Rz. 16

Eine Auflösung durch die Stiftungsorgane (§ 87 BGB n.F.) oder eine Aufhebung durch die Stiftungsbehörde (§ 87a BGB n.F.) kommt zunächst (zu weiteren Auflösungstatbeständen vgl. Rdn 21) dann in Betracht, wenn die Stiftung ihren Zweck endgültig nicht mehr dauernd und nachhaltig erfüllen kann und das auch durch eine Umgestaltung der Stiftung mittels einer Satzungsänderung nicht mehr gewährleistet werden kann (vgl. § 87 Abs. 1 BGB n.F. für die Auflösung, auf den § 87a Abs. 1 BGB n.F. für die Aufhebung verweist). Der Vorstand[2] "soll", so der Gesetzestext des § 87 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F., in diesem Fall die Auflösung beschließen. Der Auflösungsbeschluss bedarf der Genehmigung durch die Stiftungsbehörde (§ 87 Abs. 3 BGB n.F.). Die Stiftungsbehörde "soll" (vgl. § 87a Abs. 1 BGB n.F.) ihrerseits dann tätig werden, wenn die beschriebenen Voraussetzungen für eine Auflösung vorliegen und die Stiftungsorgane nicht rechtzeitig über eine Auflösung entscheiden.

 

Rz. 17

Diese Regelungen sind als Soll-Vorschriften ausgestaltet, was in der Gesetzesbegründung auch als Besonderheit ausdrücklich hervorgehoben wird. Allerdings sind die dortigen Ausführungen zu den Gründen für diese Gestaltung nicht wirklich eindeutig. Zum einen heißt es in der Gesetzesbegründung, dass eine Stiftung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 BGB n.F. "regelmäßig aufzulösen" ist. Zum anderen heißt es sodann in der Gesetzesbegründung aber weiter: "[A]nstelle einer Auflösung kommt auch eine Zulegung oder Zusammenlegung in Betracht. Bei der Wahl der jeweiligen Maßnahme ist nach § 83 Absatz 3 BGB-neu immer der Stifterwille zu beachten. Regelmäßig wird eine mögliche Zulegung oder Zusammenlegung Vorrang vor einer Auflösung der Stiftung haben, weil dadurch die vom Stifter begründete Zweck-Vermögen-Bindung aufrechterhalten werden kann, was jedenfalls dem mutmaßlichen Stifterwillen eher entspricht als eine Beendigung der Stiftung durch Auflösung oder Aufhebung."

 

Rz. 18

Noch einmal zusammengefasst: Zum einen soll die Stiftung also regelmäßig "aufzulösen sein", zum anderen soll ebenfalls "regelmäßig" "eine mögliche Zulegung oder Zusammenlegung Vorrang vor einer Auflösung der Stiftung haben". Das ist widersprüchlich und hilft deshalb leider nicht wirklich bei der Gesetzesauslegung weiter.

Der Hinweis auf den Stifterwillen ist allerdings grundsätzlich richtig. So wird man tatsächlich die Ausgestaltung als Soll-Vorschrift[3] als Aufforderung des Gesetzgebers zur genauen Prüfung und Erforschung des Stifterwillens zu verstehen haben.[4] Stifter sollten deshalb, so unsere Empfehlung für die Gestaltungspraxis, in Zukunft vorsorglich selbst klarstellen, ob sie eine Auflösung wünschen, bei der das Stiftungsvermögen einem von ihnen bestimmten Anfallsberechtigten zufällt, oder ob sie eine Zulegung oder eine Zusammenlegung bevorzugen und von welchen Umständen das ggf. abhängen soll.

 

Rz. 19

Die Stiftungsorgane sind verpflichtet, den Beschluss der Auflösung zu fassen, wenn es sich bei der von ihnen verwalteten Stiftung um eine Verbrauchsstiftung handelt und die Zeit, für die die Stiftung errichtet wurde, abgelaufen ist (§ 87 Abs. 2 BGB n.F.). Auch hier muss die Stiftungsbehörde die Auflösung nach § 87 Abs. 3 BGB n.F. genehmigen. Werden die Stiftungsorgane nicht unverzüglich tätig, entscheiden sie also nicht ohne schuldhaftes Zögern (vgl. § 121 Abs. 1 S. 1 BGB) über die Auflösung, hat die zuständige Stiftungsbehörde die Verbrauchsstiftung aufzulösen (§ 87a Abs. 2 Nr. 1 BGB n.F.).

 

Rz. 20

Die Auflösung einer Verbrauchsstiftung kommt darüber hinaus auch dann in Betracht, wenn die Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 BGB n.F. bereits vor Ablauf der Zeit, für die die Stiftung errichtet wurde, vorliegen. Ausweislich der Gesetzesbegründung beschränkt sich der Anwendungsbereich des § 87 Abs. 1 BGB n.F. nicht auf für unbestimmte Zeit errichtete Stiftungen.

 

Rz. 21

Neben diesen beiden bisher behandelten Auflösungstatbeständen hat die Stiftungsbehörde in zwei weiteren Fällen tätig zu werden:

zum einen auch dann, wenn "die Stiftung das Gemeinwohl gefährdet und die Gefährdung des Gemeinwohls nicht auf andere Weise beseitigt werden kann" (§ 87a Abs. 2 Nr. 2 BGB n.F.), und
zum anderen dann, wenn "der Verwaltungssitz der Stiftung im Ausland begründet wurde und die Behörde die Verlegung des Verwaltungssitzes ins Inland nicht innerhalb angemessener Zeit erreichen kann" (§ 87a Abs. 2 Nr. 3 BGB n.F.).
 

Rz. 22

Die Aufhebung der Stiftung unterliegt als hoheitliche Maßnahme dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit,[5] so dass stets zu prüfen ist, ob mildere Maßnahmen getroffen werden können. Das können im Fall der Aufhebung wegen Gemeinwohlgefährdung zum einen Änderungen der Satzung und ihres Zwecks sein sowie, wenn die Art und Weise der Zweckverwirklichung das Gemeinwohl gefährdet, aufsichtsbehördliche Maßnahmen, durch die eine andere Art und Weise der Zweckverwirklichung sichergestellt wird.

 

Rz. 23

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gilt, so die Gesetzesbegründung, auch für den Aufhebungsgrund ...

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