Rz. 201

Die Tatsache, dass die einmal ins Leere gegangene Pfändung nicht wieder auflebt, wird bei der Lohnpfändung angezweifelt. Die Pfändung in den Anspruch des Schuldners auf Auszahlung des Arbeitslohns gegenüber dem Drittschuldner erstreckt sich nicht nur auf die nächstfällige Auszahlung des Lohns, sondern erfasst auch das zukünftige Arbeitseinkommen solange, bis die Gläubigerforderung getilgt ist (§ 832 ZPO). Hieraus wird der Schluss gezogen, dass bei Vorliegen einer wirksamen Abtretung die nachfolgende Pfändung zunächst wirksam ist. Zahlungen an den Gläubiger können aber erst dann erfolgen, wenn die Zahlungen aufgrund der vorrangigen Abtretung eingestellt werden.

 

Rz. 202

In diese Richtung hatte bereits das LAG Hamm[329] entschieden. Der "ins Leere gehende" und daher nicht vollziehbare Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist nicht völlig wirkungslos. Seine Wirkungen hängen vielmehr von der Entstehung des gepfändeten Rechts ab. Im Hinblick auf die besondere Ausgestaltung der Lohnpfändung in §§ 832, 833 ZPO bedarf es keiner ausdrücklichen Erstreckung auf künftige Lohnforderungen aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis.

 

Rz. 203

Diese Argumentation hat das BAG in seiner Entscheidung v. 17.2.1993[330] weitergeführt. Das BAG stellt die bis dahin vertretene Auffassung infrage, ob bei der Pfändung von Arbeitseinkommen der Schuldner im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Pfändung Inhaber der gepfändeten Forderung sein muss. Zunächst wird bestätigt, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss keine vollstreckungsrechtlichen Wirkungen entfaltet, wenn die gepfändete Forderung im Zeitpunkt der Pfändung abgetreten war. Auch die spätere Rückabtretung der fälligen Forderung führt nicht zur Entstehung eines Pfändungspfandrechts. Für die Pfändung von fortlaufendem Arbeitseinkommen hebt das BAG jedoch die spezielle Vorschrift § 832 ZPO hervor und führt im LS der Entscheidung aus:

Zitat

"Werden künftige, fortlaufende Vergütungsansprüche eines Schuldners gegen den Drittschuldner, die voraus abgetreten sind, gepfändet und zur Einziehung überwiesen, so erwächst ein Pfandrecht dann, wenn die Forderungen zurückabgetreten werden. Nach § 832 ZPO genügt für die Pfändung fortlaufender Bezüge, dass deren Entstehungsgrund gesetzt wird."

Im Unterschied zu einmalig fälligen Forderungen, bei denen im Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses feststellbar ist, ob die Forderung besteht und wem sie zusteht, ist dies bei künftigem Arbeitseinkommen gerade nicht der Fall. Daher verzichtet nach der Auffassung des BAG die Vorschrift des § 832 ZPO auf die Existenz der Forderung im Zeitpunkt der Pfändung. Es reicht aus, wenn der Entstehungstatbestand der Forderung zu diesem Zeitpunkt bereits existiert, eine fällig gewordene Forderung muss in der Person des Schuldners nicht entstanden sein.[331]

 

Rz. 204

Diese Argumentation gilt auch für Zahlungen von Ruhegeld/Rente/Altersrente. Auch hier ist die Pfändung trotz deren Abtretung ebenso zulässig wie die Pfändung der Ansprüche auf Rückgewähr nach Abtretung eben dieser Ansprüche.[332]

 

Rz. 205

 

Hinweis

Dies hat zur Folge, dass die Pfändung des Arbeitseinkommens oder der Rente trotz vorliegender vorrangiger Abtretung als Pfändung der künftigen in der Person des Schuldners entstehenden Forderung wirksam ist. Die Pfändung ist vom Arbeitgeber/Rententräger als Drittschuldner weiterhin zu beachten. Die Drittschuldnererklärung muss zunächst nur die vorrangige Abtretung bezeichnen. Sobald allerdings das abgetretene Arbeitseinkommen/die Rente an den Schuldner zurückfällt, ist die Pfändung zu beachten und pfändbare Lohn- bzw. Rentenanteile an den Pfändungsgläubiger abzuführen.

 

Rz. 206

Weiterhin sollte der Gläubiger bei einer vorgelegten Abtretungserklärung prüfen, ob diese nicht im Einzelfall einer tarifvertraglichen Regelung eines Abtretungsverbots entgegensteht (§ 399 ZPO).

 

Rz. 207

Aus der als Anlage zu § 850c ZPO beigefügten Pfändungstabelle kann abgelesen werden, dass auch nur die pfändbaren Beträge abgetreten werden können (§ 400 BGB). Dieses Abtretungsverbot gilt dann nicht, wenn der Schuldner von dem Zessionar eine wirtschaftlich gleichwertige Leistung erhält.[333]

 

Rz. 208

Hat z.B. der Schuldner vor Wirksamwerden des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses Teile seines Arbeitseinkommens zur Sicherung eines Mietzinsanspruchs an den Vermieter abgetreten, verstößt dies grds. noch nicht gegen § 400 BGB. Die Abtretung kann daher neben den pfändbaren Teilen des Arbeitseinkommens auch unpfändbare Anteile umfassen. Festzustellen ist jedoch, in welcher Höhe die Kosten für die Wohnungsmiete in der Tabelle des § 850c ZPO bereits enthalten sind, da in dieser Höhe die Abtretung bei Anwendung der Tabelle durch den Drittschuldner unberücksichtigt zu lassen ist. Diese Feststellung hat auf Antrag des Gläubigers das Vollstreckungsgericht zu treffen.[334]

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