Rz. 6

Früher erhielten Arbeitgeber die wesentlichen Informationen über ihre Bewerber im Rahmen der Bewerbungsunterlagen und des Einstellungsgespräches. 63 % der Unternehmen verwendeten nach einer Studie von BITKOM aus dem Jahr 2018 Informationen aus sozialen Medien bei der Bewertung von Bewerbern zurück, jeder vierte Personaler hat deswegen bereits einen Bewerber ausgeschlossen.[14] Diese Werte dürften sich innerhalb der seither verstrichenen drei Jahre nochmals deutlich erhöht haben.

Die Zulässigkeit einer Informationsbeschaffung des Arbeitgebers über den Bewerber im Web 2.0 richtet sich nach den Vorschriften des BDSG, §§ 1, 26 Abs. 1 i.V.m. Abs. 8 S. 2 BDSG.

 

Rz. 7

Eine Datenverarbeitung (Art. 4 Nr. 2 DSGVO) ist nur zulässig, wenn eine der in Art. 6 Abs. 1 DSGVO genannten Bedingungen erfüllt ist. Bei einer Einwilligung des Betroffenen gilt im Beschäftigten-Bereich neben Art. 7 DSGVO noch § 26 Abs. 2 BDSG.

[14] https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Zwei-von-drei-Personalern-informieren-sich-online-ueber-Bewerber.html (zuletzt abgerufen am 13.7.2021).

I. Einwilligung nach Art. 7 DSGVO und § 26 Abs. 2 BDSG

 

Rz. 8

Als Ermächtigungsgrundlage kommt eine Einwilligung nach Art. 7 DSGVO in Verbindung mit § 26 Abs. 2 BDSG in Betracht. Die Einwilligung hat nach § 26 Abs. 2 S. 3 BDSG grundsätzlich schriftlich oder elektronisch zu erfolgen, soweit nicht wegen besonderer Umstände eine andere Form angemessen ist. Die ausdrückliche Aufnahme der elektronischen Form in § 26 Abs. 2 S. 3 BDSG erfolgte mit Wirkung zum 26.11.2019, denn eine schriftliche Erklärung kommt in Anbetracht der Tatsache, dass Online-Bewerbungen und elektronisch gestützte Mitarbeiterkommunikation mittlerweile eher die Regel als die Ausnahme sind, kaum in Betracht.[15] Die Einwilligung kann in besonderen Fällen auch konkludent erfolgen. Hierauf sollten Arbeitgeber sich aber nicht verlassen. Denn die Einwilligung ist nur dann wirksam, wenn der Bewerber durch den Arbeitgeber nach § 26 Abs. 2 S. 4 BDSG auf den vorgesehenen Zweck der Datenverarbeitung sowie über sein Widerrufsrecht nach Art. 7 Abs. 3 DSGVO aufgeklärt worden ist. Dies muss der Arbeitgeber nachweisen können.

 

Rz. 9

 

Praxishinweis

Ein solcher Hinweis kann zum Beispiel in einer Stellenausschreibung oder im Karriere-Bereich der Unternehmenshomepage vorgesehen werden.[16] Zur Aufnahme eines solchen Hinweises ist wegen der Möglichkeit, in späteren Streitfällen auf eine konkludent erteilte Einwilligung verweisen zu können, unbedingt zu raten.

 

Rz. 10

In der Praxis wird es indessen an einer Einwilligung oftmals fehlen, so dass es auf anderweitige gesetzliche Erlaubnistatbestände ankommt. Zudem ist die Einwilligung im Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht unproblematisch, da zumindest die Besorgnis bestehen kann, dass es aufgrund des Über- und Unterordnungsverhältnisses an der Freiwilligkeit der Einwilligung fehlt.[17] Dies hat der deutsche Gesetzgeber auch in § 26 Abs. 2 BDSG ausdrücklich erwähnt, indem er Kriterien definiert, anhand derer sich die Freiwilligkeit beurteilen lassen soll.

Wegen dieser Unsicherheiten ist Arbeitgebern grundsätzlich zu raten, sich nicht ausschließlich auf eine Einwilligung als Rechtfertigung der Datenverarbeitung zu stützen und diese nur dann zu verwenden, wenn sie auch wirklich notwendig ist und nicht auf einen gesetzlichen Erlaubnistatbestand (insb. § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG) zurückgegriffen werden kann.

[15] Vgl. zur elektronischen Einwilligung auch Forst, NZA 2010, 427, 431.
[16] Forst, NZA 2010, 427, 431.
[17] Thüsing/Traut, Beschäftigtendatenschutz und Compliance, § 5 Rn 17 ff.; Düwell/Brink, NZA 2017, 1081, 1084.

II. § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG

 

Rz. 11

Den zentralen gesetzlichen Erlaubnistatbestand für die Datenverarbeitung vor, während und nach dem Arbeitsverhältnis enthält § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG. Danach dürfen personenbezogene Daten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses u.a. dann verarbeitet werden, wenn sie für die Entscheidung über die ­Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind. Dies ist auch dann der Fall, wenn der Background-Check der Aufklärung von Unstimmigkeiten im Lebenslauf dient.[18] Daten aus freizeitorientierten Netzwerken werden jedoch für die Begründung des Beschäftigungsverhältnisses selten notwendig sein, so dass auch über diese Regelung keine entsprechende Datenverarbeitung legitimiert wird. Insbesondere stehen aber auch hier schutzwürdige Interessen des Bewerbers entgegen.[19] Die Freigabe der Daten über freizeitorientierte Netzwerke erfolgt nur gegenüber anderen Mitgliedern. Ob auch der Arbeitgeber Mitglied bei Facebook sein und in zulässiger Weise auf die Daten zugreifen kann, ist umstritten und hängt meist vom Einzelfall ab.[20] Das Persönlichkeitsrecht des Bewerbers zieht also auch hier dem Datenzugriff durch den Arbeitgeber Grenzen.

 

Beispiel

Bewerber B bewirbt sich als Bankkaufmann bei einer namhaften deutschen Bank. Auf seiner Profilseite in Facebook outet er sich im Rahmen einer hitzig geführten Diskussion mit anderen Nutzern als Sympathisant einer rechtsradikalen Partei.

 

Rz. 12

Auf die Daten des Bewerbers in F...

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