Rz. 22

Die Einrede der Beschränkung der Haftung des Erben auf den Nachlass wird nicht von Amts wegen berücksichtigt; insbesondere nicht schon aufgrund der Tatsache, dass der Schuldner als Erbe verklagt wird. Um ein Vorbehaltsurteil nach §§ 780 Abs. 1, 305 ZPO zu erwirken, muss der Erbe die Einrede der Haftungsbeschränkung auf den Nachlass erheben.[22] Hierzu ist aber kein besonderer Antrag erforderlich.[23] Es genügt, wenn der Erbe die Beschränkung seiner Haftung einredeweise im laufenden Prozess erwähnt hat.[24]

Der Rechtsanwalt wird aus Gründen anwaltlicher Vorsicht einen gesonderten Antrag stellen; falls kein sofortiges Anerkenntnis erfolgt, hilfsweise:

In der mündlichen Verhandlung werden wir beantragen:

Dem Beklagten bleibt die Beschränkung seiner Haftung auf den Nachlass des am … in … verstorbenen … (Erblasser) in Bezug auf Haupt-, Nebenforderung[25] und Kosten vorbehalten.

 

Rz. 23

Die Einrede muss bis zum Schluss der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung erhoben worden sein. Dies sollte grds. in der 1. Instanz erfolgen. Nachholbar ist dies aber i.d.R. auch noch in der Berufungsinstanz. Die Berufung kann gar allein mit dem Ziel eingelegt werden, eine rechtskräftige vorbehaltlose Verurteilung zu verhindern (h.M.).[26]

 

Hinweis

Bezüglich eines solchen Vorgehens ist aber wegen § 531 Abs. 2 ZPO Vorsicht geboten. Neuer Vortrag ist nur zulässig, wenn er unstreitig ist.[27] Die Einredeerhebung als solche wird stets gerichtsbekannt sein; insoweit handelt es sich um zuzulassenden Vortrag.[28] Wenn aber streitiger Vortrag zur (für die Aufnahme eines Vorbehaltes allein maßgeblichen) Frage besteht, ob es sich bei der eingeklagten Forderung um eine reine Nachlassverbindlichkeit handelt, könnte es Probleme geben. Ob die sonstigen Voraussetzungen für die Haftungsbeschränkung umstritten sind, ist unerheblich, weil nicht entscheidungserheblich, da die sachliche Klärung dieser Frage rglm. nicht im Erkenntnisverfahren erfolgt (siehe Rdn 28).[29]

 

Rz. 24

In der Revision kann die Einrede der beschränkten Erbenhaftung nur in Ausnahmefällen erstmals erhoben werden,[30] z.B. dann, wenn der Erblasser erst nach Abschluss der Berufungsinstanz gestorben ist[31] oder die Nachlassverwaltung erst hiernach aufgehoben wurde.[32] Auch dann ist aber eine Revision allein mit dem Ziel, eine vorbehaltlose Verurteilung zu verhindern, nicht möglich.

[22] BGH, Urt. v. 2.7.1992 – IX ZR 256/91, NJW 1992, 2694; BGH, Urt. v. 13.7.1989 – IX ZR 2227/87, FamRZ 1989, 1070.
[23] BGH, Urt. v. 9.3.1983 – IVa ZR 211/81, NJW 1983, 2378; BGH, Urt. v. 29.4.1993 – IX ZR 215/92, NJW 1993, 1851; OLG Köln, Beschl. v. 18.8.2011 – 13 U 124/11 (n.v.).
[24] BGH, Urt. v. 2.7.1992 – IX ZR 256/91, NJW 1992, 2694; BGH, Urt. v. 13.7.1989 – IX ZR 2227/87, FamRZ 1989, 1070.
[25] OLG Stuttgart, Beschl. v. 13.8.2013 – 19 U 6/13, ErbR 2016, 383.
[26] Zöller/Stöber, § 780 ZPO Rn 10.
[28] BGH, Urt. v. 6.12.2004 – II ZR 394/02, MDR 2005, 588; BGH, Beschl. v. 23.6.2008 – GSZ1/08 für die Verjährungseinrede; BGH, Urt. v. 2.2.2010 – VI ZR 82/09, ZErb 2010, 212.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge