Rz. 2

Der Geschädigte darf einerseits nicht besser gestellt werden als er ohne das schädigende Ereignis stünde (siehe § 3 Rn 159 f.); andererseits sind nicht alle durch das Schadensereignis bedingten Vorteile auf den Schadenersatzanspruch anzurechnen, sondern nur solche, deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruches übereinstimmt (d.h. dem Geschädigten zumutbar ist und den Schädiger nicht unangemessen entlastet).[1] Nach der Rechtsprechung[2] sind im Rahmen der Schadenberechnung vorteilhafte Umstände zu berücksichtigen, die mit dem schädigenden Ereignis in einem qualifizierten Zusammenhang stehen, soweit ihre Anrechnung dem Sinn und Zweck des Schadenersatzes entspricht und weder den Geschädigten unzumutbar belastet noch den Schädiger unbillig entlastet. Vor- und Nachteile müssen bei wertender Betrachtung zu einer Rechnungseinheit verbunden sein,[3] wobei festzustellen ist, ob und gegebenenfalls welche einzelnen Vorteile sich bei wertender Betrachtung bestimmten Schadenpositionen zuordnen lassen.[4] Die künftige Entwicklung ist mit zu berücksichtigen;[5] für die Einbeziehung auch künftiger Vorteile ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung entscheidend.[6]

 

Rz. 3

Der Anspruch des Verletzten ist von vornherein nur mit der Einschränkung begründet, dass gleichzeitig die Vorteile, die ihm aus dem Haftungsgeschehen erwachsen, verrechnet werden.[7]

 

Rz. 4

Freiwillige Leistungen Dritter entlasten den Schädiger nicht. Dies gilt für Spenden, freiwillige Zuwendungen und Hilfeleistungen insbesondere von Angehörigen. Erwirbt der Geschädigte infolge des Haftpflichtgeschehens einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch gegen einen Unterhaltspflichtigen, entlastet dieses den Ersatzpflichtigen ebenfalls nicht, § 843 IV BGB. Soweit Drittleistungsträger (Sozialversicherung, Arbeitgeber u.a.) Leistungen erbringen, findet entweder ein gesetzlicher Forderungsübergang statt oder es besteht eine Abtretungsverpflichtung.

 

Rz. 5

Schadenmindernde Vorteile sind von Amts wegen zu berücksichtigen (Einwendung, keine Einrede).[8] Bei der Vorteilsausgleichung handelt es nicht um eine Einrede, die der Schädiger erst geltend machen müsste, sondern um eine Inhaltsbeschränkung, die dem Schadenersatzanspruch von vornherein anhaftet.[9]

 

Rz. 6

Der Schädiger trägt die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Tatsachen, aus denen sich die Vorteilsausgleichung ergibt. Ausreichend ist aber, dass der Schädiger auf den Tatbestand der Ersparnis hinweist. Nunmehr ist es Aufgabe des Geschädigten, da in seiner Sphäre liegend, im Einzelnen zu den Vorteilen vorzutragen (sekundäre Behauptungs- und Beweislast).

[1] BGH v. 14.9.2004 – VI ZR 97/04 – DAR 2005, 19 (Anm. Halm) = MDR 2005, 145 (Anm. Vehslage MDR 2005, 128) = NJW 2004, 3557 = NJW-Spezial 2005, 17 = NZV 2005, 39 = r+s 2005, 125 = SP 2004, 409 = SVR 2005, 23 (nur Ls.) (Anm. Grüneberg, Schwab) = VerkMitt 2005, Nr. 27 = VersR 2004, 1468 = VRS 107, 401 = zfs 2005, 124 (Anm. Diehl).
[2] BGH v. 15.7.2010 – III ZR 336/08 – BauR 2010, 2111 = BB 2010, 2057 (nur Ls.) = BGHZ 186, 205 = DB 2010, 1874 = MDR 2010, 1255 = VersR 2011, 1455 = WM 2010, 1641 = ZIP 2010, 1646; BGH v. 18.12.2007 – VI ZR 278/06 – BGHReport 2008, 435 = DAR 2008, 200 (nur Ls.) = FamRZ 2008, 685 = MDR 2008, 383 = NJW 2008, 1961 = NJW-Spezial 2008, 137 = NZV 2008, 392 = r+s 2008, 174 = SP 2008, 141 = VersR 2008, 513 = VRS 114, 223 = zfs 2008, 261; BGH v. 17.11.2005 – III ZR 350/04 – EWiR 2006 (nur Ls.) (Anm. Frisch) = MDR 2006, 407 (nur Ls.) = NJW 2006, 499 = VersR 2006, 413 = WM 2006, 499 = ZIP 2006, 573; BGH v. 2.4.2001 – II ZR 331/99 – VersR 2002, 242 = zfs 2001, 488; BGH v. 21.12.1989 – III ZR 118/88 – BGHZ 109, 380 = MDR 1990, 417 = NJW 1990, 1038 = VersR 1990, 272 = WM 1990, 401.
[3] BAG v. 22.3.2001 – 8 AZR 536/00 – ArztR 2002, 122; BGH v. 2.4.2001 – II ZR 331/99 – VersR 2002, 242 = zfs 2001, 488; BGH v. 16.5.1980 – V ZR 91/79 – BB 1980, 1347 = BGHZ 77, 151 = MDR 1980, 919 = NJW 1980, 2187 = VersR 1980, 920 = WM 1980, 1033; BGH v. 17.5.1984 – VII ZR 169/82 – BB 1984, 2021 = BGHZ 91, 206 = MDR 1984, 833 = NJW 1984, 2457 = WM 1984, 1187; BGH v. 6.6.1997 – V ZR 115/96 – BB 1997, 1657 = BGHZ 136, 52 = DB 1997, 2018 = MDR 1997, 924 = NJW 1997, 2378 = WM 1997, 1671; BGH v. 19.12.1978 – VI ZR 218/76 – VersR 1979, 323; OLG Saarbrücken v. 13.6.2006 – 4 U 364/05 – zfs 2007, 325 (Anm. Diehl).
[4] BGH v. 2.4.2001 – II ZR 331/99 – VersR 2002, 242 = zfs 2001, 488; BGH v. 6.6.1997 – V ZR 115/96 – BB 1997, 1657 = BGHZ 136, 52 = DB 1997, 2018 = MDR 1997, 924 = NJW 1997, 2378 = WM 1997, 1671; OLG Saarbrücken v. 13.6.2006 – 4 U 364/05 – zfs 2007, 325 (Anm. Diehl) (Mehrerlös bei unfallkausal vorzeitigem Verkauf eines Geschäftes ist als Vorteil auf den Verdienstausfall des Selbstständigen zu verrechnen).
[5] BGH v. 2.4.2001 – II ZR 331/99 – VersR 2002, 242 = zfs 2001, 488; vgl. auch BGH v. 29.4.1958 – VI ZR 82/57 – BGHZ 27, 181 = DAR 1961, 270 = JZ 1958, 403 = MDR 1958, 502, 756 = NJW 1958, 1085 = VersR 1958, 453 = VRS 15, 3.

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