A. Einführung

 

Rz. 1

Eingehung und Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind Ausübung der Privatautonomie.[1] Der Erhalt der grundsätzlichen Kündigungsmöglichkeit eines Arbeitsverhältnisses ist verfassungsrechtlich durch Art. 2 Abs. 1, Art. 12 GG gewährleistet. Die Ausübung des Rechts ist indes rechtsgeschäftlichen Voraussetzungen unterworfen und wird darüber hinaus durch diverse Kündigungseinschränkungen eingeschränkt. Während die Frage der Kündigungsbeschränkungen, z.B. durch das KSchG, das MuSchG, das BEEG u.a. Gegenstand eigener Abschnitte dieses Buches sind, behandelt dieses Kapitel die allgemeinen rechtsgeschäftlichen Voraussetzungen einer Kündigung im Arbeitsverhältnis.

 

Rz. 2

Allgemeine Voraussetzung für den Ausspruch einer ordentlichen Kündigung sind der Ausspruch der Kündigung durch die richtige Person, die richtige Wahl des Kündigungsempfängers, die Beachtung der Vorgaben für Form und Frist sowie schließlich die Gewährleistung des Zugangs der Kündigung. Der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung bedarf gem. § 626 BGB der Erfüllung darüber hinausgehender Voraussetzungen (vgl. § 2 Rdn 1 ff.).

 

Rz. 3

Die Kündigung ist als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung abzugrenzen von der übereinstimmenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Eine solche übereinstimmende Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages (vgl. hierzu § 19) oder durch gerichtlichen Vergleich (vgl. hierzu § 28) erfolgen.

[1] Stahlhacke/Preis/Vossen/Preis, § 1 Rn 3.

B. Arten der Kündigung

 

Rz. 4

Als Besonderheit des Arbeitsverhältnisses ist zunächst zwischen der Beendigungskündigung und der Änderungskündigung zu unterscheiden.

I. Beendigungs- und die Änderungskündigung

 

Rz. 5

Eine Beendigungskündigung ist auf die unbedingte und abschließende Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit der Vertragsbeziehung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer gerichtet.

 

Rz. 6

Das Rechtsinstitut der Änderungskündigung trägt dem Umstand Rechnung, dass der Arbeitgeber einerseits nicht einseitig die Inhalte des bestehenden Arbeitsvertrags ändern und damit in den Vertrag eingreifen kann, andererseits aber ein berechtigtes Interesse daran haben kann, die Zusammenarbeit nur zu veränderten Konditionen fortzusetzen. Im Dauerschuldverhältnis "Arbeitsvertrag" schafft die Änderungskündigung damit ein milderes Mittel gegenüber der Beendigungskündigung. Eine Änderungskündigung liegt vor, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigt und im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen anbietet. Die Änderungskündigung ist damit ein aus zwei Willenserklärungen zusammengesetztes Rechtsgeschäft. Zur unbedingten Kündigungserklärung muss als zweites Element ein bestimmtes oder zumindest bestimmbares und somit den Voraussetzungen des § 145 BGB entsprechendes Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen hinzukommen.[2] Im Geltungsbereich des KSchG kann der Arbeitgeber zum Ausspruch einer Änderungskündigung gezwungen sein, wenn er zwar über eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit verfügt, jedoch nicht zu den Bedingungen des bestehenden Arbeitsvertrags. Die Änderungskündigung hat Vorrang vor der Beendigungskündigung mit der Folge, dass eine Beendigungskündigung unwirksam ist, wenn eine mögliche Änderungskündigung unterblieben ist.[3] Grundsätzlich soll der Arbeitnehmer selbst wählen können, ob er unter (ggf. auch extrem) veränderten Bedingungen weiterarbeiten möchte. Daher darf ein solches Angebot nur in Extremfällen unterbleiben, nämlich wenn der Arbeitgeber bei vernünftiger Betrachtung nicht mit einer Annahme des neuen Vertragsangebots durch den Arbeitnehmer rechnen konnte und ein derartiges Angebot im Gegenteil eher beleidigenden Charakter hätte.[4] Die Änderungskündigung unterliegt im Anwendungsbereich des KSchG der gerichtlichen Kontrolle u.a. auf die soziale Rechtfertigung der Beendigungskomponente gem. § 2 KSchG. Der Arbeitgeber hat auch bei einer Änderungskündigung analog zu § 1 Abs. 3 KSchG eine soziale Auswahl unter mehreren konkurrierenden Beschäftigten vorzunehmen.[5]

 

Rz. 7

Die Änderungskündigung ist damit eine echte Beendigungskündigung.[6] Sie ist in erster Linie auf die unbedingte Beendigung des Arbeitsverhältnisses in seiner Gesamtheit gerichtet und unterliegt deshalb denselben Anforderungen wie jede andere Beendigungskündigung auch. Insbesondere muss die Beendigungskündigung den eindeutigen Willen des Arbeitgebers enthalten und erkennen lassen, das Arbeitsverhältnis beenden zu wollen. Teilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer schriftlich mit, dass das Personal wegen schlechter Auftragslage vorübergehend reduziert werden müsse, und schließt er daran die Bitte an, sich für einige Zeit arbeitslos zu melden, so kann darin mangels hinreichender Abgrenzung von der bloßen Freistellung keine Kündigung gesehen werden.[7]

 

Rz. 8

Neben der Beendigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses ist notwendiger Bestandteil der Änderungskündigung das Angebot, einen Arbeitsvertrag zu geänderten Bedingungen abzuschließen. Bei...

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