Entscheidungsstichwort (Thema)

Pfändung einer voraus abgetretenen Forderung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluß entfaltet keine vollstreckungsrechtlichen Wirkungen, wenn die gepfändete Forderung im Zeitpunkt der Pfändung abgetreten war. Die spätere Rückabtretung einer fälligen Forderung führt grundsätzlich nicht zur Entstehung eines Pfändungspfandrechtes.

2. Werden künftige, fortlaufende Vergütungsansprüche eines Schuldners gegen den Drittschuldner, die voraus abgetreten sind, gepfändet und zur Einziehung überwiesen, so erwächst ein Pfandrecht dann, wenn die Forderungen zurück abgetreten werden. Nach § 832 ZPO genügt für die Pfändung fortlaufender Bezüge, daß deren Entstehungsgrund gesetzt wird.

3. Wird die Vorausabtretung nach dem Anfechtungsgesetz angefochten, so entsteht zwischen dem Anfechtenden und dem Anfechtungsgegner ein Rückgewährschuldverhältnis, nach dem der Anfechtungsgegner und Zessionar der Vorausabtretung verpflichtet ist, das anfechtbar erworbene Vermögen zurückzugewähren oder die Zwangsvollstreckung zu dulden.

4. Zahlt der Drittschuldner weiter an den Zessionar der Vorausabtretung, so bedarf es auf Grund des Anfechtungsurteils der Pfändung und Überweisung der voraus abgetretenen Forderung.

 

Normenkette

AnfG § 7; ZPO §§ 829, 832, 835

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Urteil vom 15.10.1991; Aktenzeichen 2 Sa 917/91)

ArbG Herne (Entscheidung vom 24.04.1991; Aktenzeichen 5 Ca 1780/90)

 

Tatbestand

Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Zahlungsansprüche im Wege der Drittschuldnerklage geltend.

Ihr steht nach einem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Bochum vom 5. Oktober 1981 (- 2 O 204/81 -) gegen den Schuldner ein Zahlungsanspruch in Höhe von 22.999,76 DM nebst 10 % Zinsen sowie 13 % Mehrwertsteuer auf die Zinsen seit dem 25. März 1981 zu. Hinzu kommen titulierte Ansprüche nach den Kostenfestsetzungsbeschlüssen des Landgerichts Bochum vom 9. Dezember 1981 in Höhe von 3.284,19 DM und des Amtsgerichts Bochum vom 9. März 1983 in Höhe von 918,04 DM.

Das Amtsgericht Bochum hat am 9. Dezember 1987 antragsgemäß wegen dieser Forderungen, der aufgelaufenen Zinsen und der weiteren Zwangsvollstreckungskosten einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß (- 49 M 4809/87 -) bezüglich des pfändbaren gegenwärtigen und künftigen Arbeitseinkommens des Schuldners gegen die Beklagte als Drittschuldnerin erlassen. Dieser Pfändungs- und Überweisungsbeschluß ist der Beklagten am 21. Dezember 1987 zugestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt ist der Schuldner bereits seit mehreren Jahren bei der Beklagten als angestellter Architekt tätig gewesen. Sein pfändbares monatliches Arbeitseinkommen betrug ab Dezember 1989 unter Berücksichtigung einer Unterhaltspflicht gegenüber seiner Ehefrau 1.300,00 DM.

Die Beklagte hat der Klägerin aufgrund dieses Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses keine Zahlungen geleistet. Die Klägerin erhob daraufhin vor dem Arbeitsgericht Dortmund (- 7 Ca 1447/88 -) gegen die Beklagte Drittschuldnerklage. Die Beklagte legte zwei Abtretungserklärungen wegen der Gehaltsansprüche des Schuldners vom 15. Dezember 1983 und vom 17. Dezember 1986 zugunsten seiner Ehefrau vor. Mit Schreiben vom 15. Dezember 1983 wies der Schuldner die Beklagte an, das Gehalt aufgrund der Abtretungserklärung auf das Konto seiner Ehefrau zu überweisen. Die Beklagte hat ab diesem Zeitpunkt den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens an dessen Ehefrau ausbezahlt.

Mit Schreiben vom 15. Januar 1988 teilte der jetzige Prozeßbevollmächtigte der Klägerin der Beklagten mit, daß er die Abtretungen nach dem Anfechtungsgesetz angefochten habe und die Hinterlegung der Beträge empfehle. In dem von der Klägerin eingeleiteten Anfechtungsprozeß wurde die Ehefrau des Schuldners durch Urteil des Landgerichts Bochum vom 1. Februar 1989 - 6 O 505/88 - verurteilt, die Zwangsvollstreckung in die Forderung ihres Ehemanns gegen die Klägerin aus Arbeits- und Dienstvertrag, Fixum, Provision gemäß Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 9. Dezember 1987 (- 49 M 4809/87 -) zu dulden sowie an die Klägerin 7.200,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 12. Januar 1989 zu zahlen.

Nach Rechtskraft dieses Urteils übersandte die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 22. Dezember 1989 eine Fotokopie der beglaubigten Abschrift des Urteils und forderte sie zur Zahlung auf. Die Beklagte hat hierauf keine Zahlungen erbracht.

Die Klägerin beantragte beim Amtsgericht Bochum unter dem 21. März 1990 den Erlaß eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wegen einer Forderung in Höhe von 58.008,08 DM zuzüglich Zinsen seit dem 21. März 1990 aufgrund der an die Ehefrau des Schuldners abgetretenen Ansprüche. Das Amtsgericht erließ am 20. April 1990 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß aufgrund der im Anfechtungsbeschluß titulierten 7.200,00 DM zuzüglich Zinsen und Kosten wegen einer Forderung in Höhe von insgesamt 13.754,19 DM. Im übrigen wies es den Antrag durch Beschluß vom 20. April 1990 (- 51 M 1150/90 -) zurück. Die von der Klägerin beim Landgericht Bochum eingelegte Erinnerung wurde durch Beschluß vom 20. August 1990 (- 7 T 365/90 -) zurückgewiesen. Das Landgericht hat in den Beschlußgründen u. a. ausgeführt, daß in dem Duldungstitel vom 1. Februar 1989 kein direkter Zahlungsanspruch gegen die Ehefrau des Schuldners erblickt werden könne.

Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß wegen des Zahlungsanspruchs in Höhe von 7.200,00 DM nebst Zinsen und Kosten ist der Beklagten am 26. Mai 1990 zugestellt worden. Die Beklagte hat diese Ansprüche erfüllt.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 9. Dezember 1987 sei auch im Sinne des § 832 ZPO wirksam, soweit zukünftiges Arbeitseinkommen gepfändet worden sei. Dem stehe die Vorausabtretung nicht entgegen. Das Pfandrecht bleibe wirksam und behalte seinen Rang bis zu einer Aufhebung der Pfändung. Pfändungen im Sinne des § 832 ZPO seien trotz vorheriger Sicherheitsabtretung gültig und bezögen sich ohne weiteres auf solche künftigen Raten, die erst nach Befriedigung des Zessionars oder sonstiger Erledigung der Abtretung zugunsten des Schuldners entstünden. Nach erfolgreicher Anfechtung der Abtretung gehe die Pfändung nicht mehr ins Leere.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 34.800,00 DM

nebst 4 % Zinsen aus 19.200,00 DM seit dem

3. Februar 1990 und 4 % Zinsen auf den Gesamtbe-

trag seit dem 13. Februar 1991 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 9. Dezember 1987 sei aufgrund der Vorausabtretung des gesamten pfändbaren Einkommens des Schuldners zugunsten seiner Ehefrau ins Leere gegangen. Dem stehe auch nicht die Anfechtung der Abtretungsvereinbarung entgegen. Dies sei wirkungslos, solange nicht ein Duldungstitel gegen den Zessionar erstritten und die Pfändung durch Zustellung an den Zessionar wiederholt worden sei. Sie könne weiterhin wirksam an die Ehefrau des Schuldners zahlen, bis die an die Ehefrau des Schuldners abgetretenen Ansprüche zugunsten der Klägerin gepfändet worden seien. Die Anfechtung wirke nur zwischen der Klägerin und der Ehefrau des Schuldners. Dies gelte auch für die Pfändung nach § 832 ZPO, der ebenso eine wirksame Pfändung voraussetze. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 9. Dezember 1987 sei jedoch wirkungslos gewesen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage zum Teil stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des Urteils des Arbeitsgerichts. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Der Klägerin stehen keine Zahlungsansprüche gegen die Beklagte zu.

I. Die Klägerin hat entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts gegen die Beklagte keine Zahlungsansprüche aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 9. Dezember 1987 erlangt.

1. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht von der formellen Wirksamkeit des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ausgegangen. Dieser ist aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts Bochum vom 5. Oktober 1981 (- 2 O 204/81 -) sowie der Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Amtsgerichts Bochum und des Landgerichts Bochum erlassen worden. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß ist der Beklagten auch ordnungsgemäß zugestellt worden (§ 829 Abs. 2 ZPO).

2. Das Landesarbeitsgericht hat auch zu Recht erkannt, der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß sei wegen der Vorausabtretung des pfändbaren Arbeitseinkommens des Schuldners an seine Ehefrau wirkungslos. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts gilt dies aber auch für den Zeitraum nach Rechtskraft des Duldungstitels aus dem Anfechtungsverfahren.

a) Eine Forderung kann nur gepfändet und überwiesen werden, wenn sie dem Schuldner gegen den Drittschuldner zum Zeitpunkt der Pfändung auch zusteht. Ist das nicht der Fall, entfaltet die Pfändung keine Wirkungen. Der Vollstreckungsgläubiger erhält nicht die Befugnis nach § 836 Abs. 1 ZPO, die Forderung nach ihrer Überweisung einzuziehen (BGH Urteil vom 26. Mai 1987 - IX ZR 201/86 - NJW 1988, 495; BGH Urteil vom 5. Juli 1971 - II ZR 176/68 - BGHZ 56, 339, 350; Baur/Stürner, Zwangsvollstreckungs-, Konkurs- und Vergleichsrecht, 11. Aufl., Rz 502; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 20. Aufl., § 829 Rz 6).

Vorliegend hat der Schuldner den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens aber bereits vor Zustellung seines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gemäß § 398 BGB wirksam an seine Ehefrau abgetreten. Hiervon ist auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen.

b) Gegen die Wirksamkeit der Abtretungen bestehen keine Bedenken. Nach allgemeiner Auffassung können auch künftige Lohnforderungen gegen den jeweiligen Arbeitgeber abgetreten werden (BAG Urteil vom 24. Oktober 1979 - 4 AZR 805/77 - BAGE 32, 159, 162 f. = AP Nr. 6 zu § 829 ZPO; BAG Urteil vom 27. Juni 1968 - 5 AZR 312/67 - AP Nr. 3 zu § 398 BGB). Der Umfang der Abtretung muß nur genügend bestimmt oder zumindest bestimmbar sein. Hierzu reicht es aus, daß die vom Abtretungsempfänger in Anspruch genommene Forderung genügend bestimmbar ist (vgl. BAGE 32, 159, 162 f. = AP, aaO, m.w.N.). Vorliegend sind ausdrücklich die Gehaltsansprüche des Schuldners gegen die Beklagte abgetreten worden. Die Bestimmbarkeit ist daher gegeben.

Die Abtretung ist auch nicht unwirksam, weil sie nicht auf den pfändbaren Teil der Gehaltsansprüche des Schuldners beschränkt ist (§ 400 BGB i.V.m. §§ 850 ff. ZPO). § 400 BGB verbietet die Abtretung, soweit sie der Pfändung nicht unterworfen ist. Inwieweit die Teilwirksamkeit der Abtretung zur Nichtigkeit der gesamten Abtretung führt, richtet sich nach § 139 BGB (BAG Urteil vom 10. Oktober 1966 - 3 AZR 177/66 - AP Nr. 2 zu § 392 BGB). Eine Gesamtnichtigkeit kann nur angenommen werden, wenn die Abtretung nicht ohne den nichtigen Teil vorgenommen worden wäre. Die Abtretung ist aber vorgenommen worden, um den Unterhalt der Ehefrau des Schuldners zu sichern und ihre Forderungen abzudecken. Die Abtretung wäre eher auf den pfändbaren Teil beschränkt worden, als daß sie insgesamt entfiele. Die Abtretung bleibt wirksam, soweit ein Pfändungsverbot nicht besteht. Die Ehefrau des Schuldners ist damit innerhalb der Pfändungsfreigrenzen des § 850 c ZPO gem. § 398 Abs. 2 BGB neue Gläubigerin des Arbeitseinkommens des Schuldners gegenüber der Beklagten geworden. Die Abtretung vom 17. Dezember 1986 beschränkt dabei den abgetretenen Betrag auf 2.500,00 DM monatlich.

c) Die Vorausabtretungen gehen der späteren Pfändung vor. An einer abgetretenen Forderung kann durch einen späteren Pfändungs- und Überweisungsbeschluß kein Pfändungspfandrecht begründet werden (BAGE 32, 159, 168 = AP, aaO).

Das pfändbare monatliche Einkommen des Schuldners hat 1.300,00 DM nicht überschritten, sodaß der Klägerin auch kein pfändbarer Rest zugestanden hat.

3. Dem Landesarbeitsgericht ist zuzustimmen, daß bei Rückfall der abgetretenen Forderung ein Pfändungspfandrecht an künftigen Gehaltsansprüchen auch aufgrund einer zunächst wirkungslosen Pfändung entstehen kann.

a) Allerdings hat der Bundesgerichtshof angenommen, die Pfändung einer dem Schuldner nicht zustehenden Forderung sei unwirksam (BGH Urteil vom 26. Mai 1987 - IX ZR 201/86 - NJW 1988, 495; BGH Urteil vom 5. Juli 1971 - II ZR 176/68 - BGHZ 56, 339, 350). Die spätere Rückabtretung der abgetretenen Forderung an den Zedenten führe nicht dazu, daß die frühere erfolglose Pfändung nunmehr von selbst die Forderung erfaßt (BGH Urteil vom 5. Juli 1971, aaO). Dieser Entscheidung lag aber nicht die Pfändung von fortlaufenden Bezügen im Sinne des § 832 ZPO zugrunde. Für die Pfändung fortlaufenden Arbeitseinkommens ist der BGH von der grundsätzlichen Wirksamkeit der Pfändung trotz vorhergehender Abtretung ausgegangen und wendet den Grundsatz der Priorität zugunsten des zeitlich Letzteren an (BGH Urteil vom 25. März 1976 - VII ZR 32/75 - BGHZ 66, 150, 153, 154).

b) Die unterschiedliche rechtliche Bewertung von Pfändungen in einmalige Forderungen gegenüber Pfändungen von laufendem Arbeitseinkommen rechtfertigt sich aus der Besonderheit fortlaufender zukünftiger Bezüge. Zum Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ist bei bereits fälligen Forderungen feststellbar, ob die Forderung besteht und wer Forderungsinhaber ist. Bei künftigen Arbeitseinkommen ist dies gerade nicht der Fall. Es steht zum Zeitpunkt der Pfändung nicht fest, ob die künftig fälligen Beträge des Arbeitseinkommens entstehen und in welcher Person sie entstehen. Das Arbeitsverhältnis kann wirksam gekündigt werden. Der Schuldner kann den Untergang seines Gehaltsanspruchs durch rechtswidrige Nichterfüllung seiner Arbeitspflicht herbeiführen (§ 325 Abs. 1 BGB). Der Pfändungsgläubiger kann dabei den Schuldner weder zur Arbeitsleistung zwingen noch ihm sein Kündigungsrecht nehmen (Wieczorek/Schütze/Rössler, ZPO, 2. Aufl., § 829 G III b 5).

Aus § 832 ZPO ergibt sich, daß das Gesetz für die zum Zeitpunkt der Pfändung noch nicht fälligen Beträge auf die gegenwärtige Existenz der Forderung verzichtet. Es soll vermieden werden, daß der Vollstreckungsgläubiger eine Vielzahl von Pfändungen für die jeweils fällig werdenden Bezüge erwirken muß. Die im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses nach bestimmten Zeiträumen entstehenden Forderungen sollen durch einen einzigen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß erfaßt werden können (BAG Urteil vom 31. Dezember 1956 - 2 AZR 352/54 - BAGE 3, 199, 200 f. = AP Nr. 1 zu § 832 ZPO, zu 1 der Gründe). Ausreichend ist, daß der Entstehungstatbestand der Forderung bereits gesetzt wurde, selbst wenn die Forderung befristet, bedingt oder von einer Gegenleistung abhängig ist (Bruns/Peters, Zwangsvollstreckungsrecht, 3. Aufl., S. 163). Es genügt, daß die wiederkehrenden Ansprüche aus einem einheitlichen Arbeitsverhältnis entspringen. Damit ist der Schuldgrund als solcher gegeben. Es kann keinen Unterschied machen, ob die künftigen Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis überhaupt nicht, z. B. wegen lang andauernder Erkrankung des Arbeitnehmers ohne Lohnfortzahlungsansprüche, oder wegen der vorrangigen Abtretung nur nicht in der Person des Schuldners entstehen (Stein/ Jonas/Münzberg, aaO, § 832 Rz 1; Stöber, Forderungspfändung, 9. Auflage, Rz 1258; Tiedtke, NJW 1972, 746, 748; a.A. Boewer/Bommermann, Lohnpfändung und Lohnabtretung in Recht und Praxis, Rz 981, die fordern, daß ausdrücklich das künftige Arbeitseinkommen gepfändet werden muß).

§ 832 ZPO setzt nicht voraus, daß schon zum Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses eine fällig gewordene Forderung in der Person des Schuldners entstanden sein muß (Baur, DB 1968, 251, 253; so aber Thomas/Putzo, ZPO, 17. Aufl., § 832 Anm. 1). Es wäre ansonsten von Zufälligkeiten abhängig, ob die Pfändung insgesamt unwirksam ist und wiederholt werden muß oder unmittelbar für die fortlaufenden Bezüge wirkt. So entfiele die Pfändung insgesamt, wenn der Schuldner im Zustellungsmonat des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses kein Einkommen erzielt hat, obwohl das Arbeitsverhältnis fortbesteht und später wieder Arbeitseinkommen bezogen wird.

II. Das Landesarbeitsgerichts hat verkannt, daß die erfolgreiche Anfechtung der Gehaltsabtretungen nach dem Anfechtungsgesetz nicht zum Entstehen eines Pfändungspfandrechts geführt hat.

1. Die von dem Schuldner an seine Ehefrau abgetretene Forderung ist nicht an den Schuldner zurückgefallen. Trotz erfolgreicher Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz bleibt der Anfechtungsgegner Inhaber der abgetretenen Forderung. Es erfolgt auch keine Rückübertragung der Forderung an den Schuldner. Die erfolgreiche Anfechtung führt nicht zur Nichtigkeit, sondern nur zur relativen Unwirksamkeit der angefochtenen Rechtshandlung im Verhältnis zwischen Anfechtendem und Anfechtungsgegner (Warneyer/Bohnenberg, Anfechtungsgesetz, 4. Aufl. 1955, S. 183). Der alte Gläubiger wird nicht wieder Forderungsinhaber. Die Anfechtung hat keine dingliche Wirkung (Böhle-Stamschräder/Kilger, Anfechtungsgesetz, 7. Aufl., § 7 Anm. I 1).

2. Die Verurteilung der Ehefrau des Schuldners zur Duldung der Zwangsvollstreckung führt auch nicht aus anderen Gründen zum Entstehen des Pfändungspfandrechtes.

a) Das Reichsgericht hat die Auffassung vertreten, der Rückgewähranspruch nach § 7 Anfechtungsgesetz bewirke, daß der Anfechtende die Zession an den Anfechtungsgegner als nicht geschehen behandeln könne. Er könne damit die Forderung geltend machen, als sei sie nicht zediert. Einer neuen Pfändung und Überweisung der Forderung des Anfechtungsgegners bedürfe es nicht (RG Urteil vom 2. November 1887 - VI 147/87 - RGZ 19, 202, 203; RG Urteil vom 28. Juni 1905 - I 47/05 - RGZ 61, 150, 152).

Nach anderer Auffassung bleibt der anfechtbar veräußerte Gegenstand haftungsrechtlich dem Vermögen des Schuldners zugeordnet, unterliegt gleichzeitig aber der Verfügungszuständigkeit des Anfechtungsgegners. Die Forderungspfändung kann daher wahlweise gegen den Schuldner oder Anfechtungsgegner ausgebracht werden (Häsemeyer, Anm. zu OLG Hamburg Urteil vom 2. September 1981 - 9 U 59/80 = KTS 1982, 307, 310, 311).

b) Diese Auffassungen verkennen jedoch, daß das durch die erfolgreiche Anfechtung begründete Anfechtungsschuldverhältnis ausschließlich zwischen dem Anfechtenden und dem Anfechtungsgegner entstanden ist. Der Schuldner und der Drittschuldner stehen außerhalb dieses Schuldverhältnisses (Böhle-Stamschräder/Kilger, aaO, § 7 Anm. I.1). Der Inhalt dieses Schuldverhältnisses ist auf die Pflicht des Anfechtungsgegners zur Rückgewähr des anfechtbar erworbenen Vermögens gegenüber dem Anfechtenden gerichtet (§ 7 Abs. 1 Anfechtungsgesetz). Rückgewähr bedeutet in diesem Sinne nicht die Rückführung des anfechtbar Weggegebenen in das Schuldnervermögen (Böhle-Stamschräder/Kilger, aaO, § 7 Anm. III 2). Der Anfechtungsgegner ist vielmehr schuldrechtlich verpflichtet, die Zwangsvollstreckung des anfechtenden Gläubigers in die Forderung zu dulden (BGH Urteil vom 2. Juni 1959 - VIII ZR 182/58 - MDR 1959, 837; BGH Urteil vom 26. April 1961 - VIII ZR 165/60 - NJW 1961, 1463; BGH Urteil vom 11. Dezember 1986 - IX ZR 78/86 - NJW 1987, 1268). Der zurückzugewährende Gegenstand wird im Verhältnis zum Anfechtungsgegner so angesehen, als habe er zum Zeitpunkt der erfolglosen Zwangsvollstreckung zum Vermögen des Schuldners gehört und wäre nicht weggegeben worden (BGH Urteil vom 26. April 1961, aaO). Deshalb verpflichtet der Anfechtungstenor ausschließlich den Anfechtungsgegner auf Duldung der Zwangsvollstreckung in die Forderung. Wegen der fehlenden Rechtskraftwirkung gegenüber dem Drittschuldner ist dieser nicht gehindert, trotz erfolgreicher Anfechtung an den Anfechtungsgegner zu leisten (BGH Urteil vom 5. Februar 1987 - XI ZR 161/85 - BGHZ 100, 36, 42; Stein/ Jonas/Münzberg, aaO, § 829 VII 2 b, Fn 179). Der anfechtende Gläubiger muß vielmehr aufgrund des Anfechtungsurteils die abgetretene Forderung pfänden und sie sich zur Einziehung oder an Zahlungs Statt überweisen lassen (Böhle-Stamschräder/Kilger, aaO, § 7 Anm. II 2).

3. Das Landesarbeitsgericht und die Klägerin haben verkannt, daß eine Wiederholung der ursprünglich wirkungslosen Pfändung unzureichend ist. Diese betraf nur die Pfändung der Vergütungsansprüche des Schuldners gegen die Drittschuldnerin. Eine solche wiederholte Pfändung würde auch nach dem erreichten Anfechtungsurteil wegen fehlender Forderungsinhaberschaft des Schuldners unwirksam bleiben. Der Gläubiger muß vielmehr den der Anfechtungsgegnerin zustehenden abgetretenen Teil des schuldnerischen Arbeitseinkommens gegen die Drittschuldnerin pfänden. Diese Pfändung muß die Anfechtungsgegnerin dulden, auch wenn dem Gläubiger ihr gegenüber kein Zahlungsanspruch zusteht. Diese Pflicht ergibt sich aus dem Duldungsurteil des Anfechtungsprozesses. Das Landesarbeitsgericht hat daher Unrecht, wenn es annimmt, der Rückgewähranspruch des Gläubigers aus § 7 Abs. 1 Anfechtungsgesetz sei nicht im Rahmen der §§ 828 ff. ZPO vollstreckbar, was das Amtsgericht Bochum mit Beschluß vom 20. April 1990 (- 51 M 1150/90 -) und das Landgericht Bochum mit Beschluß vom 20. August 1990 (- 7 T 365/90 -) bestätigt hätten. Das Amtsgericht und das Landgericht sind in ihren abweisenden Beschlüssen lediglich davon ausgegangen, daß der Duldungsanspruch in Verbindung mit dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 9. Dezember 1987 gegen den Ehemann der Anfechtungsgegnerin keinen vollstreckbaren Zahlungsanspruch gegenüber dessen Ehefrau begründe. Grundlage der Zwangs vollstreckung gegen den Anfechtungsgegner ist nämlich die titulierte Forderung gegen den Schuldner, nicht aber der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß. Die Wiederherstellung der Zugriffslage aufgrund des Rückgewähranspruchs nach § 7 Abs. 1 AnfG erfolgt durch die Verpflichtung des Anfechtungsgegners zur Duldung der Befriedigung des anfechtenden Gläubigers aus der anfechtbar erlangten Forderung. Hierdurch wird im Verhältnis der Anfechtungsparteien zueinander die Haftung des Anfechtungsgegners für eine fremde Schuld, beschränkt auf die anfechtbar erworbene Forderung, begründet. Der Anfechtungsgegner hat die Zwangsvollstreckung in die abgetretene Forderung gemäß den §§ 828 ff. ZPO zu dulden, obwohl der titulierte Zahlungsanspruch sich nur gegen den Schuldner richtet.

Vorliegend ist ein entsprechender Pfändungs- und Überweisungsbeschluß nicht ergangen.

III. Aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts Bochum vom 20. April 1990 (- 51 M 1150/90 -) kann die Klägerin keine Rechte mehr herleiten. Die Beklagte hat die sich hieraus ergebenden Ansprüche erfüllt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Schaub Dr. Wißmann Für den erkrankten

Richter am Bundesar-

beitsgericht Schneider

Schaub

Lehmann Wehner

 

Fundstellen

Haufe-Index 439009

BAGE 72, 238-247 (LT1-4)

BAGE, 238

NJW 1993, 2699

NJW 1993, 2699-2701 (LT1-4)

EBE/BAG 1993, 82-84 (LT1-4)

EWiR 1993, 727 (L)

JurBüro 1994, 364-367 (LT1-4)

KTS 1993, 487-492 (LT1-4)

NZA 1993, 813

NZA 1993, 813-815 (LT1-4)

WM IV 1993, 2263-2266 (ST1)

WuB, VI E § 829 ZPO 2.94 (LT)

ZIP 1993, 940

ZIP 1993, 940-943 (LT)

AP § 832 ZPO (LT1-4), Nr 4

AP, 0

AR-Blattei, ES 1130 Nr 73 (LT1-4)

EzA § 832 ZPO, Nr 1 (LT1-4)

HV-INFO 1993, 1693-1702 (LT1-4)

JuS 1994, 80-81 (LT1-4)

KKZ 1994, 142-145 (LT)

Rpfleger 1993, 456-457 (LT1-4)

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