Rz. 57

Im Namen des Volkes

Urteil gemäß § 495a ZPO

In dem Rechtsstreit

des Herrn _________________________

– Klägers –

– Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt _________________________

gegen _________________________

die gesetzlich vertreten durch ihren Vorstand _________________________

– Beklagte –

– Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt _________________________

hat das Amtsgericht Neukölln auf die mündliche Verhandlung vom 5.12.1996 durch den Richter am Amtsgericht _________________________ für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 483,00 DM nebst 4 % Jahreszinsen seit dem 12.11.1996 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Wesentliche Gründe der Entscheidung

Die Klage ist begründet. Der Kläger kann von der Beklagten Deckung aus der zwischen den Parteien abgeschlossenen Rechtsschutz-Versicherung gemäß den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB) auch insoweit verlangen, als er vor dem Arbeitsgericht Berlin Klage auf Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens erhoben hat.

Der nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bestehende allgemeine arbeitsvertragliche Anspruch eines gekündigten Arbeitnehmers auf vertragsgemäße Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses kann zugleich mit der Kündigungsschutzklage im Wege der objektiven Klagehäufung nach § 260 ZPO gerichtlich geltend gemacht werden (BAG, NZA 85, 702). Einer Beschäftigungsklage kann zwar nur dann stattgegeben werden, wenn ein Gericht für Arbeitssachen auch die Unwirksamkeit einer Kündigung festgestellt hat oder gleichzeitig feststellt. Damit wird dem Arbeitnehmer aber bereits in der ersten Instanz zumindest die rechtliche Möglichkeit eingeräumt, neben der Kündigungsschutzklage einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung im Hinblick auf einen umfassenden prozessualen Rechtsschutz geltend zu machen.

Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass insoweit ein Rechtsschutzfall nicht vorläge. Die Möglichkeit eines Verstoßes gegen Rechtspflichten durch den Arbeitgeber ist darin zu sehen, dass dieser mit der Kündigung gleichzeitig konkludent erklärt, eine Weiterbeschäftigung nach Ablauf der Kündigungsfrist abzulehnen. Eine Übernahme der Kosten für den Weiterbeschäftigungsantrag durch die Versicherung kann nicht davon abhängig gemacht werden, dass die Erfolgsaussichten der Kündigungsschutzklage bereits durch ein erstinstanzliches Urteil hinreichend abgesichert sind. Eine Rechtsschutzversicherung wird vom Arbeitnehmer gerade deshalb abgeschlossen, gewisse Restrisiken – im Rahmen einer notwendigen und rechtlich sinnvollen Prozessführung – durch die Versicherung abzudecken. Andernfalls wird die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zumindest insoweit unterlaufen, als die rechtlich eingeräumte Möglichkeit der gleichzeitigen Geltendmachung von Kündigungsschutz- und Weiterbeschäftigungsklage in der ersten Instanz mit kostenmäßigen Risiken für den Versicherungsnehmer verbunden ist.

Der Einwand der Beklagten, dem Kläger entstehe kein Rechtsnachteil, wenn dieser zumindest bis zum Scheitern des Gütetermins den Weiterbeschäftigungsantrag zurückstelle, greift nicht. Für den Kläger ist vor dem Gütetermin nicht abzusehen, ob es in diesem beispielsweise zu einem für ihn annehmbaren Vergleich kommt. Der Prozessbevollmächtigte ist gehalten, alle denkbaren prozessualen Möglichkeiten zum Zwecke eines umfassenden Rechtsschutzes auszuschöpfen, um dem Arbeitnehmer den Anspruch auf den angestammten Arbeitsplatz zu sichern. Der Sinn und Zweck des Güteverfahrens besteht gerade darin, das gesamte Streitverhältnis mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern (§ 54 Abs. 1 S. 2 ArbGG). Das gesamte Streitverhältnis wird aber bestimmt durch den mit der Klage anhängig gemachten Streitgegenstand. Der Streitgegenstand wiederum wird eben durch den Klageantrag und den zur Begründung des Antrags vorgetragenen Lebenssachverhalt festgelegt. Handelt es sich um mehrere Klageanträge, werden auch mehrere Streitgegenstände anhängig gemacht. Nur bei Erörterung sämtlicher Klageanträge im Gütetermin ist die Möglichkeit einer Beilegung des Rechtsstreits schon in diesem Verfahrensstadium zu gewährleisten. Diesem Grundsatz würde es zuwiderlaufen, wenn der Arbeitnehmer aufgrund mangelnder Deckung durch seine Rechtsschutzversicherung gezwungen wäre, erst bei Scheitern der Güteverhandlung die Klage dahingehend zu erweitern, neben der Kündigungsschutzklage nun auch Klage auf Weiterbeschäftigung zu erheben. Allein mit dem Weiterbeschäftigungsantrag gewinnt der Kläger einen sofort vollstreckbaren Titel, insbesondere auch bei arbeitgeberseitiger Säumnislage im Gütetermin und der sich unmittelbar daran anschließenden streitigen Verhandlung (§§ 54, Abs. 4, 62 ArbGG).

Eine Obliegenheitsverletzung des Klägers als Versicherungsnehmer gem. § 17 Abs. 6 ARB i.V.m. § 17 Abs. 5c cc) ARB wegen unnötiger Kostenerhöh...

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