a) Vertragsabschluss

 

Rz. 13

Der Anwalt leistet seine Dienste regelmäßig auf Grundlage eines entsprechenden Vertrages,[45] im Allgemeinen als Anwaltsvertrag bezeichnet.

Will der Anwalt ein ihm angetragenes Mandat nicht annehmen, muss er dies dem Mandaten gegenüber schnellstens erklären; die Ablehnung muss gem. § 44 BRAO unverzüglich erfolgen, anderenfalls droht dem Anwalt – man denke etwa an Fristenprobleme – die haftungsrechtliche Inanspruchnahme[46] für Schäden, die dem "Auftraggeber" infolge der unterbliebenen oder nicht zeitnahen Ablehnung entstanden sind (§ 44 S. 2 BRAO). "Unverzüglich" heißt "ohne schuldhaftes Zögern".

 

Beispiel: Versäumnisurteil

Will der Mandant, dass gegen ein Versäumnisurteil Einspruch eingelegt wird, muss der Anwalt wegen der bekanntermaßen kurzen Frist sofort handeln; er muss damit rechnen, dass der Mandant sich über den Zeitpunkt der Zustellung irrt.[47] Er darf den Mandanten auf keinen Fall mit der Bitte nach Hause schicken, zunächst die notwendigen Unterlagen zusammen zu tragen.

Gleichlautende Regelungen beinhalten die § 63 StBerG und § 51 WPO für Steuerberater bzw. Wirtschaftsprüfer.

 

Rz. 14

Will der Anwalt das Mandat übernehmen, geschieht dies in der Regel konkludent, indem er im Sinne seines Mandanten tätig wird (durch Entwurf eines Vertrages, Schreibens, Schriftsatzes o.Ä.).[48] Einer ausdrücklichen Annahme des Auftrags bedarf es nicht, wenngleich dies im Hinblick auf evtl. Einschränkungen des Mandatsumfangs[49] in jedem Fall risikoreduzierend und somit ratsam ist.

 

Beachte

Wegen der nachteiligen Folgen für die Haftung und den Versicherungsschutz aus der Berufs-Haftpflichtversicherung ist dem Anwalt – ungeachtet sonstiger Rechtsfolgen – dringend zu raten, der sog. Kollisionsprüfung im weitesten Sinne besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Neben der bekannten Problematik der Interessenkollision bei der Wahrnehmung von Mandanteninteressen[50] muss der Anwalt genauestens prüfen, ob der Mandant bzw. das Mandat sanktionsbewehrt ist, d.h. ob er mit der Übernahme evtl. gegen deutsche oder EU-weit geltende "Handels- und Wirtschaftssanktionen" verstößt. Die Kollisionsprüfung muss weit interpretiert werden und ist daher auf jegliche Sanktionen im internationalen Rechts-, Geschäfts- und Dienstleistungsverkehr auszudehnen.

In beiden Fallkonstellationen ist davon auszugehen, dass der jeweilige Vertrag nichtig ist,[51] und der Anwalt dementsprechend einer strengeren Haftung – auch z.B. mangels wirksamer Haftungsbegrenzung (§ 52 BRAO) – unterliegt.[52]

Auch dem Versicherer des Anwalts ist es verwehrt, diesen vertragsgemäß von einer grundsätzlich gedeckten Haftpflichtverbindlichkeit zu befreien auch wenn er den bei einer sanktionsbewehrten Person eingetretenen Schaden ausgleichen will.

 

Rz. 15

Gleichermaßen bedeutsam ist, wer auf anwaltlicher Seite Vertragspartner und damit letztlich auch potenziell Haftender ist, wenn es sich um eine Sozietät, Partnerschaft oder GmbH handelt. Bei der juristischen Person – GmbH – bedarf es keiner vertiefenden Betrachtung, dass die GmbH Auftragnehmer und damit persönlich Haftende ist.

Bei der Sozietät oder Partnerschaft ist davon auszugehen, dass die jeweilige Gesellschaft Vertragspartner wird und im gegebenen Fall auch haftet (Näheres hierzu siehe unter Rdn 87 ff.).[53]

Bei der interprofessionellen Sozietät aus Steuerberater und Anwalt wurde nach "alter" Rechtsprechung des BGH, also vor 2001 der Beratungsvertrag über die Wahrnehmung der Interessen des Mandanten in einer wegen des RBerG bzw. heute RDG nur dem Anwalt vorbehaltenen Angelegenheit ausschließlich mit dem zur entsprechenden Rechtsbesorgung befugten Anwalt geschlossen.[54] Würde sich der Vertrag auch auf den nicht befugten Steuerberater beziehen, wäre dieser wegen Verstoßes gegen das RBerG oder RDG gem. § 134 BGB nichtig. Nicht verpflichtet wurde die Sozietät, deren Rechtsfähigkeit seinerzeit (noch) in Abrede gestellt war.

Wenngleich der BGH in einem jüngeren Urteil aus 2009[55] offen gelassen hat, ob diese rechtlichen Maßstäbe für entsprechende Mandate gelten, die nach Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR abgeschlossen wurden, muss für derartige "Neumandate" davon ausgegangen werden, dass die GbR selbst Vertragspartner wird.[56]

 

Rz. 16

Ist zwischen Anwalt und Mandant ein bestimmter Arbeitserfolg vereinbart, was regelmäßig nicht der Fall ist, handelt es sich um einen Werkvertrag;[57] meist ist der Anwaltsvertrag wie auch der Steuerberatungsvertrag oder der Vertrag des Wirtschaftsprüfers mit seinem Mandanten als Dienstvertrag zu qualifizieren, der den Auftragnehmer (Anwalt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer) zu einer bestimmten Geschäftsbesorgung (§ 675 BGB) verpflichtet.[58]

 

Rz. 17

Verlangt der Mandant vom Anwalt die Nachbesserung eines Rechtsgutachtens – oder bei Steuerberatern bzw. Wirtschaftsprüfern des Jahresabschlusses – im Sinne einer Überarbeitung, handelt es sich um einen "Erfüllungs- bzw. Nacherfüllungsanspruch". Lässt der Mandant das Gutachten direkt durch einen neu hinzu gezogenen Anwalt korrigieren und fordert die Erstattun...

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