Rz. 37

Der Arbeitnehmer hat alle Äußerungen zu unterlassen, die einem berechtigten Interesse des Unternehmens zuwiderlaufen, sofern die Meinungsäußerungsfreiheit hierdurch nicht unangemessen beeinträchtigt wird. Die Grundrechtsbetroffenheit des Arbeitnehmers ist in jedem einzelnen Fall gegen die Unternehmerinteressen abzuwägen.[49] Dabei gewährt Art. 5 GG einen weitgehenden Schutz.

 

Beispiel

Der zwischenzeitlich ausgeschiedene Abteilungsleiter A veröffentlicht im Internet unter der Seite www.megadownloads.net sogenannte Blogs. Hierbei handelte es sich um eigens von dem A erstellte Kommentare. Im Rahmen der Blogs verwendet der A Begriffe wie "Abzock-Methoden", "Nutzlos-Branche", "Deutsche Zentrale der Abzock-Mafia" in Bezug auf seinen früheren Arbeitgeber und ­formuliert: "Die Ratten verlassen das sinkende Schiff." Der ehemalige Arbeitgeber verlangt die ­Löschung der Negativäußerungen und Unterlassung.

 

Rz. 38

Die Äußerungen des A sind insgesamt als Werturteile anzusehen, die von dem Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt sind. A ist der Meinung, die Branche seines früheren Arbeitgebers sei nutzlos und die ihm vermeintlich bekannten Strukturen glichen denen der Abzock-Mafia. Auch wenn seine Formulierungen sicher polemisch und verletzend sind, sind sie dem Schutz des Art. 5 GG nicht entzogen. Da mit den "Ratten" die Mitarbeiter angesprochen sind, kann der Arbeitgeber sich auch gegen diese Äußerung nicht mit Erfolg wehren.[50]

Das LAG Baden-Württemberg sah auch einen Blogbeitrag, in dem der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber "eine verschärfte Ausbeutung, Angriffe auf politische und gewerkschaftliche Rechte sowie menschenverachtende Jagd auf Kranke" vorwarf, als von der Meinungsfreiheit umfasst an.[51]

Der VGH München hatte sich mit der behördlichen Zustimmung zu einer außerordentlichen Kündigung in der Schwangerschaft zu befassen. Die Mitarbeiterin war für ihren Arbeitgeber bei einem Kunden, der o2 telefonica, als Sicherheitsmitarbeiterin im Empfangsbereich eingesetzt. Auf ihrem privaten Facebook-Account postete sie über o2 telefonica: "Boah kotzen die mich an von o2, da sperren sie einfach das Handy, obwohl man schon bezahlt hat … und dann behaupten die, es wären keine Zahlungen da. Solche Penner … Naja ab nächsten Monat habe ich einen neuen Anbieter…" Der VGH München sah hierin keinen wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB für eine behördliche Zustimmung zur Kündigung. Die Äußerungen betrafen offensichtlich nur das private Vertragsverhältnis zwischen der Arbeitnehmerin und dem Kunden und seien im Übrigen noch von der Meinungsfreiheit umfasst.[52]

Eine Verletzung der Rücksichtnahmepflicht liegt aber in jedem Fall vor, wenn der Arbeitnehmer über den Firmenrechner Internetseiten mit pornografischem oder rechtsradikalem Inhalt besucht und hierdurch die Gefahr einer Rufschädigung für das Unternehmen entsteht.[53] Zudem darf der Arbeitnehmer keine unwahren Tatsachen verbreiten oder solche, die ehrverletzenden Charakter haben bzw. Schmähkritik darstellen.[54]

 

Rz. 39

Auch das Drücken von "Gefällt-mir"-Buttons ist eine Meinungsäußerung, mit der man im Regelfall seine Zustimmung zu der Äußerung, die man "liked", kommuniziert. Beim Prüfungsmaßstab ist umstritten, ob hier ein großzügiger Maßstab anzusetzen ist, da das Drücken des Buttons meist eine spontane Reaktion ohne nähere Überlegung darstellt[55] oder ob davon auszugehen ist, dass sich der Arbeitnehmer vorher mit dem Inhalt der Äußerung auseinandersetzt hat.[56] Die richtige Auffassung dürfte in der Mitte liegen. Man wird einem Arbeitnehmer wohl abverlangen können, den Inhalt eines seinen Arbeitgeber beleidigenden Posts zu reflektieren, bevor er ihn "liked". Andererseits dürfte einem solchen "like" nicht dasselbe Gewicht zukommen wie einem eigenen Post mit entsprechendem Inhalt. Hat die Äußerung einen beleidigenden Inhalt, so wird dieser durch die Markierung mit "Gefällt-mir" wiederholt und verbreitet und so manifestiert.[57] Je nach Gewicht des "gelikten" Posts kann der Arbeitgeber hier ggf. arbeitsrechtliche Maßnahmen ableiten.

 

Rz. 40

Darüber hinaus ist der Arbeitnehmer stets gehalten, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers zu wahren, grundsätzlich auch nachvertraglich. Dies gilt auch bei der Nutzung von sozialen Netzwerken. Twittert der Arbeitnehmer also beispielsweise die neuen Quartalszahlen des Arbeitgebers, bevor sie veröffentlicht wurden, liegt darin eine Pflichtverletzung.

Nach einer Entscheidung des Arbeitsgerichts Hamburg können auch in XING-Profilen gespeicherte Kundendaten Geschäftsgeheimnisse darstellen, wenn zu diesen Kunden bereits eine Geschäftsbeziehung besteht, weshalb die Kunden auch als zukünftige Geschäftspartner in Betracht kommen, und wenn es sich um Kundendaten handelt, die nicht ohne großen Aufwand aus allgemein zugänglichen Quellen gewonnen werden können.[58] Sollten Geschäftsgeheimnisse vorliegen, so darf der Arbeitnehmer diese nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr verwenden, sofern der Arbeitgeber dies auch hinreichend als Gesch...

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