Rz. 274

Über festgestellte Baumängel oder anderweitigen Erhaltungsbedarf muss der Verwalter die Eigentümer informieren, sofern er die erforderlichen Maßnahmen nicht sogleich durchführen lässt. Er darf von einer Information nicht etwa absehen, weil die Wohnungseigentümer selbst davon Kenntnis haben und nach Auffassung des Verwalters "über den Stand der Dinge informiert" sind. Auf die (potenzielle) Kenntnis der Wohnungseigentümer von Mängeln (oder auch nur von den Anhaltspunkten für Mängel) kommt es nicht an, denn es ist nicht Aufgabe der Wohnungseigentümer, sondern des Verwalters, zu überprüfen, ob ein Mangel vorliegt und wie er ggf. zu beseitigen ist. Darauf, dass der Verwalter diese Überprüfung vornimmt, die Wohnungseigentümer entsprechend unterrichtet und eine sachgerechte Beschlussfassung vorbereitet, dürfen sich diese generell verlassen.[385]

 

Rz. 275

Zur Vorbereitung der Beschlussfassung genügt nicht schon die Information darüber, dass Mängel vorliegen bzw. ein Erhaltungsbedarf besteht. Vielmehr muss der Verwalter – jedenfalls bei größeren Arbeiten – den Umfang und die voraussichtlichen Kosten der in Betracht kommenden Maßnahmen durch die Einholung von Angeboten, Kostenvoranschlägen usw. ermitteln lassen. Die diesbezüglichen Verwalterpflichten werden im Abschnitt über Erhaltungsmaßnahmen näher dargestellt (→ § 4 Rdn 10 ff.) Besondere Informationspflichten treffen den Verwalter bei dringenden Erhaltungsmaßnahmen, auf deren Durchführung einzelne Wohnungseigentümer angewiesen sind (→ § 4 Rdn 16). Unzureichende Informationen, eine unpräzise Ankündigung der Baumaßnahme oder ihrer Finanzierung sowie das Fehlen erforderlicher Vergleichsangebote können zur Beschlussanfechtung und infolgedessen zur Schadensersatzhaftung des Verwalters führen.

 

Rz. 276

Die Verwalterpflichten bei der Durchführung der Beschlüsse über Erhaltungsarbeiten stellen sich wie folgt dar:

Beim Abschluss der Verträge muss der Verwalter entscheiden, ob mit dem beauftragten Unternehmen oder Handwerker ein Auftragsverarbeitungsvertrag gem. Art. 28 DS-GVO abzuschließen ist, da der Unternehmer häufig mit Eigentümern oder Mietern Kontakt aufnehmen und Termine vereinbaren muss und zu diesem Zweck vom Verwalter deren Namen, Anschriften und Telefonnummern mitgeteilt erhält. Nach hier vertretener Auffassung liegt kein Auftragsverarbeitungsverhältnis vor (weshalb kein Auftragsverarbeitungsvertrag geschlossen werden muss), weil zwar eine Verarbeitung personenbezogener Daten vorliegt, diese aber nicht den Kernbereich der Tätigkeit des Unternehmers darstellt.[386]
Bei Bauverträgen mit einem Volumen von mehr als 5.000 EUR muss er darauf achten, dass der Unternehmer eine Freistellungserklärung i.S.v. § 48 Abs. 2 EStG vorgelegt hat; andernfalls muss er 15 % Bauabzugssteuer einbehalten und an das Finanzamt abführen.
Bei größeren Bauarbeiten muss der Verwalter die Wahrnehmung der Pflichten nach der Baustellenverordnung organisieren. Diese verlangt in vielen Fällen die Erstellung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzplans und/oder die Beauftragung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinators (SiGeKo). Diese Aufgabe wird i.d.R. dem bauleitenden Architekten oder einem der beteiligten Unternehmer übertragen.
Werden die Arbeiten (wesentlich) teurer als bei Beschlussfassung prognostiziert, darf der Verwalter die Kostensteigerung nicht einfach hinnehmen und bezahlen; vielmehr muss er die Entscheidung einer (ggf. außerordentlich einberufenen) Wohnungseigentümerversammlung einholen.[387]
Bei der Überwachung und Abnahme der Arbeiten und der damit zusammenhängenden Prüfung, ob die Zahlungsvoraussetzungen vorliegen, muss der Verwalter mit der Sorgfalt vorgehen, die ein Bauherr in eigenen Angelegenheiten anwendet. Der Verwalter ist zwar kein Bauleiter im Sinne der Landesbauordnungen und hat auch nicht die Pflichten eines mit der Bauüberwachung beauftragten Architekten. Er steht aber an der Stelle der Wohnungseigentümer und muss sich deshalb so verhalten, wie sich ein Eigentümer verhalten würde, der selbst den Auftrag für die betreffenden Arbeiten erteilt hätte und die "Bauherrenüberwachung" selbst vornehmen würde.[388] Er muss also prüfen, ob die Leistungen erbracht und Abschlags- oder Schlusszahlungen gerechtfertigt sind. Stellt er Mängel fest, hat er sie zu rügen, den Unternehmer zur Nacherfüllung aufzufordern und die nach der Rspr. zulässigen Zurückbehaltungsrechte auszuüben. Leistet der Verwalter Zahlungen für erkennbar mangelhafte Werkleistungen, haftet er auf Schadensersatz, wenn die Gemeinschaft Gewährleistungsansprüche gegen den Handwerker nicht durchsetzen kann.[389] Wenn die Gemeinschaft einen Architekten oder Ingenieur beauftragt, reduzieren sich die Überwachungspflichten in dem Umfang, in dem sie von diesen Fachleuten wahrzunehmen sind.
[386] So auch Gündel, ZWE 2018, 429 (432).
[387] BGH v. 18.2.2011 – V ZR 197/1, NZM 2011, 454.

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