Rz. 371

Nach der Regelung des § 6 Abs. 2 EStG können (steuerliches Wahlrecht!) die sog. geringwertigen Wirtschaftsgüter (GWG) im Jahr der Anschaffung in voller Höhe als Betriebsausgaben abgesetzt werden, wenn der Wert des Wirtschaftsgutes 410 EUR (netto, VZ bis 2007) nicht übersteigt und es sich um selbstständig nutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens handelt.

Diese gesetzliche Regelung soll der Arbeitserleichterung und der Eigenfinanzierung des Unternehmens dienen und kann damit einem tatsächlichen Werteverzehr grundsätzlich nicht entsprechen.

Insoweit ist durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 (ab VZ 2009) eine erhebliche Änderung eingetreten. (Die im Folgenden dargestellte Regelung dürfte im Wesentlichen der Gegenfinanzierung der Herabsetzung der Körperschaftsteuer von 25 % auf 15 % dienen.)

Neu ist seitdem, dass nunmehr der Steuerpflichtige verpflichtet ist, die betreffenden Kosten für geringwertige Wirtschaftsgüter sofort als Betriebsausgaben geltend zu machen. Es besteht kein Wahlrecht mehr. Allerdings sind die Anschaffungs- und Herstellungskosten bei den Gewinneinkünften von 410 EUR auf 150 EUR gesenkt worden. Das Gesetz stellt im Übrigen in seiner Neufassung des § 6 Abs. 2 EStG ausdrücklich klar, dass diese Regelung auch für die Einnahmen-/Überschussrechnung gilt. Neben den sofort abschreibbaren GWG gibt es im neuen Recht sog. Sammelpostengüter (mittelwertige Wirtschaftsgüter) nach § 6 Abs. 2a EStG. Diese "mittelwertigen Wirtschaftsgüter" sind in den Sammelposten einzustellen. Unabhängig von der tatsächlichen Nutzungsdauer der Wirtschaftsgüter ist der Sammelposten "jahrgangsbezogen" im Wirtschaftsjahr der Bildung und in den folgenden vier Wirtschaftsjahren mit jeweils 1/5 gewinnmindernd unabhängig von der tatsächlichen Nutzungsdauer aufzulösen. Die Wertgrenze liegt zwischen 150,01 EUR bis 1.000 EUR netto.

In der Literatur hat beispielsweise das IDW[232] auch unterhaltsrechtlich relevante Bedenken geäußert, da durch die Bildung des Sammelpostens der Grundsatz der Einzelbewertung und der Grundsatz des Verbotes des Ausweises nicht mehr vorhandener Wirtschaftsgüter verletzt werden. Es wird deshalb verlangt, dass die Wirtschaftsgüter nur untergeordnete Bedeutung haben dürfen und dass eine Wesentlichkeitsgrenze beachtet werden müsse. Das IDW sagt allerdings nicht, wo die Wesentlichkeitsgrenze liegen soll. ME kann hier das Argument aus § 240 Abs. 3 HGB zur Festwertbewertung (vgl. Rdn 387) herangezogen werden, nachdem die dort zusammengefassten Wirtschaftsgüter nicht mehr als 10 % des Sachanlagevermögens sowie der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe ausmachen dürfen.

 

Rz. 372

 

Hinweis

Diese Wesentlichkeitsgrenze ist unterhaltsrechtlich auch zur Beachtung des Prinzips des tatsächlichen Werteverzehrs und der Angemessenheit zu beachten.

Die Neuregelung (Unternehmenssteuerreform 2008) ist erstmals auf Wirtschaftsgüter anzuwenden, die nach dem 31.12.2007 angeschafft werden.

Das Jahressteuergesetz 2010 ändert § 6 Abs. 2 EStG für die VZ ab 2011nochmals (siehe Rdn 498).

Bei Überschusseinkünften, wie z.B. Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verbleibt es bei der bisherigen Regelung, wonach Anschaffungs- und Herstellungskosten bis 410 EUR als Werbungskosten abgesetzt werden können (§ 9 Abs. 1 Nr. 7 EStG).

(Die Grenze von 410 EUR gilt auch für die Investitionszulage weiterhin nach § 2 Abs. 1 S. 2 InvZulG.)

 

Rz. 373

Das Jahressteuergesetz 2010 führt für die VZ ab 2011 die alte Regelung mit der Sofortabschreibung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten bis 410 EUR wieder ein. Bei Anschaffungs- oder Herstellungskosten über 150 EUR ist ein besonderes Verzeichnis zu führen. Es besteht ein Wahlrecht zwischen Sofortabschreibung bis 410 EUR und Bildung des Sammelpostens für Wirtschaftsgüter bis 1.000 EUR, der über eine Dauer von 5 Jahren gewinnmindernd aufzulösen ist. Wirtschaftsgüter bis 150 EUR können in den Sammelposten aufgenommen werden. Beim Sammelposten ist unterhaltsrechtlich weiterhin die Wesentlichkeitsgrenze[233] zu beachten.

 

Rz. 374

Ab VAZ 2018[234] gelten folgende Wahlrechte:

lineare Regelabschreibung nach § 7 EstG,
Sofortabschreibung bei Netto-AHK bis 800 EUR[235] (letzte Anhebung der Wertgrenze 1965): Sofortabschreibung nach § 6 Abs. 2 EStG oder
für alle GWG mit Netto-AHK zwischen 250 EUR und 1.000 EUR: Poolabschreibung i.S.d. § 6 Abs. 2 EStG.
 

Rz. 375

 

Hinweis

Die häufigen Regeländerungen machen deutlich, dass die Abschreibungsregelungen für Geringwertige Wirtschaftsgüter per se einem tatsächlichen Werteverzehr Nach familienrechtlicher Vorstellung nicht entsprechen können.

Steuerrechtlich handelt es sich bei § 6 Abs. 2 EStG um eine Vereinfachungsregelung, die schon wegen der Sofortabschreibung einem tatsächlichen Werteverzehr nicht entsprechen kann.

Es wird deshalb teilweise auch im Familienrecht die Ansicht vertreten, dass die GWG gemäß dem tatsächlichen Werteverzehr fiktiv linear abzuschreiben sind.[236] Die herrschende Meinung[237] erkennt die Abschreibu...

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