Rz. 28

Ein vorausschauender Unternehmer wird schon früh an den Fortbestand seiner Firma in der Zeit denken, in der er sie nicht mehr leiten kann oder möchte. Ihm werden die eigene und die Versorgung des Ehegatten, die Erhaltung des Betriebes und die Einbindung seiner Abkömmlinge, wie auch ein möglichst steuersparender Betriebsübergang wichtig sein. Auf diese besondere, komplexe Konstellation wird später eingegangen (siehe Rdn 130–132).

 

Rz. 29

Auch eine Stiftung zur Versorgung der Familie kann zu Lebzeiten gegründet werden, wobei dann eine Übertragung von Vermögen auf die Stiftung erfolgt. Auf diese Form der Gestaltung und die spezifischen Probleme im Zusammenhang mit der Erbengemeinschaft wird ebenfalls später näher eingegangen (siehe Rdn 133 f.).

 

Rz. 30

Bei im Wesentlichen "privates"[15] Vermögen haltenden Mandanten stehen immer wieder steuerrechtliche Fragen im Vordergrund (siehe § 18). Aus Angst vor der Erbschaftsteuer soll etwa das in dem selbstgenutzten Eigenheim gebundene Vermögen auf die erwartungsfrohen Kinder übertragen werden. Die interessengerechte und damit richtige Vertretung besteht dann regelmäßig im Abraten von diesem Plan, denn bereits der Ausgangspunkt ist meist falsch: Eine erbschaftsteuerliche Belastung naher Angehöriger wird normalerweise schon durch die Freibeträge ausgeschlossen. Eine etwaig doch verbleibende Steuerforderung ist häufig gering und belastet schließlich die Erben und nicht die Mandanten.

Die Folgen einer Übertragung zu Lebzeiten widersprechen zudem den Interessen der Mandanten. Das zur Schenkung vorgesehene Vermögensgut bildet oft deren Versorgungsgrundlage oder zumindest einen Teil der Altersvorsorge. Dies sollte auch nicht in – augenblicklich – vertrauenswürdige Hände gegeben werden. Die oft ins Spiel gebrachten Vorbehaltsrechte wie der Nießbrauch ändern nichts an dem Übergang des Eigentums auf Dritte. Eine Veräußerung der Immobilie, um sich eine andere Versorgung zu ermöglichen, ist nur noch mit Zustimmung des "neuen" Eigentümers möglich. Die vertragliche Ausgestaltung ist aufwendig, die Umsetzung verursacht Kosten. Schließlich werden die steuerlichen Vorteile durch die aufwendige Gestaltung und andere Folgekosten (Abrechnungen, Steuererklärungen) oft stark gemindert oder sogar gänzlich aufgezehrt und führen zu einer negativen Bilanz des Übertragungsvorganges.

Zusätzliche Gefahren bilden die Weiterübertragung durch den Beschenkten, sein Vorversterben und seine Insolvenz einerseits[16] und die Abhängigkeit des Schenkers von Sozialleistungen aufgrund von Pflegekosten andererseits, was zu – etwa von dem Betreuer des Schenkers durchgesetzten – Rückforderungsansprüchen führt. Selbstverständlich sind auch hier vertragliche Rückfall- bzw. -forderungsrechte denkbar. Sie erfordern allerdings eine aufwendige und genaue Gestaltung, können das Erreichen der angestrebten Ziele erschweren oder gar verhindern und Folgeprobleme aufwerfen.

Schließlich sollte das Argument, das ersparte Vermögen solle nicht für die mögliche, spätere, eigene Pflege verbraucht werden müssen, kritisch überprüft werden. Zunächst drohen ohnehin wegen einer mutwillig herbeigeführten Verarmung des Schenkers Rückforderungen durch einen Betreuer oder einen Sozialleistungsträger, der Pflegekosten übernehmen musste und dafür Ansprüche auf sich übergeleitet hat bzw. auf den sie Kraft Gesetz übergingen. Durch eine solche "Aufopferung" begibt sich der Mandant der Möglichkeit, zumindest vorübergehend in den Genuss einer Pflege zu kommen, die mehr bietet als nur "satt und sauber". Sie entspricht daher regelmäßig nicht den Interessen des Mandanten. Als Alternative kommen insbesondere vergütete Pflegeverpflichtungen in Betracht.[17]

Die lebzeitige Übertragung ist – abgesehen von der Unternehmensproblematik – also meist nur bei größeren Vermögen sinnvoll, wenn das betroffene Gut mit Sicherheit nicht zur eigenen Versorgung benötigt wird. Dann können durchaus Steuern gespart und Probleme einer Erbengemeinschaft vermieden oder zumindest gemindert werden, indem die Verteilung schon zu Lebzeiten erfolgt.[18] Eine weitere, nachvollziehbare Motivation kann zudem noch die Unterstützung eines bedürftigen Kindes oder einer sonst nahestehenden Person sein.

[15] Hier als Gegensatz zum unternehmerischen Vermögen verstanden.
[16] Ebenso Esch/Baumann/Schulze zur Wiesche, Rn 87 f.
[17] Vgl. Langenfeld/Günther, 4. Kap., Rn 8–21.
[18] Vgl. auch Kerscher/Krug/Spanke/Spanke, § 7 Rn 633.

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