Rz. 100

Der Haftpflichtversicherer gewährt Versicherungsschutz für Personen- und Sachschäden. Hierzu gehören auch die unmittelbar oder mittelbar hierdurch hervorgerufenen (sog. unechten) Vermögensschäden. Reine Vermögensschäden sind dagegen nach Ziff. 2.1 AHB gesondert zu versichern. Für den Umfang der Leistung des Versicherers bilden die im Versicherungsschein angegebenen Versicherungssummen die Höchstgrenze bei jedem Schadenereignis. Möglich ist auch die Vereinbarung eines bestimmten Selbstbehaltes je Schadenereignis (Ziff. 6.4 AHB). Große Krankenhauskonzerne vereinbaren zur Minderung des Versicherungsprämienvolumens teils hohe Selbstbehalte von mehr als 10.000 EUR bis 1 Mio. EUR.

1. Personenschäden

 

Rz. 101

Personenschäden stellen bei der ärztlichen Tätigkeit naturgemäß das Hauptschadensrisiko dar. Der Versicherungsschutz erstreckt sich nach Ziff. 1.1 AHB auf Schadenereignisse, die den Tod, die Verletzung oder die Gesundheitsbeschädigung von Menschen zur Folge haben. Die Gesundheitsbeschädigung kann nicht nur in einer physischen, sondern auch in einer psychischen Beeinträchtigung bestehen.[130] In Betracht kommt z.B. ein Schmerzensgeldanspruch eines Patienten, der eine Zeit lang mit der fehlerhaften Diagnose einer Krebserkrankung oder HIV-Infektion leben muss. Ausgeschlossen sind nach Ziff. 7.18. AHB Haftpflichtansprüche wegen Personenschäden, die aus der Übertragung einer Krankheit des Versicherungsnehmers entstehen. Unterhaltsansprüche wegen ungewollter Schwangerschaft oder unterbliebenen Schwangerschaftsabbruchs sind reine Vermögensschäden und müssen nach Ziff. 2.1 AHB gesondert versichert werden (siehe Rdn 91).

 

Rz. 102

Die Spannbreite der zzt. üblichen Deckungssummen für niedergelassene Ärzte beträgt je Schadensfall für Personen- und Sachschäden zwischen 2 und 5 Mio. EUR. Sofern die ärztliche Geburtshilfe mitversichert wird, ist der Abschluss einer höheren Deckungssumme geboten. Die AXA hat z.B. im Jahr 2001 ihre Deckungssummen in der Arzthaftpflichtversicherung wegen der gestiegenen Risiken verdoppelt. Die Jahreshöchstleistung beträgt meist das Doppelte oder Dreifache der vereinbarten Versicherungssumme. Krankenhauspolicen, insbesondere bei Häusern mit geburtshilflichen Abteilungen, sehen ohnehin höhere Standard-Deckungssummen vor. Derzeit reichen die Deckungssummen bis 20 Mio. EUR. Bei üblicher Risikoabschätzung kann heute eine Deckungssumme unter 5 Mio. EUR grundsätzlich nicht empfohlen werden.

 

Rz. 103

Die Beitragssummen variieren je nach Tätigkeitsgebiet des Arztes stark. So bietet ein Versicherer Berufshaftpflichtversicherungen bei dreijähriger Laufzeit und einer Deckungssumme von pauschal 2 Mio. EUR für Personen- und Sachschäden – was bereits bedenklich niedrig erscheint – sowie 100.000 EUR für Vermögensschäden zu Jahresprämien zwischen 270 EUR für Zahnärzte und ca. 3.000 EUR für niedergelassene, ambulant auch mit Vollnarkose operierende Chirurgen an. Angebote für Ärzte mit Belegbetten sind nur auf Anfrage erhältlich – ein Indiz für das höhere Schadensrisiko für Belegärzte.

[130] BGHZ 93, 351 (355); 56, 163 ff.

2. Sachschäden

 

Rz. 104

Schäden durch die Beschädigung oder Vernichtung von Sachen werden i.d.R. mit 100.000 EUR versichert (1.3.6 (3) BBR). Ist der durch die Einwirkung entstandene Sachschaden ausgeschlossen, dann ist auch der Folge-Sachschaden nicht gedeckt.[131] Das Abhandenkommen von Patienteneigentum stellt einen reinen Vermögensschaden dar, der gesondert zu versichern ist (siehe Rdn 105).[132] Die gesetzliche Haftpflicht aus der Beschädigung von gemieteten oder gepachteten Sachen, z.B. Praxisräumen oder technischen Geräten, muss wegen des Ausschlusses in Ziff. 7.6 AHB ausdrücklich mitversichert werden.

Im Hinblick auf Schäden an medizinischen Apparaten kann auch eine Sachversicherung abgeschlossen werden, z.B. eine Elektronikversicherung, die den Schaden ersetzt. Der Vorteil einer Sachversicherung gegenüber einer Haftpflichtversicherung zeigt sich darin, dass die Sachversicherung den Neuwert, der Haftpflichtversicherer aber nur den Zeitwert ersetzt.

[131] BGH VersR 1990, 733.
[132] Prölss/Martin-Lücke, Nr. 1 AHB 2008 Rn 24.

3. Reine Vermögensschäden

 

Rz. 105

Reine Vermögensschäden, die weder durch Personen- noch durch Sachschäden entstanden sind, sind nach Ziff. 2.1 AHB gesondert zu versichern. Zusätzlich versicherbar ist z.B. das Abhandenkommen von Sachen, die Patienten und ihre Begleiter in die Praxis oder in das Krankenhaus eingebracht haben. Ausdrücklich ausgeschlossen sind regelmäßig Haftpflichtansprüche wegen Vermögensschäden z.B. durch Immissionen oder durch beratende Tätigkeit. Die übliche Versicherungssumme je Schadenereignis beträgt bei Vermögensschäden 100.000 EUR, bei doppelter Maximierung (1.3.6 (3) BBR).

 

Rz. 106

Für Haftpflichtansprüche, bei denen es sich um Unterhaltsansprüche gegen den Versicherungsnehmer in seiner Eigenschaft als Arzt wegen ungewollter Schwangerschaft bzw. wegen unterbliebenen Schwangerschaftsabbruches handelt, besteht laut BBR Versicherungsschutz nach Maßgabe der vereinbarten Versicherungssumme für Personenschäden (1.3....

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