Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit einer neuen Widerklage im Berufungsrechtszug. Einwilligung des Gegners durch rügeloses Einlassen. Unstreitige neue Tatsachen als Grundlage einer Widerklage. Vertrieb von Fondsbeteiligungen in Haustürsituationen. Darlehensvertrag und Fondsgesellschaftsbeitritt als verbundenes Geschäft. Kündigung der Fondsbeteiligung. Widerrufsrecht nach Haustürwiderrufsgesetz für Real- und Personalkredite

 

Leitsatz (amtlich)

Eine erstmals im Berufungsrechtszug erhobene Widerklage ist zulässig, wenn der Gegner einwilligt und das Begehren auf unstreitigem Sachvortrag beruht.

 

Normenkette

ZPO § 533

 

Verfahrensgang

OLG Karlsruhe (Urteil vom 28.08.2002; Aktenzeichen 6 U 14/02)

LG Mosbach

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des OLG Karlsruhe v. 28.8.2002 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Durch notariellen Vertrag v. 23.8.1994 gründeten G. K. und A. R. die "G. GbR S. IV M. straße" (im Folgenden: Fonds, Fondsgesellschaft). Zweck der Gesellschaft war der Erwerb, die wirtschaftliche Ausnützung und Verwaltung der Gewerbeimmobilie M. straße 6 in L. . Gesellschafter konnten dem Fonds, dessen Kapital bis zu 13,5 Mio. DM betragen sollte, durch Einlagen von mindestens 15.000 DM beitreten. Initiatorin des Fonds war die Gesellschaft für W. mbH S. (GW -GmbH), die außerdem den Vertrieb der Fondsanteile übernahm. Die durch eine Treuhandgesellschaft vertretenen Beklagten zeichneten am 15.12.1995 zwei Fondsanteile über insgesamt 60.000 DM.

Die Beklagten schlossen am 1.12.1995 zur Finanzierung ihrer Beteiligung mit der Klägerin unter Verwendung eines Formulars, das die Klägerin dem Vertriebsunternehmen überlassen hatte, einen Kreditvertrag über 68.888,88 DM. Das Darlehen sollte in voller Höhe durch eine von den Beklagten zugleich abgeschlossene Kapitallebensversicherung getilgt werden. Die Ansprüche aus dieser Lebensversicherung traten die Beklagten sicherungshalber an die Klägerin ab; außerdem verpfändeten sie der Klägerin ihren Gesellschaftsanteil.

Die monatlichen Kreditbelastungen der Beklagten konnten - entgegen dem Konzept des Fonds - ab Beginn des Jahres 2000 nicht mehr über Mietausschüttungen gedeckt werden. Durch Anwaltsschreiben v. 20.8.2001 kündigten die Beklagten mit der Begründung, über den tatsächlichen Verkehrswert der Immobilie und eine vermeintliche Wertsteigerung in betrügerischer Weise getäuscht worden zu sein, ihre Fondsbeteiligung aus wichtigem Grund. Schließlich widerriefen die Beklagten - im vorliegenden Rechtsstreit - durch Schriftsatz v. 4.1.2002 unter Berufung auf eine Haustürsituation ihre Erklärung auf Abschluss des Darlehensvertrages ggü. der Klägerin.

Der von der Klägerin nach Kündigung und Fälligstellung des Darlehens erhobenen Klage auf Zahlung von 72.538,20 DM hat das LG stattgegeben. Die Berufung der Beklagten, die im zweiten Rechtszug außerdem widerklagend Rückzahlung der Zinsleistungen von 26.866,80 DM begehrt haben, ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision verfolgen die Beklagten ihre Berufungsanträge weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, ein Widerrufsrecht der Beklagten nach dem Haustürwiderrufsgesetz sei jedenfalls verwirkt. Mängel des Beitritts zur Fondsgesellschaft könnten die Beklagten nicht im Rahmen des Darlehensverhältnisses geltend machen, weil der Fondsbeitritt kein verbundenes Geschäft darstelle und nicht im Rahmen des Darlehensvertrages rückabgewickelt werden könne. Die Widerklage sei unzulässig, weil ihr ein anderer Streitgegenstand als der Klage zu Grunde liege.

II. Dieser Beurteilung kann nicht beigetreten werden.

Nach dem für das Revisionsverfahren maßgeblichen Sachvortrag der Beklagten ist die Klage schon deshalb unbegründet und die Widerklage begründet, weil der Darlehensvertrag der Parteien unwirksam ist. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts waren die Beklagten berechtigt, ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HaustürWG (in der bis zum 30.9.2000 geltenden Fassung, jetzt § 312 Abs. 1 Nr. 1 BGB) zu widerrufen.

1. Die Widerklage der Beklagten auf Zahlung von 26.866,80 DM ist - wie die Revision mit Recht rügt - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts zulässig. Die in § 533 ZPO geregelten Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer neuen, erstmals im Berufungsrechtszug erhobenen Widerklage sind erfüllt.

a) Eine Widerklage ist gem. § 533 Nr. 1 ZPO zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält. Wegen der Verweisung des § 525 ZPO auch auf § 267 ZPO kann die Einwilligung des Gegners stillschweigend erteilt werden, indem er sich rügelos auf die Widerklage einlässt (BGHZ 21, 13 [18]; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 23. Aufl., § 533 Rz. 9; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 533 Rz. 19). Da die Klägerin - ohne vorherige schriftsätzliche Beanstandung (BGH, Urt. v. 21.2.1975 - V ZR 148/73, NJW 1975, 1228 f.) - in der mündlichen Verhandlung v. 24.7.2002 einen Antrag auf Abweisung der Widerklage gestellt hat, wird ihre Einwilligung unwiderleglich vermutet.

b) Als zweite Voraussetzung darf eine Widerklage nur auf Tatsachen gestützt werden, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zu Grunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2 ZPO). Es bestehen bereits durchgreifende Bedenken, ob es sich bei dem - widerklagend geltend gemachten - der Höhe nach unstreitigen Zinsbetrag um eine neue Tatsache handelt, weil dieser Zahlungsposten ohnehin mit dem Anspruch der Klägerin auf Rückgewähr der Darlehensvaluta zu verrechnen wäre und daher (unausgesprochen) bereits im Klagevortrag enthalten ist. Jedenfalls sind neue unstreitige Tatsachen im Berufungsrechtszug gem. §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen. Wie zum früheren Novenrecht (BGH, Urt. v. 31.1.1980 - VII ZR 96/79, MDR 1980, 393 = NJW 1980, 945 [947]) betrifft die Regelung des § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO über die Zulassung neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel nur streitiges und daher beweisbedürftiges Vorbringen (OLG Hamm v. 10.2.2003 - 18 U 93/02, MDR 2003, 650 f.; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 23. Aufl., § 531 Rz. 25; Meyer-Seitz in Hannich/Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 531 Rz. 8). Unstreitige neue Tatsachen können also die Grundlage einer Widerklage bilden (Meyer-Seitz in Hannich/Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 533 Rz. 10). Klage und Widerklage betreffen im Sinn des herrschenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriffs (BGH v. 19.12.1991 - IX ZR 96/91, BGHZ 117, 1 [6] = MDR 1992, 293) einen identischen Sachverhalt. Wegen der (notwendig) jeweils entgegengesetzten Angriffsrichtung kann aber nicht - wie offenbar das Berufungsgericht meint - außerdem verlangt werden, dass Klage und Widerklage - als zweites Element des Streitgegenstandsbegriffes - dasselbe Begehren zum Inhalt haben. Vielmehr führt schon die im Verhältnis zur Klage gemeinsame Tatsachengrundlage zur Zulässigkeit der Widerklage.

2. § 5 Abs. 2 HaustürWG ist richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass die Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes auf Real- und Personalkredite auch dann anzuwenden sind, wenn das Widerrufsrecht nach dem Verbraucherkreditgesetz ausgeschlossen oder erloschen ist (BGH v. 9.4.2002 - CI ZR 91/99, BGHZ 150, 248 [256]; v. 12.11.2002 - XI ZR 47/01, BGHZ 152, 331 [334 f.] = MDR 2003, 224 = BGHReport 2003, 186; Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 395/01, BGHReport 2004, 1292 = MDR 2004, 1193 = ZIP 2004, 1402 [1403]). Letzteres ist hier der Fall. Die Widerrufsfrist des § 7 Abs. 2 S. 3 VerbrKrG ist infolge Fristablaufs erloschen.

3. Die Voraussetzungen des Widerrufs nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 HaustürWG liegen vor.

a) Nach dem für das Revisionsverfahren zu Grunde zu legenden Sachverhalt sind die Beklagten auf Grund eines unbestellten Besuchs von einem Mitarbeiter des Vertriebsunternehmens für den Fondsbeitritt und dessen Finanzierung in ihrer Wohnung geworben worden.

b) Die Haustürsituation ist der Klägerin zuzurechnen.

Insoweit gelten die für die Zurechnung einer arglistigen Täuschung nach § 123 Abs. 2 BGB entwickelten Grundsätze (BGH, Urt. v. 12.11.2002 - XI ZR 3/01, MDR 2003, 225 = BGHReport 2003, 235 = ZIP 2003, 22 [24 f.]; v. 15.7.2003 - XI ZR 162/00, BGHReport 2003, 1340 = ZIP 2003, 1741 [1743]; v. 20.1.2004 - XI ZR 460/02, BGHReport 2004, 595 = MDR 2004, 582 = DB 2004, 647 [648]). Ist danach - wie hier - der Verhandlungsführer als Dritter anzusehen, so ist sein Handeln dem Erklärungsempfänger zuzurechnen, wenn dieser es kannte oder kennen musste. Für eine fahrlässige Unkenntnis in diesem Sinne genügt, dass die Umstände des Falles den Erklärungsempfänger veranlassen mussten, sich zu erkundigen, auf welchen Umständen die ihm übermittelte Willenserklärung beruht (BGH, Urt. v. 9.4.1992 - IX ZR 145/91, MDR 1992, 961 = ZIP 1992, 755 [756]).

Auch wenn die Klägerin nicht schon gewusst haben sollte, dass die Fondsbeteiligungen einschließlich der Finanzierungen in Haustürsituationen vertrieben wurden, war sie nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen doch jedenfalls verpflichtet, sich bei der Fondsgesellschaft oder dem Vertriebsunternehmen über die Umstände der Vertragsverhandlungen zu erkundigen, weil sie in das Vertriebssystem des Fonds eingebunden war. Sie hatte dem Vertriebsunternehmen ihre Kreditformulare überlassen. Ausweislich des Kreditvertrages hatte der Vermittler die eigenhändige Unterschriftsleistung der Beklagten "im Hause des Kreditnehmers" (richtig: der Kreditnehmer) bestätigt. Damit legte schon die Vertragsurkunde eine Haustürsituation in aller Deutlichkeit nahe. Deshalb hätte für die Klägerin Veranlassung bestanden, bei dem Fondsvertreiber Nachfrage über das Zustandekommen der Willenserklärung zu halten.

c) Das Widerrufsrecht der Beklagten ist nicht durch Fristablauf erloschen. Die einwöchige Widerrufsfrist des § 1 Abs. 1 HaustürWG hat mangels ordnungsgemäßer Belehrung nach § 2 Abs. 1 S. 2 und 3 HaustürWG nicht zu laufen begonnen.

Die Belehrung enthält den Hinweis, dass nach dem Empfang des Darlehens der Widerruf als nicht erfolgt gelte, wenn der Nettokreditbetrag nicht binnen zwei Wochen zurückgezahlt werde. Eine derartige - dem § 7 Abs. 3 VerbrKrG entsprechende - Widerrufsbelehrung genügt entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht den Anforderungen des § 2 HaustürWG, weil sie eine "andere" - zudem noch unrichtige - Erklärung enthält (BGH, Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 395/01, BGHReport 2004, 1292 = MDR 2004, 1193 = ZIP 2004, 1402 [1404]). Fehlt eine ordnungsgemäße Belehrung, kann das Widerrufsrecht entsprechend dem Urteil des EuGH v. 13.12.2001 (EuGH, Urt. v. 13.12.2001 - Rs. C-481/99, MDR 2002, 225 = NJW 2002, 281 [282 f.]) zeitlich unbefristet ausgeübt werden (BGH v. 2.7.2001 - II ZR 304/00, BGHZ 148, 201 [203 f.] = MDR 2001, 1163 = BGHReport 2001, 727: 10 Jahre). Eine Verwirkung des Widerrufsrechts scheidet schon deshalb aus, weil Darlehensnehmer erst durch die Entscheidung des EuGH v. 13.12.2001 (EuGH, Urt. v. 13.12.2001 - Rs. C-481/99, MDR 2002, 225 = NJW 2002, 281 [282 f.]) über die Berechtigung eines Widerrufs nach dem Haustürwiderrufsgesetz verbindlich in Kenntnis gesetzt wurden (BGH, Urt. v. 15.9.1999 - I ZR 57/97, MDR 2000, 535 = NJW 2000, 140 [142]). Folgerichtig haben die Beklagten ihre Erklärung am 4.1.2002 widerrufen.

4. Als Rechtsfolge des Widerrufs sind die Vertragspartner gem. § 3 Abs. 1 S. 1 HaustürWG verpflichtet, dem jeweils anderen Teil die empfangenen Leistungen zurückzugewähren.

a) Danach brauchen die Beklagten der Klägerin nicht die Darlehensvaluta zurückzuzahlen, sondern ihr lediglich ihren Fondsanteil abzutreten.

Der Senat hat in seinem Urteil v. 14.6.2004 (BGH, Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 395/01, BGHReport 2004, 1292 = MDR 2004, 1193 = ZIP 2004, 1402 [1404 f.]) entschieden, dass die von dem Darlehensnehmer empfangene Leistung im Falle der Auszahlung des Darlehens an einen Dritten bei einem Verbundgeschäft i.S.v. § 9 VerbrKrG der finanzierte Gesellschaftsanteil ist. Der Fondsbeitritt der Beklagten und der Darlehensvertrag der Parteien bilden ein verbundenes Geschäft i.S.v. § 9 Abs. 1, 4 VerbrKrG. Ein solches liegt vor, wenn sich Fondsgesellschaft und Bank derselben Vertriebsorganisation bedienen (BGH, Urt. v. 21.7.2003 - II ZR 387/02, BGHReport 2003, 1208 = MDR 2003, 1188 = ZIP 2003, 1592 [1594]; v. 14.6.2004 - II ZR 393/02, BGHReport 2004, 1282 = MDR 2004, 1192 = ZIP 2004, 1394 [1396, 1398]; v. 14.6.2004 - II ZR 395/01, BGHReport 2004, 1292 = MDR 2004, 1193 = ZIP 2004, 1402 [1405]). Das war hier der Fall. Die Klägerin hat ihre Vertragsformulare dem von den Fondsinitiatoren eingeschalteten Vertriebsunternehmen zur Verfügung gestellt.

b) Die Klägerin hat den Beklagten die von ihnen gezahlten Zinsleistungen zurückzugewähren, allerdings nur, soweit sie aus von der Gesellschaftsbeteiligung unabhängigem Vermögen erbracht sind (BGH, Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 395/01, BGHReport 2004, 1292 = MDR 2004, 1193 = ZIP 2004, 1402 [1404]). Das Berufungsgericht wird - ggf. nach ergänzendem Vortrag der Parteien - klären müssen, in welchem Umfang der Treuhänder Ausschüttungen des Fonds an die Klägerin weitergeleitet hat. Ferner ist die Klägerin verpflichtet, die Rechte aus der Lebensversicherung an den Beklagten zurückzuübertragen (BGH, Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 395/01, BGHReport 2004, 1292 = MDR 2004, 1193 = ZIP 2004, 1402 [1404]).

5. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - zu den Voraussetzungen einer Haustürsituation nach § 1 HaustürWG keine Feststellungen getroffen. Das nachzuholen, hat es im Rahmen der neuen Verhandlung Gelegenheit.

III. Die Revision ist auch noch aus einem anderen Gesichtspunkt begründet. Selbst wenn der Darlehensvertrag wirksam sein sollte, müssten die Beklagten nach dem vom Berufungsgericht bisher unterstellten Sachverhalt keine weiteren Zahlungen an die Klägerin leisten und hätten umgekehrt einen Anspruch auf Rückgewähr ihrer bereits erbrachten Leistungen. Das ergibt sich aus § 9 Abs. 3, Abs. 2 S. 4 VerbrKrG, dessen bis zum 30.9.2000 geltende Fassung hier anzuwenden ist.

1. Wie vorstehend unter II. 4. a ausgeführt, bilden der Darlehensvertrag und der Gesellschaftsbeitritt ein verbundenes Geschäft i.S.v. § 9 Abs. 1, 4 VerbrKrG, so dass § 9 Abs. 3 VerbrKrG zur Anwendung kommt.

2. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts können sich die Beklagten der Klägerin ggü. darauf berufen, dass ihnen gegen die Gründungsgesellschafter des Fonds, G. K. und A. R., Schadensersatzansprüche u.a. aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss zustehen (BGH, Urt. v. 10.10.1994 - II ZR 95/93, MDR 1995, 275 = ZIP 1994, 1851 f.).

a) Wie der Senat in seinen Urt. v. 14.6.2004 (BGH, Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 393/02, BGHReport 2004, 1282 = MDR 2004, 1192 = ZIP 2004, 1394 [1400]; v. 14.6.2004 - II ZR 395/01, BGHReport 2004, 1292 = MDR 2004, 1193 = ZIP 2004, 1402 [1404]) entschieden hat, kann der bei seinem Eintritt in eine Fondsgesellschaft getäuschte Anleger bei Vorliegen eines Verbundgeschäfts nicht nur seine Beteiligung kündigen und die daraus folgenden Ansprüche auch der Bank entgegenhalten, sondern darüber hinaus der Bank auch alle Ansprüche entgegensetzen, die er gegen die Prospektverantwortlichen und Gründungsgesellschafter des Fonds hat, weil diese in dem Dreiecksverhältnis des Verbundgeschäfts Kunde - Verkäufer - Bank wie ein Verkäufer zu behandeln sind.

b) Die ggü. den Gründungsgesellschaftern des Fonds bestehenden Schadensersatzansprüche sind darauf gerichtet, den Anleger so zu stellen, als wäre er der Fondsgesellschaft nicht beigetreten und hätte mit dem den Beitritt finanzierenden Institut keinen Darlehensvertrag geschlossen (BGH, Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 393/02, BGHReport 2004, 1282 = MDR 2004, 1192 = ZIP 2004, 1394 [1400]; v. 14.6.2004 - II ZR 395/01, BGHReport 2004, 1292 = MDR 2004, 1193 = ZIP 2004, 1402 [1406]).

Danach haben die Beklagten der Klägerin nur die Fondsbeteiligung und in entsprechender Anwendung von § 255 BGB ihre Schadensersatzansprüche gegen die GW -GmbH und die Gründungsgesellschafter abzutreten. Die Darlehensvaluta, die nicht an sie, sondern an den Treuhänder geflossen ist, brauchen sie der Klägerin nicht zurückzuzahlen.

Ferner können die Beklagten im Wege des Rückforderungsdurchgriffs nach § 9 Abs. 2 S. 4 VerbrKrG (BGH, Urt. v. 21.7.2003 - II ZR 387/02, BGHReport 2003, 1208 = MDR 2003, 1188 = ZIP 2003, 1592 [1595]) von der Klägerin Rückgewähr der von ihnen auf Grund des Darlehensvertrages an die Klägerin erbrachten Leistungen verlangen. Ebenso wie im oben (II.) erörterten Fall der Rückabwicklung auf Grund wirksamen Widerrufs des Darlehensvertrages nach dem Haustürwiderrufsgesetz haben sie jedoch nur Anspruch auf Rückzahlung solcher Leistungen, die sie aus eigenem Vermögen erbracht haben.

c) Diese Rechte der Beklagten sind nicht verwirkt.

Insoweit kommt es nicht auf die erst im August 2000 erfolgte Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses an. Das Kündigungsrecht kann im Falle eines verbundenen Geschäfts auch dadurch ausgeübt werden, dass der getäuschte Anleger dem Finanzierungsinstitut mitteilt, er sei durch Täuschung zum Erwerb der Beteiligung veranlasst worden, und ihm die Übernahme seines Geschäftsanteils anbietet (BGH, Urt. v. 21.7.2003 - II ZR 387/02, BGHReport 2003, 1208 = MDR 2003, 1188 = ZIP 2003, 1592 [1595]; Urt. v. 14.7.2004 - II ZR 392/01, BGHReport 2004, 1292 = WM 2004, 1518 [1520 f.]). Die Beklagten haben den Darlehensvertrag bereits Ende Juni 1998 ggü. der Klägerin angefochten und ihr die Fondsbeteiligung zur Verfügung gestellt.

3. Da das Berufungsgericht, wie dargelegt, insoweit noch Feststellungen zu treffen hat, kommt eine abschließende Entscheidung des Senats auch in Bezug auf den Schadensersatzanspruch der Beklagten nicht in Betracht. Die Zurückverweisung bietet auch Gelegenheit nach Maßgabe der Urteile des Senats v. 14.6.2004 (BGH, Urt. v. 14.6.2004 - II ZR 393/02, BGHReport 2004, 1282 = MDR 2004, 1192 = ZIP 2004, 1394 [1400]; v. 14.6.2004 - II ZR 395/01, BGHReport 2004, 1292 = MDR 2004, 1193 = ZIP 2004, 1402 [1407]) zu klären, ob die Beklagten in den Genuss von Steuervorteilen gekommen sind, denen keine Nachzahlungsansprüche des Finanzamts gegenüberstehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1304523

BGHR 2005, 452

EBE/BGH 2005, 2

FamRZ 2005, 436

NJW-RR 2005, 437

EWiR 2005, 585

JurBüro 2005, 278

WM 2005, 295

WuB 2005, 575

WuB 2005, 623

ZAP 2005, 446

ZIP 2005, 567

ZfIR 2005, 262

MDR 2005, 588

MDR 2006, 555

PA 2005, 66

VRR 2005, 162

ZBB 2005, 193

Mitt. 2005, 136

ProzRB 2005, 180

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