Rz. 72

Der Rechtsanwalt muss für eine transparente Abrechnung mit dem Mandanten eine Zeiteinheit festgelegen, nach der im Einzelfall abgerechnet werden soll. Bei einer Abrechnung nach Stunden sollte festgelegt werden, wie viele Minuten eine Stunde als Abrechnungseinheit besitzt und welche Zeiteinheit berechnet werden soll, wenn die Tätigkeit des Rechtsanwalts unter einer Stunde liegt.[187] In der Praxis wurde hier häufig eine Abrechnung im Viertelstundentakt vorgenommen.[188] Diese Abrechnungspraxis ist in der unterinstanzlichen Rechtsprechung als eine unangemessene Benachteiligung des Mandanten im Sinne von § 307 BGB gewertet worden, sofern es um eine formularmäßige Klausel ging.[189] Beispielweise führte das OLG Düsseldorf aus, dass die Abrechnung jeder angefangener Minuten eines Viertelstundentakts zu einer Verletzung des Äquivalenzprinzips von Leistung und Gegenleistung sowie zu einer eigensüchtigen Aufblähung des Zeitaufwands ohne Rücksicht auf das Wirtschaftlichkeitsgebot führt.[190] Der BGH hat jüngst entschieden, dass eine formularmäßig vereinbarte Fünfzehn-Minuten-Zeittaktklausel jedenfalls im Rechtsverkehr mit Verbrauchern unwirksam ist.[191] Der Mandant ist typischerweise beim Abschluss von anwaltlichen Vergütungsvereinbarungen in besonderem Maße schutzbedürftig.[192]

 

Rz. 73

Die Unwirksamkeit einer formularmäßig vereinbarten Fünfzehn-Minuten-Zeittaktklausel lässt aber die Wirksamkeit der Vereinbarung des Zeithonorars unberührt, § 306 BGB, da das Zeithonorar und die Zeittaktklausel nicht untrennbar zusammenhängen.[193] Insoweit ist die Abrechnung des tatsächlichen Aufwands nach dem vereinbarten Stundensatz ohne weiteres möglich, soweit der darlegungs- und beweisbelastete Rechtsanwalt nachweisen kann, dass die berechnete Vergütung tatsächlich entstanden ist.[194]

 

Rz. 74

Die Entscheidung des BGH bezieht sich ausschließlich auf das Verbrauchermandat; der unternehmerische Verkehr wird hiervon ausgenommen. Dennoch dürfte es sich empfehlen, auch im unternehmerischen Rechtsverkehr zurückhaltend von einer Fünfzehn-Minuten-Zeittaktklausel Gebrauch zu machen. Der BGH steht einer solchen Klausel aufgrund der Missbrauchsmöglichkeit, die unabhängig von der Frage einer Verbraucher- oder Unternehmereigenschaft sein dürfte, kritisch gegenüber.[195] Welche Zeittaktklausel der BGH hingegen für wirksam hält, wird nicht beantwortet. Gängig dürfte eine Zeittaktklausel von sechs, fünf[196] bzw. zehn Minuten oder eine minutengenaue Abrechnung sein.[197]

[187] Schneider/Volpert/N. Schneider, § 3a RVG Rn 64.
[188] Hommerich/Kilian, NJW 2009, 1569, 1570.
[192] BGH NJW 2020, 1811, 1815.
[193] BGH NJW 2020, 1811, 1815; Deckenbrock, NJW 2020, 1776, 1778 m.w.N.
[194] BGH NJW 2020, 1811, 1815.
[195] BGH NJW 2020, 1811, 1815; Deckenbrock, NJW 2020, 1776, 1777 m.w.N.; kritisch Blattner, AnwBl 2020, 344, 346.
[196] LG Karlsruhe BeckRS 2021, 2271.
[197] Mayer/Kroiß/Winkler/Teubel, § 3a RVG Rn 162 m.w.N.; Deckenbrock, NJW 2020, 1776, 1777.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge