a) Erfordernis eines Verfahrenspflegers

 

Rz. 82

Gemäß § 41 Abs. 3 FamFG ist ein Beschluss, der die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts zum Gegenstand hat, auch demjenigen, für den das Rechtsgeschäft genehmigt wird, bekanntzugeben. Dies sind im Falle des Handelns durch einen Nachlasspfleger die unbekannten Erben. Deshalb muss das Nachlassgericht für diese gemäß §§ 340 Nr. 1, 276 Abs. 1 S. 1 FamFG einen Verfahrenspfleger bestellen und auch ihm den Genehmigungsbeschluss bekannt geben.[54]

 

Rz. 83

Der Nachlasspfleger kann im Genehmigungsverfahren die Interessen der unbekannten Erben nicht wahrnehmen; die Regelung des § 41 Abs. 3 FamFG beruht gerade darauf, dass der um Genehmigung nachsuchende Vertreter das rechtliche Gehör für den Vertretenen nicht vermitteln kann, weil es um die Überprüfung seines eigenen Handelns geht und deshalb die erforderliche Objektivität nicht gewährleistet ist.[55]

 

Rz. 84

Im Verfahren zur nachlassgerichtlichen Genehmigung eines Rechtsgeschäfts des Nachlasspflegers muss den unbekannten Erben ein Verfahrenspfleger bestellt werden. Nach OLG Hamm hindert die Versäumung der ordnungsgemäßen Beteiligung der unbekannten Erben durch Bestellung eines Verfahrenspflegers den Eintritt der formellen Rechtskraft der erteilten Genehmigung im Anschluss an deren Zustellung an den Nachlasspfleger jedoch nicht.[56]

Dagegen werden in der Literatur ernst zu nehmende verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht, weil das Erfordernis des rechtlichen Gehörs insoweit leer laufe.[57]

 

Rz. 85

Der anwaltliche Verfahrenspfleger kann gemäß § 1835 Abs. 3 BGB eine Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz beanspruchen, soweit er im Rahmen seiner Bestellung solche Tätigkeiten zu erbringen hat, für die ein Laie in gleicher Lage vernünftigerweise einen Rechtsanwalt zuziehen würde.[58] Dieser Aufwendungsersatzanspruch erlischt gemäß § 1835 Abs. 1 S. 3 BGB, wenn er nicht binnen 15 Monaten nach seiner Entstehung gerichtlich geltend gemacht wird.

[54] OLG Hamm Beschl. v. 7.9.2010 – 15 W 111/10, FamRZ 2011, 396 = ZEV 2011, 191; Palandt/Weidlich, § 1960 Rn 14; Keidel/Zimmermann, § 345 Rn 83; Zimmermann, Die Nachlasspflegschaft, 2. Aufl., Rn 520 und 526; Zimmermann, Das neue FamFG, Rn 666; Zimmermann, ZEV 2009, 53, 57; Heinemann, DNotZ 2009, 6, 17, 26; a.A. MüKo/Leipold, § 1960 Rn 116.
[55] BT-Drucks 16/6308, S. 197 unter Hinweis auf BVerfGE 101, 397, 406; Keidel/Meyer-Holz, § 41 Rn 4; KG NJW-RR 2010, 1087 = FamRZ 2010, 1171.
[56] OLG Hamm, Beschl. v. 7.9.2010 – 15 W 111/10, FamRZ 2011, 396 = ZEV 2011, 191; Palandt/Weidlich, § 1960 Rn 14; Keidel/Zimmermann, § 345 Rn 83; Zimmermann, Die Nachlasspflegschaft, 2. Aufl., Rn 520 und 526; Zimmermann, Das neue FamFG, Rn 666; Zimmermann, ZEV 2009, 53, 57; Heinemann, DNotZ 2009, 6, 17, 26; a.A. MüKo/Leipold, § 1960 Rn 116.
[57] Vgl. zum Stand der Meinungen Bremkamp, Anmerkung zu OLG Hamm, RNotZ 2011, 45.
[58] BGH, Beschl. v. 27.6.2012 – XII ZB 685/11, FamRZ 2012, 1377 = NJW 2012, 3307; BGH FamRZ 2011, 203 m.w.N.

b) Begründung der nachlassgerichtlichen Entscheidung

 

Rz. 86

In § 38 Abs. 1 FamFG heißt es:

Zitat

"Das Gericht entscheidet durch Beschluss, soweit durch die Entscheidung der Verfahrensgegenstand ganz oder teilweise erledigt wird (Endentscheidung)."

Der Beschluss ist zu begründen, § 38 Abs. 3 FamFG.

Das Nachlassgericht kann lediglich in bestimmten Fällen von einer Begründung absehen, z.B. bei Anerkenntnis oder Verzicht, § 38 Abs. 4 FamFG. Allerdings dürfte dies in einem Genehmigungsverfahren kaum der Fall sein.

c) Bekanntgabe des Genehmigungsbeschlusses

 

Rz. 87

Das FamFG erweitert die allgemeinen Regeln der §§ 1962, 1915, 1828 BGB über die Bekanntgabe des Genehmigungsbeschlusses insoweit, als nach § 41 Abs. 3 FamFG ein Beschluss, der die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts zum Gegenstand hat, auch demjenigen bekanntzugeben ist, für den das Rechtsgeschäft genehmigt wird. Dies sind im Falle der Nachlasspflegschaft die unbekannten Erben. Daraus leitet die h.M. das Erfordernis eines Verfahrenspflegers für die unbekannten Erben im Genehmigungsverfahren ab.

d) Grundsätze für die Genehmigung

aa) Interessenwahrung für die unbekannten Erben

 

Rz. 88

Das Nachlassgericht hat über den Genehmigungsantrag nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Dieses Ermessen ist allerdings insofern gebunden, als das Nachlassgericht in erster Linie auf die Interessen der unbekannten Erben als der durch das Genehmigungserfordernis geschützten Personen abstellen muss.[59]

[59] BGH FamRZ 1995, 151 = NJW-RR 1995, 168 = Rpfleger 1995, 156 = ZEV 1995, 151.

bb) Amtsermittlungspflicht

 

Rz. 89

Da es sich bei dem Genehmigungsverfahren um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt, gilt der Amtsermittlungsgrundsatz des § 26 FamFG. Deshalb trifft das Nachlassgericht die Amtspflicht, den entscheidungserheblichen Sachverhalt sorgfältig aufzuklären, um eine Gesamtwürdigung der Interessen der unbekannten Erben vornehmen zu können. Die Ermittlungen müssen sich auch auf die wirtschaftlichen Folgen des zu genehmigenden Rechtsgeschäfts und auf die den unbekannten Erben daraus etwa drohenden finanziellen Nachteile erstrecken.[60]

Die Sachverhaltsaufklärung ist der Ermessensentscheidung vorgelagert und dient als Grundlage für ein fehlerfreies Ermessen.

 

Rz. 90

Allerdings sind fü...

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