Rz. 1

Die Beweisaufnahme ist in der Praxis des Zivilprozesses das Herzstück der Prozessführung. Selten streiten die Parteien allein über Rechtsansichten.

 

Rz. 2

Beweisen bedeutet, das Gericht von der Wahrheit des eigenen, ansonsten streitigen Tatsachenvortrages zu überzeugen und damit erst die Grundlage für den Klageanspruch oder das Durchdringen der Rechtsverteidigung zu schaffen. Es ist dem Mandanten häufig nur schwer zu vermitteln, dass es nicht auf sein Wissen oder seine Überzeugung ankommt, sondern auf die Fähigkeit, einem Dritten, dem Richter, diese Überzeugung zu vermitteln. Insoweit entscheidet sich in der Beweisaufnahme, ob die tatsächlichen Behauptungen des Mandanten zutreffen bzw. ob sie zur Überzeugung des Richters nachgewiesen sind und so sein Klagebegehren oder seine Rechtsverteidigung Erfolg hat. Diese Grundsituation muss mit dem Mandanten schon bei der Klärung des Sachverhaltes im Mandantengespräch beachtet werden.[1]

 

Rz. 3

Trotz dieser ganz erheblichen praktischen Bedeutung wird zu Recht darauf hingewiesen,[2] dass das Beweisrecht als Stiefkind in der universitären Ausbildung wie im juristischen Vorbereitungsdienst behandelt wird. Schon die rechtlichen Grundlagen werden meist nur in den Grundzügen behandelt. Fragen der Beweislastverteilung, des taktischen Vorgehens oder gar der Vernehmungspsychologie werden nur rudimentär behandelt. Der Rechtsanwalt ist deshalb regelmäßig darauf angewiesen, erst durch seinen zunehmenden Schatz an Erfahrungen aus einer Vielzahl von Beweisaufnahmen diese taktisch und inhaltlich Erfolg versprechend zu gestalten.

 

Rz. 4

Für den Praktiker stellen sich dabei beispielsweise folgende Fragen:

Trägt die eigene Partei die (Darlegungs- und) Beweislast?
Welche Beweisanträge sind in welcher Form zu stellen?
Wann kann das Gericht von Amts wegen – zum Vor- oder Nachteil – des Mandanten Beweis erheben und wie kann dies angeregt bzw. verhindert werden?
Welche Beweismittel stehen zur Verfügung und welche Besonderheiten sind hier zu beachten?
Welchen Einfluss auf die Durchführung der Beweisaufnahme kann das erkennende Gericht nehmen?
Wie kann die Beweisführung des Gegners erschwert oder verhindert werden?
Welche Auswirkungen hat es, wenn der Beweis nicht geführt werden kann?

Die nachfolgenden Ausführungen sollen in Abschnitt B (siehe Rdn 7 ff.) die rechtlichen Grundlagen des Beweisrechtes der ZPO unter Einbeziehung der vorstehenden Fragestellungen erläutern und dabei zugleich die prozesstaktischen Möglichkeiten des Rechtsanwaltes praxisnah aufzeigen.

 

Rz. 5

Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass angesichts der kaum noch zu übersehenden Kasuistik zum Beweisrecht im Rahmen der AnwaltFormulare Zivilprozessrecht nur die Grundzüge des Beweisrechtes dargestellt werden können und bei Spezialfragen auf die entsprechende Spezialliteratur verwiesen werden muss, wie sie im vorstehenden Literaturverzeichnis aufgeführt wurde.

 

Rz. 6

Soweit der Rechtsanwalt für seinen Mandanten mit Anträgen und Anregungen selbst agieren kann, werden die einschlägigen Musteranträge in Abschnitt C (siehe Rdn 716 ff.) aufgeführt.

[1] Hierzu § 2 Rdn 1 ff.
[2] Vgl. Michel/von der Seipen, Der Schriftsatz des Anwalts im Zivilprozess, 6. Aufl. 2004, S. 166.

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