Rz. 101

Zur verfahrensrechtlichen Erleichterung gibt es das vereinfachte Verfahren über den Unterhalt minderjähriger Kinder, das in den §§ 249 bis 260 FamFG geregelt ist. In den Fällen, in denen dieses vereinfachte Verfahren zulässig ist, kann den Beteiligten ein streitiges gerichtliches Verfahren erspart bleiben.

Mit diesem vereinfachten Verfahren besteht für alle minderjährigen Kinder ein schnell und einfach ausgebildetes Verfahren vor dem Rechtspfleger (§ 25 Ziff. 2 Lit. c RPflG) zur Erlangung eines Vollstreckungstitels über den Unterhalt im Beschlussweg. Der Rechtspfleger kann den Beschluss ohne mündliche Erörterung erlassen.

Voraussetzung für dieses Verfahren ist, dass das Kind mit dem in Anspruch genommenen Elternteil nicht im Haushalt lebt und dass kein höherer Unterhalt als das 1,2fache des Mindestunterhalts nach § 1612a Abs. 1 BGB eingefordert wird (§ 249 FamFG). Der geforderte Prozentsatz nach § 1612a BGB darf in diesem Verfahren also maximal 120 % betragen.

Aus § 249 Abs. 2 FamFG ergibt sich, dass dieses vereinfachte Verfahren nur zur erstmaligen Festsetzung des Unterhalts zulässig ist, aber nicht zur Abänderung eines bereits vorliegenden Vollstreckungstitels. Zur Neuregelung wäre ein Abänderungsantrag nach § 238 FamFG zu erheben (siehe Rdn 112 ff.).

 

Rz. 102

Für seine Tätigkeiten in diesem vereinfachten Verfahren erhält der RA eine 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG. Mit dieser Gebühr wird die gesamte Tätigkeit des RA abgegolten, also auch die Prüfung von Einwendungen des Antragsgegners nach § 252 FamFG. Eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG wird nicht entstehen, da in dem Verfahren in der Regel keine mündliche Erörterung stattfindet. Sie könnte allenfalls für außergerichtliche Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind, entstehen (Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG).

 

Rz. 103

Der Antragsgegner kann Einwendungen gegen die Durchführung des vereinfachten Verfahrens erheben. Nach § 252 Abs. 1 FamFG könnte er Einwendungen gegen die Zulässigkeit des Verfahrens erheben, z. B. weil das Kind bei ihm in seinem Haushalt lebt – dann wird das Gericht den Antrag zurückweisen. Praktisch wichtiger sind Einwendungen nach § 252 Abs. 2 FamFG: Er könnte einwenden, dass er bereits Unterhalt geleistet hat oder dass er nicht leistungsfähig ist. Allerdings muss er in diesem Fall erklären, ob und in welcher Höhe er zur Unterhaltsleistung bereit ist; und er muss sich insoweit zur Leistung verpflichten. Nach § 252 Abs. 3 und 4 FamFG muss er diesbezüglich Auskünfte erteilen und Belege vorlegen.

Nur soweit der Unterhaltspflichtige sich zur Unterhaltsleistung verpflichtet hat, erlässt das Gericht einen Festsetzungsbeschluss (§ 253 Abs. 1 FamFG). Wenn er keine Einwendungen erhoben hat, ergeht der Festsetzungsbeschluss antragsgemäß über den geforderten Unterhalt. Soweit zulässige Einwendungen erhoben wurden, teilt das Gericht dies dem Antragsteller mit und weist darauf hin, dass auf Antrag eines Beteiligten das streitige Verfahren durchgeführt wird (§ 254 FamFG).

 

Rz. 104

Auf Antrag wird dann das streitige Unterhaltsverfahren durchgeführt (§ 255 FamFG). Damit durch das vereinfachte Verfahren keine zusätzlichen Kosten entstehen, sieht Nr. 3100 Anm. Abs. 1 VV RVG die Anrechnung der Verfahrensgebühr für das vereinfachte Verfahren auf die Verfahrensgebühr des nachfolgenden Unterhaltsverfahrens vor, das als Fortsetzung des vereinfachten Verfahrens anzusehen ist. Die Anrechnungsbestimmung in Nr. 3100 Anm. Abs. 1 VV RVG ist erforderlich, weil in § 17 Ziff. 3 RVG das vereinfachte Verfahren und das Unterhaltsverfahren zu verschiedenen Angelegenheiten erklärt sind – es sind also auch zwei Vergütungsrechnungen zu fertigen. Man kann dies übrigens in etwa mit dem Übergang vom Mahnverfahren (§§ 699 ff. ZPO) in das streitige Verfahren (Zivilprozess) vergleichen. Die Anrechnung erfolgt, weil der RA sich in solchen Fällen nicht neu in den Sachverhalt einarbeiten muss.

Weitere Gebühren, die eventuell entstehen können, sind die Terminsgebühr und die Einigungsgebühr. Nur falls es in seltenen Fällen eine mündliche Erörterung gibt oder wenn außergerichtliche Vergleichsverhandlungen stattfinden, kann eine Terminsgebühr nach Vorbemerkung 3 Abs. 3, Nr. 3104 VV RVG entstehen. Eine Einigungsgebühr nach Nrn. 1000 und 1003 VV RVG kann bei Vergleichsabschluss entstehen. Falls eine Terminsgebühr entstanden ist, muss diese auf die Terminsgebühr des Unterhaltsverfahrens nach Nr. 3104 Anm. Abs. 4 VV RVG angerechnet werden.

 

Rz. 105

Gegenstandswert des vereinfachten Verfahrens ist nach § 51 Abs. 1 FamGKG der Jahresbetrag des geforderten Unterhalts der ersten zwölf Monate nach Antragseinreichung. Unterhaltsrückstand wird hinzugerechnet (§ 51 Abs. 2 S. 3 FamGKG). Beachten Sie, dass Unterhalt monatlich im Voraus zu zahlen ist (§ 1612 Abs. 3 BGB). Wird also der Antrag z. B. am 15. Juni bei Gericht eingereicht, dann ist der Unterhalt für Juni bereits fällig gewesen und damit rückständig. Siehe auch Rdn 41 ff. und § 3 Rdn 104 f. Falls ...

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