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Soziale Netzwerke wie LinkedIn, Facebook, Google+, Twitter und XING sind auch aus der Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken. In Deutschland soll es im Jahr 2016 bereits mehr als 45,5 Mio.[1] Nutzer gegeben haben. Nach einer aktuellen Studie aus Januar 2021 sollen es nunmehr bereits 66 Mio. Nutzer sein und damit ca. 79 % der deutschen Bevölkerung.[2] Die Entwicklungen im Bereich Social Media, bei denen die Nutzer nicht mehr reine Konsumenten, sondern vielmehr Produzenten sind,[3] haben längst auch die Geschäftswelt und damit das Arbeitsrecht erreicht.

Nach einer Studie des Meinungsforschungsinstituts YouGov gehören für zwei Drittel der Beschäftigten in Deutschland private Telefonate und das private Browsen (z.B. auf Facebook) während der Arbeitszeit zur Work-Life-Balance.[4] In der Gruppe der 25- bis 34-Jährigen sind es sogar 80 % der Befragten. In einer ­weiteren Untersuchung wurde festgestellt, dass 28 % der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit Social Media-Portale besuchen.[5]

Die arbeitsrechtliche Praxisrelevanz von Social Media zeigt sich auch in aktuelleren Entscheidungen (Rdn 54 ff.). So wurde z.B. einer Auszubildenden wegen eines Facebook-Eintrages ("Ab zum Arzt und dann Koffer packen") fristlos gekündigt (siehe unten Rdn 51). Ebenfalls wurde entschieden, dass eine Facebook- oder Twitter-Präsenz des Unternehmens der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen kann.[6]

Auch Arbeitgeber nutzen Social Media zunehmend, und zwar nicht nur zur Präsentation ihres Unternehmens, sondern immer häufiger auch als Mittel zur Personalsuche. Viele Unternehmen richten z.B. Twitter-Karriere "Feeds" ein. Wer einen solchen Feed abonniert und mit dem Personalverantwortlichen auf dem Karriere-Feed in Kontakt tritt, eröffnet zugleich den Zugriff auf Informationen zu seiner Person, die im ­Profil hinterlegt sind.[7]

Die arbeitsrechtlichen Implikationen sind also vielfältig. Bei ihrer Bewertung ist den Besonderheiten des Web 2.0 Rechnung zu tragen, für das vor allem kennzeichnend ist, dass sich die ins Netz gestellten Informationen rasant verbreiten, einem nicht eingrenzbaren und steuerbaren Kreis von Nutzern zur Verfügung stehen und das Internet nichts vergisst.[8]

Social Media gewinnen in allen Phasen des Arbeitsverhältnisses Bedeutung; sie bilden daher den Rahmen für die nachfolgende Erörterung typischer Problemkomplexe im Zusammenhang mit der Nutzung von sozialen Netzwerken:

1. Die Anbahnung des Arbeitsverhältnisses (Bewerbersuche/-auswahl über soziale Netzwerke).
2. Das bestehende Arbeitsverhältnis (Direktionsrecht und soziale Netzwerke, Vertragsverletzungen im Zusammenhang mit der Nutzung von sozialen Netzwerken sowie etwaige Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei der Einführung und Nutzung von Social Media).
3. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Herausgabe von Zugangs- und geschäftlichen Kontaktdaten).
[1] Https://de.statista.com/statistik/daten/studie/554909/umfrage/anzahl-der-nutzer-sozialer-netzwerke-in-deutschland/ (kostenpflichtig, zuletzt abgerufen am 6.7.2021).
[2] https://onlinemarketing.de/cases/66-millionen-social-media-user-in-deutschland (zuletzt abgerufen am 6.7.2021).
[3] Erd, NVwZ 2011, 19.
[4] Https://yougov.de/news/2016/11/04/social-media-am-arbeitsplatz-als-teil-der-work-lif/ (zuletzt abgerufen am 6.7.2021).
[5] Https://yougov.de/news/2016/10/31/drei-viertel-der-deutschen-telefonieren-privat-wah/ (zuletzt abgerufen am 6.7.2021).
[7] Frings/Wahlers, BB 2011, 3126, 3129 m.w.N.
[8] Oberwetter, BB 2008, 1562, 1564; Lützeler/Bissels, ArbR Aktuell 2011, 499; Bauer/Günther, NZA 2013, 67, 71.

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