Rz. 20

Zentrale Bedeutung für die den Versorgungsausgleich betreffenden Verfahren hat die Definition der Versorgungsausgleichssachen in § 217 FamFG, denn nur für Versorgungsausgleichssachen sind die besonderen Verfahrensregeln in den §§ 218 ff. FamFG anwendbar. Zugleich bestimmt die Einordnung als Versorgungsausgleichssache auch über die Zuständigkeit für die Behandlung dieser Verfahren (internationale Zuständigkeit: § 102 FamFG, sachliche Zuständigkeit: § 23b Abs. 1 GVG i.V.m. § 111 Nr. 7 FamFG, örtliche Zuständigkeit: § 218 FamFG).

I. Grundlagen

 

Rz. 21

Nach § 217 FamFG sind Versorgungsausgleichssachen alle Verfahren, welche die Teilung von in der Ehezeit erworbenen Anrechten i.S.d. § 2 VersAusglG zwischen geschiedenen Ehegatten betreffen. Für Lebenspartner enthält § 269 Abs. 1 Nr. 7 eine entsprechende Regelung; diese Verfahren sind Lebenspartnerschaftssachen. In der Sache besteht kein Unterschied zwischen Ehegatten und Lebenspartnern.

 

Rz. 22

Welche Verfahren die Teilung von in der Ehezeit erworbenen Anrechten i.S.d. § 2 VersAusglG zwischen geschiedenen Ehegatten betreffen, ist eine Frage des materiellen Rechts. Erfasst werden also alle Verfahren, welche sachlich Gegenstände betreffen, die in den Versorgungsausgleich einzubeziehen sind, und der Streit darum, ob es sich um einen dem Versorgungsausgleich zuzurechnenden Gegenstand handelt.

 

Rz. 23

Auswirkungen hat insoweit v.a. der erweiterte Anwendungsbereich des Versorgungsausgleichs: Während bis 2009 im Versorgungsausgleich nur auf Rentenzahlungen gerichtete Anrechte auszugleichen waren,[5] sieht § 2 Abs. 2 VersAusglG nun vor, dass ein Anrecht i.S.d. Betriebsrentengesetzes oder des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes unabhängig von der Leistungsform auszugleichen ist (zu den Einzelheiten des materiellen Rechts siehe oben § 4 Rdn 52 ff.). Das betrifft v.a. die neuen Formen der Altersvorsorge, die nicht auf Rentenzahlungen gerichtet sind, aber eindeutig auf eine Absicherung im Alter abzielen (sog. Riester- und Rürup-Verträge einschließlich der sog. "WohnRiester"-Verträge). Verfahren über den Ausgleich dieser Anrechte sind deswegen – entsprechend der Einordnung im materiellen Recht – Versorgungsausgleichssachen und keine Güterrechtssachen mehr. Unterschiede ergeben sich insofern in Bezug auf die Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes und die Bewertung der Anrechte.

 

Rz. 24

Versorgungsausgleichssachen können nur zwischen Ehegatten (bzw. ihren Rechtsnachfolgern, vgl. § 31 VersAusglG) geführt werden. Streitigkeiten mit anderen Personen sind selbst dann keine Versorgungsanwartschaften, wenn der Ausgang dieses Streits für den Versorgungsausgleich erhebliche Auswirkungen hat, z.B., weil erst dann feststeht, ob ein auszugleichendes Anrecht besteht oder nicht besteht. Ein Verfahren, das nach dem Tod des ausgleichspflichtigen Ehegatten angestrengt wird, weil noch nicht ausgeglichene Anrechte bei einem Versorgungsträger bestehen, ist dagegen Versorgungsausgleichssache, gleichgültig, ob es sich um ein Verfahren mit dem betroffenen Versorgungsträger oder um ein Verfahren mit dem überlebenden Ehegatten des Ausgleichspflichtigen handelt (Fälle der §§ 25, 26 VersAusglG).

 

Rz. 25

Verfahren zwischen Lebenspartnern in Bezug auf den Versorgungsausgleich sind keine Versorgungsausgleichssachen, sondern Lebenspartnerschaftssachen i.S.d. § 269 Abs. 1 Nr. 7 FamFG. Für sie gelten aber die gleichen Verfahrensregeln wie in den Versorgungsausgleichssachen, denn § 270 FamFG verweist insoweit auf §§ 218 ff. FamFG.

[5] HK-BGB/Kemper, 5. Aufl., § 1587a BGB Rn 4 ff.; Borth, 4. Aufl., Rn 30 ff.

II. Mögliche Versorgungsausgleichssachen

 

Rz. 26

Zu den Versorgungsausgleichssachen gehören zunächst alle Verfahren über den Wertausgleich von Versorgungsanrechten selbst, v.a. also das Verfahren über den Wertausgleich bei der Scheidung (§§ 9 ff. VersAusglG, zum materiellen Recht siehe oben, § 8 Rdn 1 ff.). Hierher gehört auch das Begehren festzustellen, dass wegen der Geringwertigkeit von Versorgungsanrechten (§ 18 VersAusglG) oder der kurzen Ehedauer (§ 3 Abs. 3 VersAusglG) gänzlich oder wegen fehlender Ausgleichsreife (§ 19 VersAusglG) derzeit kein Versorgungsausgleich stattfindet.[6]

 

Rz. 27

Versorgungsausgleichssachen sind auch die Verfahren über den Wertausgleich nach der Scheidung (§§ 20 ff. VersAusglG, zum materiellen Recht siehe oben § 9 Rdn 1 ff.). Hierzu gehören auch Verfahren in Bezug auf die Abtretung von Versorgungsansprüchen (§ 21 VersAusglG) und die Kapitalabfindung von solchen Ansprüchen (§§ 23 f. VersAusglG) sowie Verfahren in Bezug auf die Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung (§§ 25 f. VersAusglG). Außerdem ist der Streit um Kapitalzahlungen aus einem noch nicht ausgeglichenen Anrecht nach § 22 VersAusglG Versorgungsausgleichssache.

 

Rz. 28

Erfasst werden auch nachträgliche isolierte Versorgungsausgleichsverfahren, v.a. in dem Fall, dass eine Ehe schon im Ausland geschieden wurde, ohne dass bei dieser Gelegenheit bereits der Versorgungsausgleich durchgeführt wurde.[7]

 

Rz. 29

Alle Verfahren über Auskunftsansprüche in Bezug auf Versorgungsa...

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