Rz. 53

Die Kündigungserklärung ist eine bestimmende Willenserklärung. Sie muss demnach den Anforderungen an eine Willenserklärung im Allgemeinen genügen. Sie muss insbesondere hinreichend bestimmt und deutlich zu erkennen geben, dass der Arbeitgeber als Rechtsfolge die Auflösung des Arbeitsverhältnisses herbeiführen möchte. Maßgeblich ist, wie der Kündigungsempfänger die Erklärung unter Würdigung der ihm bekannten Umstände nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste.[88]

 

Rz. 54

Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses bedarf grundsätzlich keiner Angabe des Kündigungsgrunds. Anderes gilt nur dann, wenn dies ausnahmsweise gesetzlich, in einem Tarif- oder Arbeitsvertrag vorgesehen ist. Ein gesetzlicher Begründungszwang findet sich in § 22 Abs. 3 BBiG für die fristlose Kündigung in einem Berufsausbildungsverhältnis. Tarifvertraglich ist z.B. in § 54 BMT G II eine Begründungspflicht vorgesehen. Ist im Arbeitsvertrag eine Klausel enthalten, wonach der Kündigungsgrund anzugeben ist, ist die Angabe der Gründe vom konstitutiven Schriftformerfordernis mit umfasst; das Fehlen dieser Angabe im Rahmen der schriftlichen Kündigung hindert dann die Formwirksamkeit der Kündigung.[89] Gibt der Arbeitgeber im Kündigungsschreiben einen Kündigungsgrund an, obwohl er nicht gesetzlich, tariflich oder vertraglich dazu verpflichtet ist, so hindert ihn dies nicht, die Kündigung im Prozess auch auf weitere Gründe zu stützen. Entscheidend ist ausschließlich das objektive Vorliegen eines Kündigungsgrundes. Materiell-rechtlich ist es daher zulässig, die Kündigung auch auf solche Tatsachen zu stützen, die bereits im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung vorlagen, vom Kündigenden jedoch nicht aufgegriffen worden sind. Eine andere Frage ist jedoch, ob angesichts ausdrücklich angegebener – und nicht tragender – Kündigungsgründe der dem Arbeitgeber obliegende Nachweis des Vorhandenseins anderer Kündigungsgründe noch gelingen kann. Grundsätzlich ist daher von der Angabe einer Begründung im Kündigungsschreiben abzuraten, sofern nicht aus Rechtsgründen erforderlich. Begründet ein Arbeitgeber im Kleinbetrieb die Kündigung mit "betriebsbedingten Gründen" ist dies unerheblich. Insbesondere will er sich damit ersichtlich nicht in einen gewillkürten Anwendungsbereich des KSchG bringen.[90]

 

Rz. 55

Aus der Kündigung muss sich ergeben, dass das Arbeitsverhältnis unter Wahrung der geltenden Kündigungsfrist und zu welchem Termin es aufgelöst werden soll. Dabei bedarf es weder der Angabe der konkreten Frist noch des Enddatums. Ausreichend ist es, dass der Arbeitnehmer eindeutig ermitteln kann, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis beendet werden soll. Eine ordentliche Kündigung "zum nächstzulässigen Termin" ist möglich, wenn dem Erklärungsempfänger die Dauer der Kündigungsfrist bekannt oder für ihn bestimmbar ist. Dies liegt vor, wenn die rechtlich zutreffende Frist für den Kündigungsadressaten leicht feststellbar ist und nicht umfassende tatsächliche Ermittlungen oder die Beantwortung schwieriger Rechtsfragen erfordert. Die Ermittlung der maßgeblichen Kündigungsfrist kann sich aus Angaben im Kündigungsschreiben oder aus einer vertraglich in Bezug genommenen tariflichen Regelung ergeben. Wird hingegen eine ordentliche Kündigung nicht isoliert erklärt, sondern nur hilfsweise für den Fall der Unwirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung, besteht keine Unklarheit darüber, wann das Arbeitsverhältnis nach Vorstellung des Kündigenden enden soll. Der Kündigungsempfänger muss und kann sich in seinem praktischen Handeln auf diesen Beendigungszeitpunkt einstellen. Unter diesen Umständen kommt es nicht darauf an, ob es ihm ohne Schwierigkeiten möglich ist, die Kündigungsfrist der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung zu ermitteln.[91] Weder die fehlende Berechnung der Kündigungsfrist noch eine falsche Berechnung schaden. Die nicht fristgerecht ausgesprochene Kündigung wirkt gem. § 140 BGB stets zum nächst zulässigen Termin.[92] Wird hingegen ein Termin angegeben, der zeitlich nach dem nächsterreichbaren Kündigungstermin liegt, so endet das Arbeitsverhältnis erst zu dem angegebenen Termin. Eine Kündigung ist nicht auslegungsfähig und damit nicht hinreichend bestimmt, wenn in der Erklärung mehrere Termine für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses genannt werden und für den Erklärungsempfänger nicht erkennbar ist, welcher Termin gelten soll.[93]

[88] BAG v. 19.1.1956, AP Nr. 1 zu § 620 BGB Kündigungserklärung; BAG v. 15.3.1991, NZA 1992, 452.
[92] BAG v. 18.5.1985, NZA 1986, 229; Ascheid/Preis/Schmidt/Linck, § 622 BGB Rn 44.

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