Rz. 20

Die in Rdn 11 dargestellte Unterhaltstabelle enthält neben den Bedarfsbeträgen auch die bereits um das hälftige Kindergeld – und zwar das für ein erstes und zweites Kind – geminderten Beträge (Zahlbeträge). Vgl. auch die "Tabelle Zahlbeträge" im Anhang zur DT.
Wie beim unten dargestellten Ehegattenunterhalt, sind auch beim Kindesunterhalt Bedarf und Bedürftigkeit nicht immer identisch. Denn auch ein unterhaltsberechtigtes Kind kann Eigeneinkommen haben (typischerweise eine Ausbildungsvergütung). Die Unterhaltshöhe bestimmt sich dann danach, welcher Anteil des Bedarfes nicht durch Eigeneinkommen gedeckt ist.[8]

Ein Kind, das nur den Mindestunterhalt geltend macht, muss zum Einkommen des Unterhaltspflichtigen nichts vortragen.

 

BGH, Beschl. v. 5.11.2014 – XII ZB 599/13 Rn 13[9]

K macht jedoch nur den Mindestunterhalt (Existenzminimum) nach § 1612a BGB geltend, deshalb kommt es für den Bedarf nicht auf das Einkommen des M an. K muss diesen Bedarf nicht weiter darlegen und unter Beweis stellen.

 

BGH, Beschl. v. 28.10.2020 – XII ZB 512/19 Rn 14

1. Der Antragsteller hat lediglich den Mindestunterhalt nach § 1612a Abs. 1 BGB geltend gemacht, so dass der Unterhaltsbedarf des Kindes gemäß § 1610 BGB keine besondere Darlegung erfordert (vgl. Senatsbeschluss vom 5.11.2014 – XII ZB 599/13, FamRZ 2015, 236 Rn 13; Wendl/Dose/Klinkhammer, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl., § 2 Rn 224).

 

BGH, Beschl. v. 22.5.2019 – XII ZB 613/16 Rn 15

Dementsprechend trifft die Antragstellerin die Darlegungs- und Beweislast bezüglich des Unterhaltsbedarfs und der Bedürftigkeit der Kinder während des streitbefangenen Unterhaltszeitraums. Dagegen hat der Antragsgegner seine etwa mangelnde oder eingeschränkte Leistungsfähigkeit darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen (vgl. Senatsbeschluss vom 19.9.2018 – XII ZB 385/17, FamRZ 2019, 112 Rn 24 m.w.N.).

Die Darlegungs- und Beweislast der Unterhaltsberechtigten erfährt allerdings eine Einschränkung bezüglich des jeweils gesetzlich festgelegten Mindestbedarfs. Dieser ist nach heutiger Rechtslage in § 1612a Abs. 1 Satz 2 BGB als Mindestunterhalt festgelegt (Senatsbeschluss vom 19.9.2018 – XII ZB 385/17, FamRZ 2019, 112 Rn 25).

Der "Wegfall" eines möglichen Unterhaltsberechtigten wegen Leistungsunfähigkeit des Unterhaltsschuldners führt nicht zu einer Höherstufung in Bezug auf den verbleibenden Unterhaltsgläubiger. Sind also bspw. ein unterhaltsberechtigtes Kind und ein unterhaltsberechtigter Ehegatte vorhanden und fällt der Ehegatte mangels Leistungsfähigkeit des Schuldners als Unterhaltsgläubiger weg, so führt dies nicht zu einer Höherstufung in der Kindesunterhaltstabelle.

Ein minderjähriges Kind kann den Unterhalt auch in dynamisierter Form verlangen. Eine dynamisierte Unterhaltsvereinbarung zwischen M und der Kindsmutter würde lauten:

Zitat

"M zahlt an das Kind K1 zu Händen der Kindsmutter einen monatlichen Kindesunterhalt, jeweils zahlbar monatlich im Voraus, in Höhe von 128 % des Mindestunterhalts nach § 1612a Abs. 1 BGB der jeweiligen Altersstufe jeweils abzüglich hälftiges Kindergeld für ein erstes Kind."

 

§ 1612a Mindestunterhalt minderjähriger Kinder

(1) Ein minderjähriges Kind kann von einem Elternteil, mit dem es nicht in einem Haushalt lebt, den Unterhalt als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts verlangen.

(2) Der Prozentsatz ist auf eine Dezimalstelle zu begrenzen; jede weitere sich ergebende Dezimalstelle wird nicht berücksichtigt. Der sich bei der Berechnung des Unterhalts ergebende Betrag ist auf volle EUR aufzurunden.

(3) Der Unterhalt einer höheren Altersstufe ist ab dem Beginn des Monats maßgebend, in dem das Kind das betreffende Lebensjahr vollendet.

Bezugspunkt für einen Prozent-Titel ist also der "Mindestunterhalt", der durch das Gesetz definiert ist – Bezugspunkt ist nicht etwa die "Düsseldorfer Tabelle".

Aus einem solchen dynamisierten Titel kann das Kind grundsätzlich auch noch nach Eintritt der Volljährigkeit vollstrecken (vgl. hierzu § 244 FamFG), aber eben nur den Prozentsatz der dritten Altersstufe, und nicht etwa den Betrag, den die DT für volljährige Kinder vorsieht.
Das Fallbeispiel geht davon aus, dass das Einkommen des M nicht aus überobligatorischer Tätigkeit (z.B. Nebentätigkeit trotz Vollzeittätigkeit) resultiert. In einem solchen Fall wäre dies ggf. bei der Eingruppierung in die DT zu berücksichtigen:
 

BGH, Urt. v. 12.1.2011 – XII ZR 83/09

Das Einkommen eines zum Verwandtenunterhalt Verpflichteten ist nur eingeschränkt zu berücksichtigen, wenn es auf überobligatorischer Tätigkeit beruht und eine vollständige Heranziehung des Einkommens gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB verstieße (Urt. v. 7.11.1990 – XII ZR 123/89, FamRZ 1991, 182, 183 f. m.w.N.; vgl. auch Staudinger/Engler/Kaiser, BGB [2000] § 1603 Rn 170 ff.).

Eine regelmäßig vollständige Heranziehung des Einkommens aus einer gemessen an § 1603 Abs. 1 BGB überobligatorischen Erwerbstätigkeit ist nur dann angezeigt, wenn die gesteigerte Unterhaltspflicht ...

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