Rz. 29
Der BGH behandelt die Fälle der Restitution erbrechtlich als nicht abgeschlossene Vorgänge i.S.v. Art. 235 § 1 Abs. 1 EGBGB. Da das Vermögensgesetz als Teil des Einigungsvertrages trotz Inkrafttretens wenige Tage vor der Wiedervereinigung erst durch die Überwindung der Teilung möglich geworden sei, komme ein Schutzbedürfnis nicht in Betracht.[44] Folge ist, dass insoweit bei internationalen Fällen unmittelbar auf Art. 25 EGBGB zurückzugreifen ist und bei Geltung deutschen Rechts als Erbstatut allein das Pflichtteilsrecht des BGB und nicht die – dem Testator zumeist günstigeren – Bestimmungen des ZGB gelten. Dies widerspricht aber der ausdrücklichen Regelung des Art. 235 § 1 EGBGB, wonach für erbrechtliche Ansprüche das bisherige DDR-Erbrecht maßgeblich bleibt, und würde auch bedeuten, dass sich die Frage der Pflichtteilsberechtigung allein nach dem insoweit weiter gehenden BGB-Erbrecht bestimmt, also unabhängig vom Bestehen einer Unterhaltsberechtigung nach § 396 Abs. 1 Nr. 2 ZGB wäre.[45] Richtiger ist es daher, nur die Bewertungsvorschrift des § 2313 BGB analog anzuwenden.[46]
Rz. 30
Nach einem Grundsatzurteil des BGH ist bei Geltung des deutschen Erbstatuts § 2313 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 S. 3 BGB analog anwendbar, wenn der Erbe aufgrund des Vermögensgesetzes ein vor dem Erbfall in der ehemaligen DDR enteignetes Grundstück des Erblassers entweder zurückerhält (§ 3 Abs. 1 S. 1 VermG) oder für das Grundstück eine Entschädigung (§ 9 VermG) bekommt.[47] Aus dem Stichtagsprinzip (§ 2311 BGB) ergibt sich jedoch, dass für Grundstücke, die nach dem Erbfall erst enteignet wurden, eine solche Ausgleichung ausscheidet.[48] Davon wird man allenfalls dann eine Ausnahme machen können, wenn bereits der Erblasser konkret enteignungsbedroht war,[49] weil insoweit das Entstehen solcher Ansprüche bereits konkret "angelegt" war (sog. Wertaufhellungsprinzip). Die Nachabfindung analog § 2313 BGB führt nach Ansicht des BGH aber nicht dazu, dass hinsichtlich des Berechnungszeitpunkts vom Stichtagsprinzip des § 2311 BGB abgewichen werden muss; maßgeblich ist also der Eintritt des Erbfalls.[50] Für die Berechnung des Pflichtteils ist dabei nach dem BGH der Wert des restituierten Grundstücks in Geld im Zeitpunkt der Wiedererlangung des Eigentums zu schätzen; dieser Betrag ist unter Berücksichtigung der Kaufkraftentwertung auf den Geldwert im Erbfall umzurechnen. Erhält der Erbe aber statt des Grundstücks eine Geldentschädigung, so ist der Pflichtteil aus dem ausgezahlten Betrag zu berechnen, wenn bei deren Bemessung der Kaufkraftschwund bereits berücksichtigt wurde; andernfalls ist die Entschädigungsleistung auch nach den Grundsätzen des Kaufkraftschwunds umzurechnen.[51]
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