gleichzusetzen mit "Arglist"[619] (vgl. § 13 Rdn 14 ff.), allerdings in wesentlichen Elementen damit deckungsgleich. Abweichend von der Arglist gehört zum subjektiven Tatbestand beim Vorsatz nicht, dass der Verkäufer damit rechnet, der Käufer werde den Vertrag bei Kenntnis des Mangels nicht oder jedenfalls nicht zu diesen Bedingungen abschließen. Wer allerdings die genannten subjektiven Voraussetzungen erfüllt, wird in aller Regel auch diese Absicht haben, so dass die Abgrenzung sicherlich rein akademischer Natur bleiben wird und in der Praxis kaum ein Fall auftreten wird, wo ein Verkäufer zwar vorsätzlich, aber nicht arglistig handelt.

 

Rz. 241

Notwendig wird die Abgrenzung von Vorsatz und Arglist nur für die Frage der längeren Verjährung von drei Jahren (§ 438 Abs. 3 BGB) und die Erhaltung der Rechte des Käufers trotz grob fahrlässiger Mangelunkenntnis (§ 442 BGB): In beiden Fällen wird Arglist verlangt, Vorsatz genügt nicht. Dagegen gilt das Verbot des Haftungsausschlusses für beide Schuldformen (für Arglist § 444 BGB, für Vorsatz § 276 Abs. 3 BGB).

 

Rz. 242

Der Verkäufer, der ein gebrauchtes Auto mit Mängeln verkauft, handelt vorsätzlich,

wenn er den Mangel verschweigt oder bagatellisiert,
wobei er den Fehler oder die Fehlerquelle bei Abschluss des Vertrages kennt oder mit ihm rechnet,
und er damit rechnet, dass der Käufer den Mangel nicht kennt.
 

Rz. 243

Vorsatz ist in der Regel zu verneinen,

wenn der Verkäufer den Mangel zwischenzeitlich vergessen hat,[620]
wenn der Verkäufer nicht das Bewusstsein hat, ungefragt zur Aufklärung verpflichtet zu sein[621] (insbesondere bei geringfügigen Mängeln),
wenn der Mangel offensichtlich ist, so dass der Verkäufer annimmt, dass der Käufer ihn erkannt hat.[622]
 

Rz. 244

Treten mehrere Personen auf Verkäuferseite auf (z.B. Ehepaar oder Erbengemeinschaft), ist nur der vorsätzlich handelnde Verkäufer haftbar.[623] Eine Mithaftung des oder der anderen Verkäufer kommt nur in Betracht, wenn sein Verhalten als Übernahme der Vorsatzhaftung seines Mitverkäufers angesehen werden kann, insbesondere dann, wenn die Verhandlungen im Namen des anderen gutgläubigen Mitverkäufers mitgeführt werden.[624]

 

Rz. 245

Bei mehreren Personen auf der Käuferseite genügt der schuldhafte Pflichtverstoß gegenüber einem der Käufer, um für alle Käufer Schadensersatzansprüche auszulösen.[625]

[619] A.A. Gröschler, NJW 2005, 1601, 1603.
[620] LG Bückeburg DAR 1995, 369 – zur Arglist.
[621] Reinking/Eggert, Rn 4275 – für Arglisthaftung.
[622] BGH NJW-RR 1992, 1076.
[623] BGH NJW 1992, 1500.
[624] BGH NJW-RR 1996, 1332.
[625] Reinking/Eggert, Rn 4282 – für Arglisthaftung.

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