Rz. 69

Nach § 12 GBO ist die Einsicht des Grundbuchs jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Dieses Einsichtsrecht erstreckt sich auf Urkunden, auf die im Grundbuch zur Ergänzung einer Eintragung Bezug genommen ist, und auch auf noch nicht erledigte Eintragungs- und Löschungsanträge. Der Begriff "berechtigtes Interesse" ist umfassender als der des "rechtlichen Interesses". Es genügt, dass der Antragsteller ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse verfolgt; sachliche Gründe, die die Verfolgung unbefugter Zwecke oder bloßer Neugier ausgeschlossen erscheinen lassen, reichen aus.[72]

Um ein berechtigtes Interesse an der Einsicht in das Grundbuch i.S.v. § 12 Abs. 1 GBO darzulegen, müssen Tatsachen so nachvollziehbar vorgetragen werden, dass dem Grundbuchamt daraus ein überzeugender Anhalt für die Berechtigung des geltend gemachten Interesses verschafft wird. Das Grundbuch hat nämlich in jedem Einzelfall genau zu prüfen, ob durch die Einsichtnahme schutzwürdige Interessen der Eingetragenen oder ihrer Rechtsnachfolger verletzt werden können, und darf Unbefugten keinen Einblick in deren Rechts- und Vermögensverhältnisse gewähren. Bloßes Behaupten von Ansprüchen und schlagwortartige Formulierungen belegen kein nachvollziehbares berechtigtes Interesse.[73]

 

Rz. 70

Zum Grundbucheinsichtsrecht des Pflichtteilsgläubigers hat das Kammergericht mit Beschl. v. 20.1.2004 – 1 W 294/03 entschieden:[74]

Zitat

1. Ein berechtigtes Interesse an der Grundbucheinsicht steht in der Regel dem Pflichtteilsberechtigten zu, der nach dem Tode des im Grundbuch eingetragenen Erblassers seine erbrechtlichen Ansprüche prüfen will; das gilt auch, wenn inzwischen der Erbe als Rechtsnachfolger eingetragen ist.

2. Zur Darlegung des berechtigten Interesses genügt in einem solchen Falle der Hinweis auf die Stellung als gesetzlicher Erbe, einer schlüssigen Darlegung der etwa geltend zu machenden Pflichtteilsansprüche oder konkreter, von der Grundbucheinsicht abhängender Entschließungen bedarf es nicht.

 

Rz. 71

Nach § 12 Abs. 2 GBO können beglaubigte oder unbeglaubigte Abschriften verlangt werden. Ein Gläubiger des Erblassers, der erfahren will, ob und ggf. welchen Grundbesitz der Erblasser hatte, hat ein berechtigtes Interesse; dies ist zweckmäßigerweise zu belegen mit einer Abschrift des entsprechenden Vollstreckungstitels.

[72] OLG Stuttgart Rpfleger 1983, 272; OLG Hamm Rpfleger 1988, 473; Melchers, Rpfleger 1993, 309.

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