Rz. 3

Der Rechtsanwalt kann dauerhaft seine Dienstleistung (Rechtsrat/Rechtshilfe) nur erbringen, wenn seine Mandanten davon überzeugt sind, dass seine Dienstleistung ihnen nützt. Nun besteht der Nutzen einer rechtlichen Beratung oder Vertretung nicht nur in finanziellen Vorteilen, sondern auch in der Klärung der Rechtslage. Gerade bei der Mandatsannahme ist zunächst mit dem Mandanten zu klären, welches Ziel der Mandant anstrebt. Die Interessenlage des Mandanten kann sich wandeln oder seine ursprünglichen Ziele können in Vergessenheit geraten.

 

Rz. 4

Rechtliche Auseinandersetzungen können eine gewisse Zeit dauern und nicht uneingeschränkt Vergnügen bereiten, insbesondere wenn über die rechtlichen Risiken aufgeklärt wird und es für den Mandanten andere Alternativen gibt, seine finanziellen Möglichkeiten zu nutzen. Deshalb sollte der Anwalt stets im Auge behalten, ob die Rechtssache seines Mandanten oder deren Fortführung dem Mandanten wirtschaftliche Vorteile bringt. Dabei sind die voraussichtlichen Kosten mit zu "bilanzieren". Wenn ein wirtschaftlicher Vorteil für den Mandanten nicht erwartet werden kann, empfiehlt sich eine entsprechende Belehrung des Mandanten.

 

Rz. 5

Gesetzlich normiert sind die Hinweispflichten zum Beispiel durch § 49b Abs. 5 BRAO oder § 12a Abs. 1 S. 2 ArbGG. Darüber hinaus ist der Anwalt rechtlich nicht verpflichtet, ungefragt oder wiederholt über die wirtschaftlichen Folgen seiner Tätigkeit zu belehren. Es erhöht aber die Akzeptanz seiner Beratungsleistung, solche Gespräche zu führen. Außerdem reduzieren entsprechende Belehrungen das Haftungsrisiko des Anwalts. Dabei ist auf eine entsprechende Dokumentation zu achten, damit diese Belehrungen im Streitfall auch nachgewiesen werden können. Bei einem Streit zwischen Rechtsanwalt und Mandant über die Abrechnung des Mandatsverhältnisses begründet ein Schadensersatz wegen fehlender Belehrung nach § 49b Abs. 5 BRAO keine Erhöhung des Streitwertes.[1] Interessant dabei ist, dass nach der Entscheidung des BGH für den aus § 49b Abs. 5 BRAO folgenden Schadensersatzanspruch nicht ein Geldwert begehrt werden kann, sondern der Schadensersatz in dem nicht Geltendmachen des Vergütungsanspruches liegt.

 

Rz. 6

Es gilt dabei immer zu beachten, dass stets und uneingeschränkt die Interessen des Mandanten zu verfolgen sind. Der Anwalt und seine Interessen kommen erst danach. Der Anwalt stellt seine Interessen zurück, um dem Mandanten zum Erfolg zu verhelfen. Der Anwalt bleibt zweiter.[2]

Damit für den Mandanten genügend wirtschaftliche Vorteile nach Zahlung aller Kosten bleiben, sollte die rechtliche Beratung und Vertretung zumindest teilweise erfolgreich sein und der Anwalt die voraussichtlichen Kosten stets in Relation zu den Erfolgsaussichten betrachten. Dieses gilt es auch in der ersten Beratung mit dem Mandaten klarzumachen und zu berücksichtigen.

 

Rz. 7

Für die Beratung und außergerichtliche Vertretung kann der Anwalt gemäß § 49b Abs. 1 BRAO, § 4 Abs. 1 RVG die gesetzliche Vergütung unterschreiten und damit zu einem angemessenen Kosten-Nutzen-Verhältnis beitragen. Für die Beratung verzichtet der Gesetzgeber seit dem 1.7.2006 auf gesetzliche Preisvorschriften und beschränkt sich auf die Festlegung von Höchstgebühren für Verbraucher. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll der Rechtsanwalt auf eine Gebührenvereinbarung hinwirken. Rechtsschutzversicherungen haben durch ein Anpassen ihrer Versicherungsbedingungen mit einer begrenzten Kostenübernahme reagiert. Wenn Verbraucher noch die für sie vorteilhafteren älteren Bedingungen (ARB 75, ARB 95, ARB 2000) vereinbart haben, berufen sich Versicherer im Schadensfall darauf, dass sie die Kosten von Vergütungsvereinbarungen bedingungsgemäß nicht tragen, während der Gesetzgeber den Anwalt auffordert, mit der Sanktion nicht kostendeckender Vergütungen von 190 EUR bzw. von 250 EUR, mit Verbrauchern Vergütungsvereinbarungen zu schließen.

Dieses führt den Rechtsanwalt in eine beachtliche Unsicherheit. Er muss einerseits dafür Sorge tragen, dass der Mandant noch einen spürbaren Nutzen von der Tätigkeit des Rechtsanwaltes hat, andererseits aber auch kostendeckend arbeiten. In Verbindung mit einer Rechtsschutzversicherung fällt zwar oberflächlich das Problem der Kosten für den Mandanten weg, allerdings haben die Rechtsschutzversicherungen darauf durch eine begrenzte Kostenübernahme reagiert, so dass diese Problematik weiter akut bleibt. Verschärft wird die Sachlage dadurch, dass der Mandant in der Regel kein Verständnis dafür haben wird, wenn er trotz einer Rechtsschutzversicherung einen erheblichen Teil der Vergütung des Anwalts tragen muss. Der Gesetzgeber sollte deshalb für die anwaltliche Beratung eine dispositive gesetzliche Vergütung wieder einführen. Leider wurde dieses auch beim Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 nicht getan. Es bleibt somit dabei, dass hier für den für Verbraucher tätigen Rechtsanwalt erhebliche Schwierigkeiten liegen. Eine pauschale Lösung gibt es hierfür nicht.

 

Rz. 8

Eine unrichtige Kostenprognose ist im ...

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