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Eine Kündigung erfolgt wegen des Betriebsübergangs, wenn dieser der tragende Grund, nicht nur der äußere Anlass für die Kündigung ist. Das Kündigungsverbot ist also dann nicht einschlägig, wenn es neben dem Betriebsübergang einen sachlichen Grund gibt, der "aus sich heraus" die Kündigung zu rechtfertigen vermag.[100] Es schützt damit nicht vor Risiken, die sich jederzeit unabhängig vom Betriebsübergang aktualisieren können und führt nach der ständigen Rspr. des BAG insbesondere nicht zur Lähmung der als notwendig erachteten unternehmerischen Maßnahmen.[101] Allerdings sind Betriebsveräußerer und Betriebserwerber gehindert, bei der Übernahme der Belegschaft eine Bestenauslese mit dem Ziel zu treffen, sich insbesondere von dem besonders schutzwürdigen älteren, schwerbehinderten, unkündbaren oder sonst sozial schwächeren Arbeitnehmer zu trennen. Dementsprechend genügt auch die Forderung eines Betriebserwerbers, die Belegschaft vor dem Betriebsübergang zu verkleinern, für sich nicht, sodass ein Interessent den Erwerb des Betriebs nicht von Kündigungen abhängig machen darf. Das BAG hat mit einer Entscheidung aus dem Jahre 2003 die Möglichkeiten einer sanierenden Kündigung erheblich erweitert.[102] Sinn und Zweck der Regelungen des § 613a BGB ist es nämlich nicht, den Erwerber auch bei einer aufgrund betriebswirtschaftlicher Gesichtspunkte voraussehbar fehlenden Beschäftigungsmöglichkeit zu verpflichten, das Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer noch einmal künstlich zu verlängern, damit er selbst die Kündigung aus betriebsbedingten Gründen aussprechen kann.[103] Zulässige Konzepte sind daher insbesondere Personalreduzierung beim Betriebsveräußerer zur "Erhöhung der Verkäuflichkeit" sowie die vorweggenommene Verwirklichung eines Erwerberkonzeptes. Dabei gelten die dargestellten Grundsätze uneingeschränkt auch im Insolvenzverfahren, § 128 InsO.[104]

[101] BAG v. 18.7.1996, AP Nr. 147 zu § 613a BGB = NZA 1997, 148; BAG v. 20.3.2003, AP Nr. 250 zu § 613a BGB = DB 2003, 1906, jeweils m.w.N.
[102] BAG v. 20.3.2003, AP Nr. 250 zu § 613a BGB = DB 2003, 1906.
[103] BAG v. 20.3.2003, AP Nr. 250 zu § 613a BGB = DB 2003, 1906.
[104] Plössner, NZI 2003, 401; Wellensiek, NZI 2005, 603.

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